Das Siegel von Arlon [Adrian Pallmer, Band 1] (Adrian Pallmers magische Abenteuer) (German Edition)
Nachdem sich das Tor wieder geschlossen hatte, standen sich die zwei Jugendlichen für einen Moment schweigend gegenüber und jeder schaute in eine andere Richtung, bis das Mädchen endlich, ohne ihn anzuschauen, sagte: »Komm mit!«
Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte sie sich um und lief in Richtung der kleinen Hütte los. Und Adrian folgte ihr gehorsam. Inzwischen war die Sonne schon fast hinter den Bergen verschwunden und tauchte die Landschaft in ein goldenes Licht. Die Wiese, die riesigen Bäume, das Bächlein und zwischendrin die kleine, rustikale Hütte wirkten einfach märchenhaft, fast etwas unreal. Als sie dem Haus näherkamen, durchquerten sie einen kleinen Garten, der von einer hüfthohen Hecke umgeben war. Die Beete waren in quadratische Flächen aufgeteilt. Auf jedem dieser Quadrate stand eine andere Pflanze.
Im vorderen Bereich des Gartens wuchsen allerlei Kräuter und kleine Pflanzen. Die meisten von ihnen hatte Adrian noch nie in seinem Leben gesehen. Da gab es Pflanzen mit kleinen, fast kugelförmigen Blättern, an denen sehr lange, dünne, weiße Haare wuchsen, deren Spitzen im Licht der untergehenden Sonne wie Millionen winziger Diamanten funkelten. Andere hatten breite, leuchtend violette Blätter, in die glasklare Kügelchen eingeschlossen waren, andere sahen wie bizarr geformte Korallen aus, die in allen Farben des Regenbogens schimmerten. Etwas abseits stand ein Gewächs, das ganz aus Kristall zu sein schien und herrlich glitzerte. Weiter hinten standen Pflanzen, die in allen Farben und Formen blühten und welche, die aussahen wie filigrane Schwämme in den verschiedensten Farben, manche mit ganz großen, manche mit winzig kleinen Poren. Adrian blieb, gefangen von diesem Anblick, stehen und fragte staunend, »Was sind denn das für Pflanzen?«
Die Frage war eigentlich an Camille gerichtet, aber sie war schon weiter gelaufen, ohne auf ihn zu warten.
»Auch gut, ich komme ebenso gut auch ohne dich zurecht!«, grummelte Adrian und schaute sich weiter die Kuriositäten des Gartens an.
Inzwischen war er bei Pflanzen angekommen, die ihre Tentakel wie Arme in die Luft streckten und sich sanft hin und her wiegten. Als ein kleiner Vogel zu dicht über ihnen entlang flog, schnellten plötzlich mehrere dieser Fangarme nach oben, legten sich mit atemberaubender Geschwindigkeit um das wehrlose Tier und zogen es in das Dickicht der anderen Tentakel hinab. Einen Moment später wiegten sich die Arme wieder friedlich hin und her, als ob nichts geschehen war.
Adrian stand nun schon mitten im Garten, umringt von allen möglichen exotischen Pflanzen. Je tiefer er in den Garten vordrang, desto größer wurden die Gewächse. Rechts vor ihm stand ein Strauch, der offensichtlich eingegangen war. Nur noch ein paar dürre Stängel ohne Blätter waren übrig. Als Adrian einen Schritt näher herantrat, bemerkte er, wie plötzlich überall kleine Knospen aus dem dürren Holz hervorbrachen. Von Neugierde gepackt, trat er noch etwas näher heran, um das Phänomen besser beobachten zu können. Im nächsten Augenblick sprangen die Knospen auch schon auf und überall wuchs frisches Grün. Innerhalb weniger Sekunden waren die dürren Äste des Strauchs üppig mit Blättern und neuen Zweigen bedeckt.
Nachdem die Blätter zu ihrer Endgröße ausgewachsen waren, bildete sich eine riesige Knospe, die sich ebenfalls nach kürzester Zeit öffnete und eine prachtvolle Blüte, die fast wie das Gesicht eines jungen Mädchens aussah, freigab. Dabei strömte sie einen so lieblichen Duft aus, dass Adrian noch einen Schritt näher treten wollte, um die Blüte mit seiner Hand zu berühren.
»NEIN! NICHT ANFASSEN! KOMM AUF DER STELLE EIN PAAR SCHRITTE ZURÜCK!«, schrie Camille, die, von ihm unbemerkt, herbeigekommen war. Adrian gehorchte, wenn auch widerwillig. Kaum hatte er sich etwas entfernt, verschwand die Blüte wieder in der Knospe und die frischen Blätter verwelkten vor seinen Augen und fielen ab. Übrig blieben nur die dürren Stängel, die aussahen wie abgestorben.
»Das ist eine Sirenum Necare, eine ganz heimtückische Pflanze. Wenn du ihre Blüte berührst, wird sie dich mit ihrem Gift töten!«
Adrians Knie wurden ganz weich. Schon zum zweiten Mal hatte sie sein Leben gerettet.
»Und wieso treibst du dich eigentlich im Garten der magischen Pflanzen herum? Weißt du nicht, wie gefährlich das sein kann, oder liebst du es etwa, dich der Gefahr auszusetzen?«
'Im Prinzip hat sie ja recht, aber muss sie immer gleich
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