Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
piepst das Mädchen. Wirre Gedanken wirbeln in ihrem Kopf herum. Nur nichts von den Kätzchen verraten. In dieser Stimmung würde der Ritter sie auf der Stelle erwürgen! Sie muss ihn ablenken. Hoffentlich sagt Wolf nichts Unbedachtes.
»Wir haben uns ein wenig ins Heu gelegt und Geschichten erzählt. Wie früher. Ich habe darauf geachtet, dass mein neuer Surkot nicht schmutzig wird! Ich weiß, das würde der Mutter gar nicht gefallen.« Sie hört Wolf hinter sich gequält aufstöhnen. Die Miene des Vaters wird – wenn das überhaupt möglich ist – noch bedrohlicher. Dieser Glanz in den Augen verheißt nichts Gutes.
»Zieh dein Gewand an!«, sagt er leise. Seine Fäuste sind so fest zusammengeballt, dass die Knöchel weiß werden. Juliana
zieht das Kleid über den Kopf. Die Bänder kann sie später schnüren. Sie bückt sich und greift nach den Schnabelschuhen. Als sie sich wieder aufrichtet, umschließt die Hand des Vaters schmerzhaft ihr Handgelenk.
»Du rührst dich nicht von der Stelle, bis ich wiederkomme!«, fährt er den zitternden Knappen an. Dann zieht er die sich sträubende Tochter zu seinem Pferd, hebt sie in den Sattel und schwingt sich hinter ihr auf sein Ross. Schweigend reitet er um die Burg herum durch die Tore in den Hof. Die Wächter bleiben im Zwinger zurück und stellen dort ihre Pferde in den großen Stall.
»Vater, bitte, Ihr tut mir weh! Ich habe nichts Böses getan. Die Mägde werden die Cotte wieder sauber waschen. Oh, drückt nicht so fest. Ihr zerbrecht meinen Arm.«
»Sei still!«, zischt er sie an und zieht sie in den Palas und dann die Treppe zur Kemenate hinauf. »Wenn du so etwas noch einmal machst, dann werde ich dir mehr antun, als dir nur deinen Arm brechen!« So wie er die Worte hervorstößt, mit diesem Blick voller Hass, könnte sie fast glauben, dass er sie ernst meint. Nun rinnen ihr die Tränen über die Wangen, die sie bisher zurückhalten konnte.
»Seid doch nicht so zornig, Vater. Ist es denn wirklich so schlimm, in der Scheune zu spielen?«
Kraft von Ehrenberg reißt die Tür zur Kemenate auf und schiebt seine Tochter unsanft ins Zimmer. »Anscheinend bist du so unverdorben, wie du mich glauben machen willst, dennoch kann ich dein Verhalten nicht entschuldigen. Sprich mit deiner Mutter und lass dir sagen, welch Folgen es hat, wenn du dich noch einmal mit Wolf oder einem anderen Mann auf diese Weise herumtreibst. Und zieh dir ein sauberes Gewand an und lass dich kämmen. Du wirst mit der Mutter und deiner Kinderfrau noch heute nach Wimpfen reiten. Ich gebe euch ein paar Männer zur Begleitung mit.«
Juliana faltet die Hände. »Kommt Ihr nicht mit, Vater?«
»Ich folge euch morgen«, sagt er brüsk.
»Und Wolf?«, haucht sie und senkt den Blick.
»Ich will seinen Namen nicht mehr aus deinem Mund hören! Vergiss ihn, er hat dich nicht mehr zu kümmern!« Damit stürmt er die Treppe hinunter und überlässt das weinende Mädchen der Obhut seiner Mutter.
»Wird der Vater Wolf strafen?«, wagt Juliana zu fragen, als die Mutter ihr die Haare bürstet und Gerda ein paar Gewänder in einer ledernen Truhe verstaut.
»Natürlich, das muss er, will er nicht riskieren, dass seine Männer den Respekt vor ihm verlieren.«
»Es ist aber meine Schuld! Ich wollte nach den jungen Katzen suchen – bitte Mutter, verratet es dem Vater nicht, sonst wird er sie töten – und Wolf hat mitgemacht, weil ich es ihm gesagt habe.« Sie seufzt schwer. »Also werde ich ihm sagen, dass mir allein die Strafe gebührt.«
Sabrina von Ehrenberg schüttelt den Kopf. »Du kannst die Schuld nicht allein auf dich nehmen, denn Wolf wusste, wie unschicklich euer Verhalten ist. Wäre er ein paar Jahre älter, müsste der Vater ihn nun töten, um seine Ehre zu wahren. So hat er sicher das Glück, mit einer Tracht Prügel davonzukommen.«
Juliana keucht vor Entsetzen. »Er würde Wolf töten? Auch wenn er gar nichts Schlimmes gemacht hat?«
Die Mutter steckt die aufgedrehten Locken fest und führt die Tochter dann zu den beiden Scherenstühlen hinüber.
»Gerda, du kannst die beiden Kisten später packen, ich muss erst mit Juliana sprechen.« Die Kinderfrau nickt, verbeugt sich schwerfällig und verlässt die Kemenate.
Sabrina von Ehrenberg betrachtet ihre Tochter eine Weile schweigend. »Juliana«, beginnt sie endlich in ernstem Ton. »Es ist wichtig, dass du mir jetzt zuhörst und dass du begreifst, was ich dir sage, denn sonst wirst du – wenn auch ohne es zu wollen – viel Leid
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