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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Rand von Covent Garden in der Garrick Street. Die Decke hing tief, die Tische waren aus grobem Holz, und auf dem Boden lagen Sägespäne. Es war die Sorte Lokal, in der sich mittags Jungbanker und Werbefachleute drängelten und in dem man zwanzig Sorten Ale vom Fass, Würstchen mit Kartoffelbrei, Kidney-Pudding und Spotted Dick bekam.
    Jean-Luc Passard, ein kleiner Angestellter der Sicherheitsabteilung der Organisation, betrat das Pub und wusste sofort, warum der Engländer es als Treffpunkt ausgesucht hatte. Es war so gerammelt voll, dass sie sicher niemandem auffallen würden.
    Der Engländer saß allein in einer kleinen Nische. Er sah aus wie beschrieben: um die vierzig; widerspenstiges, vorzeitig ergrautes Haar; breite Schultern, schmale Taille; eine physisch eindrucksvolle, aber dennoch unauffällige Erscheinung in blauem Blazer und weißem Rollkragenpullover. Als Passard auf ihn zuging, sah er die glatte, fast gespannte Gesichtshaut - als sei sie geliftet worden.
    Passard setzte sich und streckte dem Engländer die Hand entgegen. »Ich bin Jean-Luc.«
    »Trevor Griffiths.« Der Engländer schüttelte ihm kraftlos die Hand. Der Händedruck eines Mannes, dem egal war, was sein Gegenüber von ihm hielt. Die Hand war groß, die Haut glatt und trocken.
    »Es ist mir eine Ehre, Sie kennen zu lernen«, sagte Passard. »Die Arbeit, die Sie über die Jahre für die Organisation geleistet haben, ist schon Legende.«
    Trevors leblose graue Augen zeigten keinerlei Reaktion.
    »Wir hätten Ihren Ruhestand nicht gestört, wenn es nicht absolut notwendig wäre.«
    »Sie haben Mist gebaut.«
    »Nun ja, wir hatten etwas Pech.«
    »Sie brauchen Hilfe.«

    »Eine Versicherungspolice, sozusagen. Eine zusätzliche Absicherung. Wir können uns einen Misserfolg unter keinen Umständen leisten.«
    »Ich arbeite allein. Das wissen Sie.«
    »Natürlich. Bei ihrer Erfolgsbilanz erübrigt sich jede Debatte über Methoden. Sie können die Angelegenheit handhaben, wie Sie es für richtig halten.«
    »Gut. Wo hält sich das Objekt derzeit auf?«
    »Es wurde zuletzt in Zürich gesehen. Wo es im Augenblick ist, wissen wir nicht.«
    Trevor hob eine Augenbraue.
    Passard errötete. »Er ist ein Amateur. Er taucht immer mal wieder auf. Wir werden seine Spur sicher bald wieder aufnehmen können.«
    »Ich brauche Fotos von dem Objekt. Aus so vielen Blickwinkeln wie möglich.«
    Passard schob ein großes Kuvert über den Tisch. »Hier. Außerdem die verschlüsselten Instruktionen. Natürlich wollen wir, dass die Angelegenheit schnell und ohne Spuren erledigt wird.«
    Trevor Griffiths’ Blick erinnerte Passard an den einer Schlange. »Sie hatten also schon ein paar Zweitligajungs an der Sache. Das hat nicht nur Geld und Zeit gekostet, es hat unser Objekt auch gewarnt. Jetzt hat es Angst, ist vorsichtig und hat sicher schon bei irgendwelchen Anwälten Dokumente deponiert für den Fall, dass ihm etwas zustoßen sollte. Das macht die Aufgabe natürlich ungleich anspruchsvoller. Deshalb brauche ich trotzdem weder von Ihnen noch von Ihren Vorgesetzten Ratschläge, wie ich meine Arbeit zu erledigen habe.«
    »Sind Sie sicher, dass Sie es schaffen?«
    »Ich nehme doch an, dass Sie deshalb zu mir gekommen sind, oder?«
    »Ja.«
    »Dann behelligen sich mich nicht mit törichten Fragen. War’s das? Ich habe nämlich noch einige Dinge zu erledigen.«

    Halifax, Nova Scotia

    Als sie wieder in ihrem Zimmer war, nahm Anna eine winzige Weißweinflasche mit Schraubverschluss aus der Minibar, goss den Inhalt in einen Plastikbecher und trank ihn auf einen Zug aus. Dann ließ sie sich ein Bad ein und döste in dem heißen Wasser fünfzehn Minuten lang vor sich hin. Sie versuchte an etwas anderes zu denken, doch ihre Gedanken kehrten immer wieder zu dem vertikalen Kühlergrill des Lincoln zurück. Und zu dem, was das Gespenst mit leiser Stimme gesagt hatte: Ich glaube nicht an Zufälle. Sie, Miss Navarro?
    Langsam bekam sie sich wieder in den Griff. Solche Dinge passierten eben. Es gehörte zu ihrem Job, die wirkliche Bedeutung einer Sache zu erkennen; aber es war auch eine Berufskrankheit, einer Sache Bedeutung zuzuschreiben, wo absolut nichts war.
    Als sie aus der Wanne stieg und einen Frotteebademantel überzog, war sie schon wieder ruhiger und hatte einen Bärenhunger. Auf dem Boden lag ein Kuvert, das man offenbar unter der Tür durchgeschoben hatte. Sie hob es auf und ließ sich in dem blümchengemusterten Lehnstuhl nieder. Es enthielt Mailhots Bankauszüge der

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