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Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)

Titel: Das Siegel des Templers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Raymond – auch wenn seine Gefühle ab und zu in Eifersucht oder Neid umschlugen, und er hörte sich gern die Geschichten des alten Augustiners an.
    Sie könnten Pater Bertran bitten, mit ihnen zu kommen. Mit seiner guten Kenntnis des Weges würde er eine Hilfe sein.
    Das Dröhnen in ihrem Kopf nahm wieder zu, und aus der Wunde an der Lippe quoll ein Blutstropfen. Juliana beschloss, ihr Grübeln zu vertagen. Sie tupfte zaghaft mit dem Ärmel über Mund und Nase. Männer konnten untereinander schon widerliche Gesellen sein! Sie würde nie begreifen, wie man sich – nur zum Spaß – schlagen und mit den Fäusten bearbeiten konnte!

    Der Tag wollte kein Ende nehmen. Sie gingen und gingen durch das sonnenverbrannte Land. Die fünf Pilger trafen auf Bauern, die zu ihren Feldern und Weinbergen zogen. Wortkarg hoben sie nur die Hand zum Gruß. Ein paar Reiter in vornehmen Kleidern kamen ihnen entgegen. Sie ritten langsam den Hang hinauf, denn bei dieser Hitze hätten sie die edlen Rösser schnell zu Schanden gejagt. Die fünf Pilger schwiegen lange, bis endlich wieder eine ummauerte Siedlung vor ihnen in Sicht kam. André wollte von Pater Bertran ihren Namen wissen.
    »Los Archos«, gab dieser bereitwillig Auskunft.
    »Seltsamer Name für eine Stadt. Wisst Ihr, warum sie so genannt wird?«
    Der alte Pater wiegte den Kopf mit dem ergrauten Haar hin und her. »Ich bin mir nicht sicher. Die einen sagen, dass die Stadt seit jeher so genannt werde, wegen der vielen Bogen in den römischen Ruinen, auf denen so manch neues Haus aufgebaut wurde. Andere meinen, sie trage diesen Namen erst, seit König Alfons X. von Kastilien vergeblich versucht hat, die Stadt einzunehmen, und von den heldenmütigen Bogenschützen vertrieben wurde.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht, welche Version die richtige ist. Tatsache ist jedoch, dass König Alfons vor etwa fünfzig Jahren immer wieder versucht hat, das Grenzgebiet von Navarra Kastilien anzugliedern. Auch Vianna 12 und andere Städte hat er angegriffen.«
    Sie näherten sich dem von einer Mauer umschlossenen Kern der alten Römerstadt. Am Tor herrschte viel Betrieb. Wächter durchsuchten Karren mit Waren und ließen sich Maut und Wegezoll bezahlen, Bauern und Bettler, reiche Kaufleute und gut gekleidete Bürger drängten sich in den Gassen. Auch einige Pilger, deren Muschelzeichen am Mantel zeigte, dass sie bereits auf der Rückreise waren, kamen ihnen entgegen. Viele Juden mischten sich unter die anderen Bürger. Hier schien ihnen gegen über nicht so eine feindselige Stimmung zu herrschen wie in Stella. Juliana sah sie mit ihren Wechseltischen in Ladennischen sitzen, Geldmünzen zählen und mit Kaufleuten scherzen.
    »Das ist ja die reinste Judenstadt«, rief André.
    »Ja, und?«
    Der junge Mann duckte sich ein wenig unter Bruder Ruperts Blick. »Nichts und, ist mir nur aufgefallen.« Die Anspannung zwischen den beiden hatte sich noch nicht gelegt.
    »Stimmt, und es geht ihnen hier recht gut«, bestätigte Pater Bertran. »Es ist erstaunlich, doch hier haben alle Bewohner die gleichen Rechte.«
    Sie gingen auf die Kirche Santa María de los Archos zu, hinter der sich die Stadtmauer wieder schloss. Während die Stadt entlang des Pilgerweges kaum mehr Häuser aufbot als ein mittleres Dorf dieser Gegend, erstreckten sich zwei Gassen mit geschlossenen Häuserreihen weit nach Norden am Fuß des Hügels entlang, auf dem Juliana eine Mauer und einen Turm erkennen konnte. Sicher ein Castillo, das der reichen Handelsstadt so nahe der Grenze Schutz gewährte. Die beiden Ordensmänner schritten zielstrebig auf das Tor zu, hinter dem eine Brücke über den Río Odrón führte.
    »Gibt es hier denn keine Herberge für Pilger?«, rief ihnen das Ritterfräulein nach, dessen Kopf wieder heftiger dröhnte, so dass es sich nach Ruhe, Dunkelheit und Kühle sehnte.
    »Hinter der Brücke ist das Hospital von San Blas, in dem kranke Pilger Pflege finden. Zum Glück benötigen wir die helfenden Hände nicht, und die Sonne steht noch hoch genug, so dass wir bis Sansol weitergehen können.«
    Juliana stöhnte und kämpfte gegen die Tränen. Seit Los Archos in Sicht gekommen war, hatte sie angenommen, der heutige Tag würde hier sein Ende finden, und nun standen ihr noch zwei oder drei weitere Stunden auf der staubigen Straße bevor. Ihre Nase schmerzte, die Wunde an der Lippe brannte, und sie fühlte schon wieder einen solch quälenden Durst, dass sie sich fragte, ob er jemals in ihrem Leben

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