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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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anderen willkommenen Unterhaltung ab. Ihren Bruder hat sie bei Birgitta zurückgelassen, obwohl die Edelfrau ihre Tochter mit dieser Aufgabe betraut hat. Juliana hofft, dass die Eltern es nicht bemerken. Befreit von ihrem quengelnden Anhängsel sucht sie auf dem Fest noch ein wenig Genuss zu erhaschen, entdeckt stattdessen jedoch den jungen Kochendorfer, der mit großen Schritten die Brücke überquert.
    Nicht schon wieder! Juliana duckt sich und drückt sich gegen die Scheunentür. Oh nein, er wird sie sehen und sie dann nicht wieder aus seinen Krallen lassen. Das Mädchen zieht die Tür auf und huscht in die Scheune. Hier drin ist es dämmrig, und ihre Augen brauchen eine Weile, ehe sie sich an das wenige Licht gewöhnt haben. Es riecht nach frischem Heu. Darunter mischt sich der scharfe Geruch der Greifvögel, die hier verteilt auf ihren Sitzstangen angebunden sind. Unter die gedämpften Festgeräusche mischt sich Federrascheln. Rechts an der Wand entdeckt sie den siegreichen Falken ihres Vaters. Einen Flügel steil in die Luft gereckt, ist er dabei, sich sorgfältig die Federn unter den Schwingen zu putzen. Ob Ritter Carls Falkendame auch hier untergebracht ist? Suchend lässt sie ihren Blick schweifen, kann das Tier jedoch nicht entdecken. Vielleicht in dem abgeteilten Bereich weiter hinten in der Scheune? Das Ritterfräulein rafft die Röcke und geht an den Stangen vorbei um
eine Trennwand herum, hinter der einige Geräte an der Wand lehnen. Auf der anderen Seite ist frisches Heu aufgeschüttet. Dort findet sie den Vogel.
    »Prächtige Ronada, ich grüße dich«, sagt sie mit weicher, lockender Stimme. Die Greifendame beäugt sie misstrauisch. Juliana ahnt, dass sie sich blutige Finger holen würde, sollte sie es wagen, dem leicht geöffneten Schnabel zu nahe zu kommen. Ohne ihren Herrn würde Ronada es bestimmt nicht dulden, sich von einer Fremden über die Federn streichen zu lassen.
    »Wo ist nur dein Herr?«, überlegt das Mädchen. »Ob er noch einmal mit mir durch die Burg spazieren würde?«
    Das Geräusch der sich öffnenden Tür lässt sie herumfahren. Ist er es? Kommt er, um nach seinem Falken zu sehen? Ihr Herz beginnt, unruhig zu schlagen. Sie hört Schritte, dann eine Stimme, die ihre Hoffnung zerschlägt, und nicht nur das! Es muss der eine sein, den sie am wenigsten zu treffen wünscht: Wilhelm von Kochendorf! Sucht er sie etwa? Hat er sie in die Scheune schlüpfen sehen? Das Mädchen weicht zurück und duckt sich hinter den Heuhaufen.
    »Nun, komm herein, mein Täubchen, es ist niemand hier, wie ich es dir gesagt habe. Jetzt zier dich nicht so! Wer sollte zu dieser Zeit zu den Greifen gehen?«
    Die Tür quietscht und fällt ins Schloss. Juliana hört das nervöse Kichern einer Frau. Das Edelfräulein erstarrt. Was hat der Ritter vor? Es hört sich nicht so an, als wolle er einem Gast die Beizvögel zeigen.
    »Nein, oh, Herr Ritter, nicht«, seufzt die weibliche Stimme, die nicht den Eindruck macht, als würde die Dame großen Widerstand leisten. Wer ist das? Die Stimme kommt Juliana bekannt vor. Der Ritter gibt seltsame Geräusche von sich, eine Antwort scheint er nicht für nötig zu halten.
    »Nicht!«, stößt die Frau nun doch in Abwehr hervor. »Wenn jemand hereinkommt! Bitte, keiner darf es erfahren. Sie würden mich davonjagen.«
    Wilhelm von Kochendorf brummt unwillig. »Nun gut, dann
komm hier herüber ins Heu. Da kann man uns von der Tür aus nicht sehen.«
    Ihm scheint die Vorstellung nicht viel auszumachen. Es kann also kein Edelfräulein oder gar eine der Damen sein, deren Gatten auf der Jagd mitgeritten sind. So leichtfertig würde selbst der Kochendorfer keinen Zweikampf auf Leben und Tod riskieren. Juliana reckt den Hals, um einen Blick auf die beiden zu erhaschen. Voller Schrecken erkennt sie, wohin sich das Paar zurückziehen will. Schon rauscht das Heu, als die Körper auf der anderen Seite des Haufens zu Boden sinken. Der aufgewirbelte Staub reizt Julianas Hals und Nase. Sie presst die Hände vors Gesicht, um das aufsteigende Niesen zu unterdrücken. Es gelingt ihr nicht. Ihr Schnauben scheint wie ein Donnerschlag durch die Scheune zu hallen. Der Habicht an der Wand schlägt mit den Flügeln und krächzt, doch die beiden ineinander verschlungenen Gestalten auf der anderen Seite des Heuhaufens sind offensichtlich zu sehr mit sich beschäftigt, um darauf zu achten. Seltsame Geräusche geben sie von sich, die Juliana das Blut in die Wangen steigen lassen. Sie will hier nicht

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