Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
aufwiesen und einen
goldenen Stab in seiner Hand, auf dem sie glaubte, zwei Schlangen, die diesen
umwunden, wiederzuerkennen, konnte sie erschließen, dass er einer der olympischen
Götter war.
Es
war Hermes, Sohn des Zeus und Götterbote des Olymps, der mit zugehaltenen Augen
wie ein tollpatschiges Kind herein stolperte und sich mit seinen Füßen
vorsichtig voran tastete.
Serena
legte ihren Kopf fragend zur Seite und kam langsam auf ihn zu.
„Was
machst du da?“, ertönte ihre zierliche Stimme kaum hörbar.
Respekt
und Vorsicht kannte sie in diesem Moment nicht und so erschien sie viel offener
als zu Beginn ihrer Ankunft. Sie empfand sein Verhalten als krampfhaft gestört
und näherte sich ihm neugierig.
„Bist
du angezogen?“, fragte er kurz, ließ seine Hände jedoch immer noch auf seinen
Augen ruhen. Seine Stimme klang wie die eines jungen Mannes und zu Serenas
Überraschung sogar leicht verlegen. Sie blickte irritiert an sich herunter, schüttelte
kurz ungläubig den Kopf, nahm seine Hände von seinem Gesicht und schenkte ihm
somit wieder das Augenlicht.
„Wie
du sehen kannst, bin ich das …“
„Tut
mir leid, ist eine Angewohnheit. Seitdem ich einmal in Athenes Gemächer gestürmt
bin, als sie … naja, sagen wir mal nicht ganz bedeckt war …, ist dieses
Verhalten eine reine Vorsichtsmaßnahme.“
Die
Halbgöttin sah ihn leicht schmunzelnd an. Sie hatte ihren Halbbruder gerade
erst kennengelernt, doch er hatte etwas Sympathisches an sich, was sie sofort
zum Lächeln brachte. Ihm hatte sie es zu verdanken, dass sie wenigstens für einen
Moment Hera und ihren Rachefeldzug aus dem Kopf verbannen konnte.
„Ja,
ich habe das Gefühl, dass dieses Federvieh von Eule seinen Schnabel noch immer
in meinen Kopf bohrt …“, schmollte er fast schon mitleiderregend und rieb sich
den Hinterkopf.
Serena
drehte sich kopfschüttelnd um und konnte sich ein leichtes Grinsen nicht
verkneifen.
Athene
hatte sie bereits am ersten Tag vorgewarnt, dass Hermes nicht ganz einfach sei.
Sie glaubte noch immer daran, dass er von einem geflügelten Schwein abstammen,
und bei einem täglichen Ausflug über den Olymp fallen gelassen wurde, doch
Athenes Vergleich bekräftigte sich nicht nur durch Hermes‘ Essgewohnheiten, die
einem Stalltier durchaus ähnelten, als er einige Trauben des Essenstabletts auf
dem Tisch, die Serena nicht gegessen hatte, in seinem Mund verschwinden ließ.
Bei genauerem Betrachten, ähnelte Hermes‘ Nase ebenfalls dem Riechorgan eines
Schweines.
Nachdenklich
legte sie ihren Kopf zur Seite und verzog ihr Gesicht, während sie Hermes auf
weitere Anhaltspunkte untersuchte und gezielt nach einer Bestätigung zu suchen
schien.
„Vielleicht
solltest du es beim nächsten Mal einfach mit Klopfen und Abwarten probieren,
das würde dir peinliche Momente ersparen und einige Schmerzen sicherlich auch“,
entgegnete sie nun mit einem breiten Grinsen, als sie sich wieder gefasst
hatte.
Hermes
musterte sie mürrisch.
„Könnte
sein, aber wo bliebe dann der Spaß? Übrigens, es ist schön, dass du da bist!“,
zwinkerte er ihr zu und schloss sie plötzlich unvorhergesehen in seine Arme, doch
Serena blieb wie erstarrt stehen, rührte sich nicht, bewegte nicht einmal den
kleinen Finger.
Sie
war es einfach nicht gewohnt, dass man sie in den Arm nahm um Zuneigung
auszudrücken, doch sie war erleichtert, erneut jemanden auf ihrer Seite zu
wissen, der sie nicht über alle Maßen hasste.
„Ach
ja, Poseidon wird wohl gleich eintreffen. Zeus wünscht, dass du dich zum
Festsaal begibst!“, fuhr Hermes fort und wandte sich wieder der Tür zu. Ohne
weiter nachzufragen, nickte Serena und wartete, bis Hermes die Tür hinter sich
geschlossen hatte.
Ihr
war klar, dass sie nun wohl einen engen Vertrauten von Zeus kennenlernen würde,
einen seiner Brüder. Sie würde wirklich einem der höchsten Götter begegnen, doch
was, wenn er über Zeus‘ neuen Sprössling genauso denken würde wie Hera?
Die geheimnisvolle Schriftrolle
Eilig
hastete sie durch die leeren Gänge, in denen die Bediensteten der göttlichen
Stätte einquartiert wurden.
Um
den Schein ihrer wahren Natur zu schützen, lag ihr Gemach im gleichen Gang, wie
die der anderen, jedoch schienen diese bereits alle im Dienst zu sein.
Im
Vergleich zu den riesigen, hellen, prächtigen Korridoren und Räumlichkeiten des
Olymps, erschienen diese jedoch klein, dunkel und ein wenig heruntergekommen,
doch Serena hatte keine Zeit sich darüber Gedanken zu
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