Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
machen. Sie war spät dran
und das an ihrem ersten Tag in ihrer auferlegten Rolle.
Während
sie die langen Marmortreppen hochhastete und versuchte, sich daran zu erinnern,
wo sich der Festsaal befand, dachte sie darüber nach, was Zeus wohl zu einer
Verspätung sagen würde.
Sie
sah seinen grimmigen Blick bereits vor ihrem inneren Auge, wie sich seine
Gesichtszüge verzogen und seine dunklen braunen Augen zu schmalen Schlitzen
wurden, während er sie mit erhobener Stimme zur Schnecke machen würde, doch sie
konnte, so wie sie aussah, weder ihrem Vater noch Poseidon gegenübertreten. Der
erste Eindruck zählte und dieser sollte so gut wie möglich sein, denn Hera
hatte die Messlatte beachtlich hochgelegt. Sie hatte in den letzten Tagen sicherlich
keine einzige Gelegenheit ausgelassen, sie bei den anderen Olympiern schlecht
zu reden, also würde Zeus‘ Bruder sie sicherlich genauer unter die Lupe nehmen.
Natürlich musste sie nun so gepflegt wie möglich im Festsaal erscheinen. Ihr
langes glänzendes Haar mit dem schwarzen Haarband ihrer Mutter zu einem Zopf
zusammengebunden, gab es den Blick auf ihr zierliches Gesicht frei, was Zeus
sehr schätzte. Sie wollte ihm so eine Freude machen und hoffte darauf, dass er
ihre Mühe bemerken würde.
Mit
einem flauen Gefühl im Magen durchquerte sie den seitlich offenen Korridor,
dessen große Freitreppe hinunter auf den Festplatz führte. Zuletzt, als sie an
dieser stand, begegnete sie zum ersten Mal ihrer unliebsamen Stiefmutter. Ein
grauenhafter Moment, wie sie empfand – Nicht lange am Olymp und bereits die
erste Auseinandersetzung und ausgerechnet mit Hera, doch Serena versuchte
diesen Gedankengang gleich wieder abzuwürgen. Sie wollte nicht weiter darüber
nachdenken, wie sehr sie von ihrer Stiefmutter gehasst wurde und bewunderte
einfach die elegant geformten Marmorsäulen, die das steinerne Dach wie auf
Händen trugen. Kleine Goldverzierungen an der aufwendig gefertigten Balustrade
rundeten das Ganze ab und ließen den im Sonnenlicht glänzenden Durchgang in der
Ferne endlos lang wirken.
Es
war ein wundervoller Tag und eine noch schönere Aussicht mit strahlendblauem
Himmel.
Der
perfekte Moment, um einfach nur dazustehen und das warme Sonnenlicht auf der
Haut kribbeln zulassen , dachte sie sich.
Natürlich
war sie in Eile, dennoch konnte sie es einfach nicht lassen, sich ablenken zu
lassen. Langeweile oder Neugierde? - Wohl kaum. Zeit schinden, um darüber
nachzudenken, wie sie dem Gott der Meere gegenübertreten sollte, war ihre
Devise.
Warum
sie plötzlich so eingeschüchtert und zurückhaltend war, wusste sie selbst
nicht. Diese andere Seite kannte sie nicht einmal von sich. Sie war immer
direkt, für alles bereit und wenn es Ärger gab, immer weit vorne zu finden,
doch die gesamten Umstände hatten sich auf sie ausgewirkt. Sie war nicht mehr
Herrin der Lage und fühlte sich dem Ganzen auch nicht überlegen. Vielleicht war
es genau aus diesem Grund auch besser für sie, sich nun zurückzuhalten und herauszufinden,
wer sie in der Welt der Götter war.
Wieder
sah sie hinunter auf den, durch das Sonnenlicht glänzenden, Fußboden und atmete
einmal tief durch, doch es war nicht dieses, das Serena nun blendete und als
sie sicher war, dass auch ihre Ohren sie nicht getäuscht hatten, schaute sie
fragend über die Balustrade und blickte auf den Festplatz hinab. Und
tatsächlich befand sich auf diesem, anders als das letzte Mal, ein prächtiger
goldener Streitwagen an vier brennenden Rössern.
Serena
wusste nicht was beeindruckender war, der im Sonnenlicht funkelnde Streitwagen,
der durch und durch aus purem Gold bestand oder die vier atemberaubenden
Schimmel, die umhüllt von Feuer davor gespannt waren.
Für
einen kurzen Moment verspürte sie den Drang nach Wasser zu suchen um sie zu
löschen, doch es schien ihnen nichts anhaben zu können. Seelenruhig standen sie
da, wie versteinert, ohne einen einzigen Muskel zu bewegen.
Serena
trat näher an die Balustrade und legte ihre Hände auf diese.
Ihre
Augen zu schmalen Schlitzen geformt, betrachtete sie diese faszinierenden Wesen
genauer. „Verdammt, warum brennen die?“, fragte sie sich selbst und schüttelte
den Kopf. Sie konnte sich nicht helfen. Sie fand sie einfach zu fesselnd, als
dass sie sich jetzt von ihnen abwenden könnte, doch schnell wurde sie wieder in
die Wirklichkeit zurückgeholt.
„Serena, ich habe dich schon gesucht!“,
ertönte es plötzlich von der anderen Seite des Korridors. Sofort stieß
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