Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
hören.« Es ist die weiche Stimme des Franzosen, Swickers Reisegefährten. »Nun, mein Junge, du sagtest, der Dekan sei heute Nacht mit dem Ritter von Ehrenberg in dieses Haus gekommen, und sie hätten lange beisammen gesessen und miteinander gesprochen?«
»Ja, Herr.«
»Aber nun sind sie nicht mehr da. Wohin sind sie gegangen?«
Juliana scheint es, als könne der Franzose nur mühsam seine Ungeduld zügeln.
»Ich weiß es nicht. Der Herr hat es mir nicht gesagt. Wenn er ausgeht, frage ich nicht wohin.«
»Hast du den Männern nicht Wein gebracht oder etwas zu essen?«
»Ja, schon«, gibt der Junge zu.
»Dann konntest du vielleicht hören, was gesprochen wurde.«
Eine Pause tritt ein. Irgendjemand räuspert sich. Dann hört Juliana wieder die unsichere Stimme des Schülers. »Ich glaube nicht, dass es mein Herr schätzt, wenn ich über seine Angelegenheiten plaudere.« Er hat das letzte Wort noch nicht ganz ausgesprochen, da rumpelt es in der Stube, als sei ein Stuhl umgefallen, und der Junge stößt einen Schrei aus.
»Sprich, du kleine Ratte«, brüllt Bruder Humbert, der Franzose schreit: »Lass den Jungen los, Humbert, ich warne dich nur einmal.« Für einige Augenblicke ist nur ein unterdrücktes Schluchzen zu hören.
»Hör zu«, fährt Jean de Folliaco in betont freundlichem Ton fort. »Mein Waffenbruder Ritter Swicker von Gemmingen-Streichenberg ist vergangene Nacht in der Pfalzkapelle von Kraft von Ehrenberg getötet worden. Davon hast du doch sicher gehört?« Anscheinend nickt der Junge.
»Gut. Der Dekan hat den von Ehrenberg in Gewahrsam genommen, der sein Ehrenwort gab, nicht zu fliehen und sich dem Gericht auszuliefern. Nun kommen wir hierher, und weder der Dekan noch der Mörder sind anzutreffen, wie es uns doch zugesichert wurde. Wie kann ich ohne meinen Waffenbruder zu unserem Großmeister zurückkehren und nicht einmal Auskunft darüber geben können, was aus dem Mörder und seinem Fürsprecher geworden ist? Also bitte, wenn du etwas weißt, dann sage es uns.«
Der Junge scheint zu überlegen. Endlich sagt er gepresst: »Ich brachte meinem Herrn und dem Ritter von Ehrenberg Wein, Brot und Käse, als sie in der Nacht erschienen und nach mir schickten. Die Knechte und der Koch waren bereits nach Hause gegangen. Nur ich bleibe auch über Nacht. Sie sprachen von Orten, die ich nicht kenne, und von den Gefahren einer langen Reise. Als ich den Weinkrug noch einmal füllen kam, redeten sie über Burg Ehrenberg. Der Ritter wollte dorthin reiten, aber der Dekan verbot ihm, das Haus zu verlassen. Der Ritter sagte, es sei wichtig und dürfe nicht in falsche Hände geraten, dennoch wollte der Dekan nicht nachgeben. Später
rief mich mein Herr noch einmal und trug mir auf, ein Bündel voller Proviant zu packen und eine Kürbisflasche mit Wein zu füllen. Er schickte mich auch nach einem alten Umhang und einem groben Hemd, die er in einer Truhe auf dem Boden aufbewahrte. Dann ist er gegangen. Der Ritter von Ehrenberg legte sich in der Gästekammer zur Ruhe, und auch ich suchte mein Lager auf, da man meiner nicht mehr bedurfte. Als ich am Morgen erwachte, waren weder der Ritter noch mein Herr im Haus. Ich kann Euch wirklich nicht mehr berichten. Ich schwöre es! Bitte glaubt mir.«
Anscheinend tun es die Brüder des Templerordens, denn Juliana hört den Jungen voll Erleichterung die Luft ausstoßen. Da schlägt unten die Haustür zu. Das Mädchen sieht sich panisch um. Wo kann sie sich verbergen? Schritte auf der Treppe. Sie schiebt die nächste Tür auf und schlüpft in die Schreibkammer mit dem Sekretär, ein paar Scherenstühlen und zwei großen Eichentruhen. Hinter der nur angelehnten Tür bleibt sie stehen und presst das Ohr an den Spalt.
»Einen gesegneten Morgen wünsche ich Euch«, hört sie die Stimme des Dekans. »Albert, du kannst jetzt gehen.« Er wartet, bis sich die Schritte des Jungen entfernt haben, ehe er weiterspricht. »So früh am Morgen habe ich die Herren Tempelritter nicht erwartet, sonst wäre ich natürlich zu Hause gewesen, um Euch zu empfangen. Ich hoffe, Ihr könnt mir verzeihen.«
Ein Knurren ist zu vernehmen, das vermutlich von Bruder Humbert stammt.
»Ich gebe zu, ich bin ein wenig irritiert«, antwortet der Franzose mit seinem weichen Akzent. »Wir möchten wissen, wo sich der von Ehrenberg befindet und wann der Prozess beginnen wird.«
»Es wird keinen Prozess geben«, sagt der Dekan sanft.
»Was?«, schreit der Wappner.
»Die Kirche hat ihr Urteil gefällt und
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