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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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dir helfen?« Sie hinkte näher und ließ sich neben ihm ins Gras fallen.
    »Ich bin kein Ritter«, sagte André leise und sah zu Boden. Juliana öffnete den Mund, aber er hob die Hand und sprach hastig weiter. »Es ist schon richtig, dass sie mich auf Wildenstein zum Ritter geschlagen haben, nachdem ich dort erst Page und dann Knappe meines Oheims war, das meine ich nicht. Mir fehlt die Ehre, mich Ritter nennen zu dürfen. Ich habe schwere Schuld auf meine Seele geladen.« Zaghaft hob er den Kopf, sein Blick huschte kurz zu dem Gesicht gegenüber.
    »Willst du es mir erzählen?«, fragte Juliana. »Es kann die Last erleichtern.«
    André schüttelte den Kopf. »Nichts auf dieser Welt kann meine Schuld kleiner machen, und die Last, die ich trage, habe ich verdient!«
    Das Mädchen rückte ein Stück näher. »Kann es so etwas Unverzeihliches geben? Du bist zu hart mit dir.«
    »Sprich nicht über Dinge, von denen du nichts weißt!«, fuhr er sie so scharf an, dass sie zurückwich. Seine nächsten Worte waren so stockend und leise, dass Juliana eine Weile brauchte, bis sie sicher war, ihn richtig verstanden zu haben.
    »Ich habe meine Mutter und meinen Bruder gemordet!«
    Sie musste sich anstrengen, ihn nicht mit offenem Mund anzustarren. Hatte er wirklich diese Worte gesagt? »Aber, was willst du damit sagen? Wie konnte es zu so etwas kommen? Ich meine, warum?«
    »Warum?« Seine Stimme war voll Bitterkeit. »Aus Selbstsucht und Eitelkeit, aus Dummheit und Leichtsinn.«
    Juliana stürzte sich auf das Wort Leichtsinn. »Dann war es nur ein Versehen, kein Mord in klarer Absicht?«
    »Versehen oder nicht, das macht keinen Unterschied. Sie sind beide tot, und es ist ganz allein meine Schuld!« Er schleuderte die Worte heraus. Sein Atem ging schwer, seine Wangen glühten, als wäre er gelaufen. Juliana griff nach seiner Hand.
    »Erzähle es mir. Ich werde dich nicht verurteilen.«
    Er riss seine Hand zurück und wischte sie an seinem Umhang ab, als habe sie ihn beschmutzt. Lange schwieg er, und sie dachte schon, er würde sich wieder in sich zurückziehen, als er endlich zu erzählen begann – tonlos, ohne Höhen und Tiefen, als wäre es ein anderer, der aus ihm heraus sprach.
    »Lange Zeit war ich von der elterlichen Burg fern. Wildenstein über der Donau war mir eine zweite Heimat geworden – ja, ich sprach schon vertrauter in Deutsch denn in Französisch. Ich fühlte mich wohl und war stolz, den Ansprüchen meines Oheims zu genügen und zum Ritter geschlagen zu werden – ein Jahr früher, als es allgemein üblich ist. Ich dachte daran, wie sehr sich die Mutter freuen, wie stolz der Vater auf mich sein würde!« Er stieß ein bitteres Lachen aus und starrte zu Boden, in Gedanken weit weg. Stille senkte sich zwischen ihnen herab, bis Juliana leise fragte: »Was geschah?« André schreckte hoch und wirkte ein wenig verwirrt, als habe er ihre Anwesenheit vergessen.
    »Bist du nach Burgund zurückgekehrt?«
    Er nickte. »Ja, ich dachte, es wäre an der Zeit, nach Hause zu reiten und sich als Ritter den Eltern zu präsentieren.« Er seufzte. »Sie bereiteten mir einen prächtigen Empfang. Der Oheim hatte einen Boten vorausgesandt, so dass sie von meiner Rückkehr wussten und mich mit einem Fest überraschten. Es war schön und auch seltsam, sie nach so langer Zeit wiederzusehen. Der Vater war nun grau, sein Haar jedoch noch dicht. Die Mutter war fülliger geworden, die Wangen rund. Vier Geschwister
hatte ich bekommen, die ich nun zum ersten Mal sah, und auch jetzt war die Mutter guter Hoffnung, obwohl es nicht üblich ist, in diesem Alter noch zu gebären. Die Hebamme warnte sie, dass es nicht einfach werden würde. Man solle sie nur recht frühzeitig holen.« Er räusperte sich. Es fiel ihm sichtlich schwer weiterzusprechen.
    »Drei Wochen später kam sie nieder. Die Wehen begannen, und der Vater schickte mich los, die weise Frau zu holen. Das Wetter war schlecht. Es regnete, ja, und ich war nicht erfreut, durch den Schlamm reiten zu müssen. Im Dorf saß ich ab und fragte in der Herberge, wo die Hebamme sei. Der Wirt sagte mir, sie wäre im Herrenhaus auf der anderen Seite des Flusses. Die Edelfrau hätte vor drei Tagen ihren ersten Sohn bekommen, und da wollte die Hebamme noch einmal nach dem Kind sehen. Nun, ja«, er wand sich. »Ich hatte keine Lust, über den Hügel und durch die Furt zu reiten. Inzwischen kamen ganze Sturzbäche herab, und in der Stube saßen die alten Freunde, mit denen ich als Knabe häufig

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