Das Siegel des Olymps (Im Bann des Schicksals) (German Edition)
vermeiden, jedoch konnte sie
die eisige Kälte, die ihren Körper durchfuhr, nicht unterdrücken.
Wie
angewurzelt stand sie da, bis sie realisierte, dass es nur eine Eule war.
Ein
einfacher schwarzer Steinkauz, das Wappenzeichen von Athene. Und obwohl sie das
Wesen als harmlos deklarierte, musste sie zweifellos an Hermes‘ Erzählung
denken - Die Eule, die den Schnabel in seinen Kopf gebohrt hatte. War es
möglicherweise die Eule, die sie genau jetzt mit diesem wahnsinnigen Blick
anstarrte?
„Sie
tut dir nichts!“, beruhigte Athene sie mit leiser Stimme und strich über den
Kopf des gefiederten Tieres.
„W-Was
machst du hier?“
„Das
gleiche könnte ich dich auch fragen“, entgegnete sie und sah Serena mit
misstrauischen Blicken an.
„Ich
weiß, Vater würde mich einsperren, wenn er davon wüsste“, flüsterte sie kühl
und sah in den Himmel. Auch ihre Schwester wandte ihre Blicke nach oben, ehe
sie sich von der Balustrade abstieß und sich vor die Halbgöttin stellte. Diese
sah ehrfürchtig zu ihr auf und versuchte ihre Nervosität zu unterdrücken.
Natürlich wollte sie Serena nur einschüchtern, da weder sie, noch Zeus wollten,
dass sie nach Einbruch der Dunkelheit alleine außerhalb ihres Gemaches
umherstreifte und sich möglicherweise in Gefahr bringen konnte, doch Serena
erkannte noch etwas anderes in den dunklen Augen der Göttin
„Du
denkst oft an die Menschen in Athen oder?“, flüsterte diese als hätte sie
Angst, jemand anders könne sie belauschen. Serena nickte nur leicht und
richtete ihre Blicke wieder auf den Boden, während sie versuchte, sich nicht anmerken
zu lassen, dass Athenes Blicke sie völlig aus der Fassung gerissen hatten.
„Ich
versuche Zeus eine gute Tochter zu sein, seinen Anforderungen gerecht zu
werden, aber ich kann meine Vergangenheit nicht hinter mir lassen, als hätte
sie nie existiert. D-Das kann ich nicht!“
Serenas
Äußeres wirkte plötzlich verletzlich. Ganz anders als sonst, gewährten sie der
Göttin Einblicke in eine zarte zerbrechliche Seele, die von einer eisernen
Mauer umhüllt wurde und lenkte somit davon ab, dass sie an ihrer Loyalität
zweifelte.
„Du
weißt, dass Zeus nicht will, dass du nach Athen zurückkehrst.“
„Es
ist viel zu gefährlich, ich weiß!“, würgte Serena sofort ab und wandte sich um.
Ihr
Vater hatte ihr oft eingebläut, dass sie ihr altes Leben besser hinter sich
lassen solle und somit auch Lisias und Hermokrates, um nicht nur die
Sterblichen, sondern auch sich selbst zu schützen.
Athene
sah ihre Schwester nachdenklich an. Sie konnte nicht so recht glauben, wie
schnell sie ihre Fassung wiedererlangen und ihre Mauer errichten konnte, die
sie eiskalt wirken ließ. Nur wenige Augenblicke hatte sie in ihr eine zerbrechliche
Seele gesehen und nun erschien sie abweisend und kalt wie eh und je. Es war
eine Mauer um sich selbst zu schützen und für das, was ihr gefährlich werden
konnte, unantastbar zu wirken.
„Eulen
sind stolze aber auch sehr intelligente Wesen ...“, fuhr Athene das abgewürgte
Gespräch plötzlich fort und ließ das gefiederte Tier auf ihren Arm steigen,
sodass sie mit ihren schwarzen großen Flügel ausschlug, um das Gleichgewicht zu
halten.
Serena
drehte sich neugierig zu ihr um und bewunderte die vielen glänzenden Federn der
gespannten Flügel. „Sie werden seit Anbeginn der Zeit schon als zuverlässige
Boten über längere Strecken hinweg eingesetzt, von Königen, aber auch von uns Göttern.“
Vorsichtig strichen ihre Finger über den weichen Bauch der Eule, deren sandfarbenen
Augen für einen Moment im Schwarz der Dunkelheit versanken, ehe sie wie aus dem
Nichts wieder auftauchten und Serena erneut einen Schauer über den Rücken
jagten.
Die
Göttin ließ sie wieder auf die Balustrade hinab und schaute anschließend mit
einem leichten Lächeln zu ihrer Schwester, die wie gebannt in die großen Augen
des Tieres blickte.
„Ihr
Name ist Cybele. Sie hat mich noch nie enttäuscht wenn es darum ging, jemanden
zu finden. In der Nacht ist sie wie ein Schatten und schneller als jemals eine
Eule vor ihr war. Egal wen oder was man sucht, sie findet alles und jeden …“,
zwinkerte sie ihr beim Vorbeigehen zu und verschwand ohne ein weiteres Wort in
einen Korridor.
Einen
Moment brauchte Serena, um sich aus dem Bann der sandfarbenen Augen zu
befreien, bis sie realisierte, dass Athene ihre Eule zurückgelassen hatte.
Fragend
wandte sie sich um, doch sie war bereits weg. Ihren Namen zu rufen hätte
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