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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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liebsten Menschen gestohlen! Erst Wolf und nun auch noch den Vater. Die Stimme in ihr, die sie darauf hinwies, dass nicht der Apostel Schuld an den Vorfällen trug, ignorierte sie. Zumindest bei Wolf lag die Sache klar vor ihr: Jakobus hatte ihrem Freund aus Kindertagen die Sinne verwirrt, und er war seinem Ruf gefolgt.



4
Wolf von Neipperg
    Burg Ehrenberg im Jahre des Herrn 1300
     
     
    E s ist ein prächtiger Sommer. Das Korn auf den Feldern gedeiht, und weit übers Land leuchten roter Mohn und blaue Kornblumen an den Feldrainen. Das Gras steht hoch und wiegt sich im warmen Wind. Auf Burg Ehrenberg herrscht eine seltsam ausgelassene Stimmung. Der König kommt! Mit all seinem Gefolge wird er am Tag der heiligen Irmgard oder am Tag der heiligen Donata eintreffen und wenigstens drei Tage bleiben. Sicher wird es einen Empfang der alteingesessenen Adelsmänner und der dem König ergebenen Ministerialen geben, die seine Burgen zu Lehen haben, und dann ein großes Fest, bei dem auch die Damen anwesend sein dürfen.
    Drüben in der Pfalz liegt die Vorfreude mit all ihren Vorbereitungen schon gefährlich nahe an Chaos und Schreikrämpfen. Das größte Problem, das die edlen Männer nicht zur Ruhe kommen lässt, ist der Neckar und wie ihn der König mit seinem Gefolge in angemessener Würde überqueren soll, jetzt, da die uralte Brücke in Trümmern liegt. Das Eis vom Februar hat sie ihrer Stützen beraubt, und mit einem ohrenbetäubenden Getöse sind die Eichenstämme in den Fluss gestürzt. Ein Bauwerk, das schon unter den römischen Herrschern errichtet worden sein soll – zerstört in ein paar Augenblicken!
    Und nun will der König mit seinem Gefolge nach Wimpfen kommen, mit Pferden, Kutschen und Karren. Auf welcher Neckarseite werden sie reisen? Kommen sie von der kaiserlichen Stadt Heilbronn her und queren dort den Fluss, oder ziehen sie am Ostufer entlang?
    Schon seit Monaten treffen sich Vertreter des Ritterstifts im Tal, der Bürgerschaft der oberen Stadt und die Adeligen der
Schutzburgen, um darüber zu sprechen, wie man die Brücke wiederaufbauen könne, doch bisher folgten den Worten keine Taten. Man müsste einen bewährten Brückenbauer anwerben und Männer mit Erfahrung, um den breiten und tiefen Fluss zu überspannen. Alle hoffen, irgendwer werde es schon in die Hand nehmen, man selbst habe für so ein großes Bauwerk nicht das notwendige Geld. So bleibt es bei unverbindlichen Gesprächen, und Mensch und Tier, die über den Fluss wollen, werden von den Apostelfischern der Talstadt gegen einen kleinen Beitrag übergesetzt. Ritter Kraft von Ehrenberg prophezeit Frau und Tochter bei einem gemeinsamen Nachtmahl, dass alle die Brücke wohl noch lange vermissen werden. »Ich sage euch«, spricht er zwischen einem Bissen Hasenbraten und einem großen Schluck von seinem warmen Aniswein, »wir werden es nicht mehr erleben und unsere Kinder auch nicht! Man wird sich weiterhin gegenseitig die Verantwortung zuschieben und sich unterdessen an die Fähre gewöhnen. So ein Brückenbau ist eine gewaltige Aufgabe. Wie soll sie ausgeführt werden, wenn alle Baumeister für die Kirchen gebraucht werden, die allerorts entstehen? Sie müssen immer höher werden, luftiger, himmelwärts strebend, um Gottes Herrlichkeit angemessen zu preisen. Das verschlingt alles Geld und alle Arbeitskräfte, die es in den deutschen Landen gibt. Unsere verehrten Stiftsherren müssen ja selbst von ihren Plänen Abstand nehmen, St. Peter mit einer neuen Westfassade und natürlich entsprechend hohen Türmen zu versehen, so knapp sind die Gulden in ihrer Schatulle geworden. Angesichts dieser Misere fällt es uns doch leicht, auf so etwas Alltägliches wie eine Brücke zu verzichten!« Er rülpst vernehmlich und hebt den Becher. »Alles für Gottes Herrlichkeit!«
    Juliana betrachtet den Vater überrascht. Spottet er gar des Herrn und der Kirche?
     
    Während sich die Damen und Herren in Wimpfen des hohen Besuchers wegen in heller Aufregung befinden, herrscht auf der
ersten Schutzburg im Norden der Pfalz hoffnungsvolle Erwartung vor. Juliana ist gerade der Mutter entflohen, die ihr ein neues Kleid angemessen hat. Hier in der elterlichen Burg macht es nichts aus, dass die Säume der alten Gewänder bereits einige Zoll über dem Boden schweben, so sehr ist sie seit dem vergangenen Sommer gewachsen. Für einen König jedoch muss das Kind angemessen gekleidet werden, will der Vater seine Älteste mit zur Pfalz nehmen.
    »Gehst du auch mit auf das

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