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Das Sigma-Protokoll

Das Sigma-Protokoll

Titel: Das Sigma-Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Madame Justice.«
    »Herrgott, Ron, ich heiße Miriam. Wie lange kennen wir uns jetzt?«

    Er lächelte. »Schätze, so fünfunddreißig Jahre... Miriam. Plus minus eine Dekade. Und noch immer liegt mir bei fast jedem unserer Treffen das Frau Professor Stamberg auf den Lippen.«
    Evers war in Yale einer von Miriam Batemans Topstudenten gewesen. Vor etwa fünfzehn Jahren hatte er hinter den Kulissen entscheidenden Einfluss darauf genommen, dass Richterin Bateman für den Obersten Gerichtshof nominiert worden war. Er beugte sich etwas vor. »Sie sind eine viel beschäftigte Frau und stecken zudem mitten in einer Sitzungsperiode. Lassen Sie mich also gleich zum Punkt kommen. Der Präsident hat mich gebeten, Ihre Meinung in einer Angelegenheit einzuholen, die höchst vertraulich behandelt werden muss. Es handelt sich um eine Sache, die ihn schon seit längerer Zeit beschäftigt. Verstehen Sie mich recht, die Angelegenheit befindet sich noch im frühesten Stadium.«
    Richterin Batemans scharfer Verstand begriff sofort. Mit ihren klaren blauen Augen schaute sie ihn durch ihre dicken Brillengläser an. »Er will, dass ich zurücktrete«, sagte sie mit melancholischer Stimme.
    Die unverblümte Antwort erwischte ihren Gast unvorbereitet. »Er hat höchsten Respekt vor Ihrer Urteilskraft und Ihrem natürlichen Gespür. Deshalb möchte er, dass Sie ihm einen Nachfolger vorschlagen. Dem Präsidenten bleibt nur noch ein gutes Jahr seiner Amtszeit, um sicherzustellen, dass der nächste frei werdende Richterstuhl am Obersten Gerichtshof mit einem Kandidaten seiner Wahl besetzt wird. Aber danach sieht es im Augenblick ganz und gar nicht aus.«
    Richterin Bateman antwortete gelassen: »Und wie kommt der Präsident darauf, dass mein Stuhl in nächster Zukunft frei werden könnte?«
    Ronald Evers senkte mit geschlossenen Augen den Kopf - als sei er in ein Gebet oder in Gedanken versunken. »Das ist ein sehr delikates Thema«, sagte er sanft wie ein Priester im Beichtstuhl. »Wir haben immer sehr offen miteinander gesprochen. Sie sind eine der herausragendsten Richterpersönlichkeiten am Obersten Gerichtshof, die dieses Land je gehabt hat. Man wird Ihren Namen ohne Zweifel in einem Atemzug mit Brandeis und Frankfurter nennen, und ich weiß, dass Sie Ihr Vermächtnis gesichert
sehen wollen. Deshalb müssen Sie sich mit einer sehr unangenehmen Frage auseinander setzen: Wie viele Jahre bleiben mir noch?« Er hob den Kopf und schaute ihr in die Augen. »Sie erinnern sich doch sicher: Brandeis, Cardozo und Holmes blieben alle länger, als gut für sie war. Sie klebten noch an ihren Stühlen, als sie ihre beste Zeit schon lange hinter sich hatten.«
    Richterin Batemans Blick blieb unnachgiebig. »Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«, fragte sie überraschend. Dann senkte sie ihre Stimme und fragte in verschwörerischem Tonfall: »Ich war gerade in Wien und habe noch etwas Sachertorte da, aus dem Café Demel. Wie wär’s? Ich selbst darf nicht, die Ärzte.«
    Evers tätschelte seinen flachen Bauch. »Ich muss aufpassen. Trotzdem, vielen Dank.«
    »Okay, dann lassen Sie mich auf ihre Offenheit offen antworten. Ich bin über so ziemlich jeden infrage kommenden Richter in jedem Gerichtsbezirk des Landes bestens im Bilde. Und zweifellos wird der Präsident einen höchst qualifizierten und äußerst intelligenten Rechtsgelehrten mit der nötigen Klasse und Brillanz ausfindig machen. Aber ich möchte Ihnen etwas verraten. Um am Obersten Gerichtshof zu reüssieren, braucht man Jahre. Man kann nicht einfach da auftauchen und erwarten, dass man sofort Einfluss nehmen darf. Die Erfahrung des Alters und der Dienstjahre sind durch nichts zu ersetzen. Eins habe ich hier gelernt: Erfahrung ist Macht. Sie ist die Quelle wahrer Weisheit.«
    Ihr Gast hatte mit diesem Argument gerechnet. »Keiner Ihrer Richterkollegen kann es an Weisheit mit Ihnen aufnehmen. Aber Ihre Gesundheit lässt nach. Sie werden nicht jünger.« Er lächelte traurig. »Keiner von uns. Ich weiß, es ist furchtbar, so etwas zu sagen, aber wir müssen uns dieser Wahrheit stellen.«
    »Ich habe nicht vor, den Löffel so bald abzugeben«, sagte sie, wobei ihre Augen schelmisch glänzten. Das Klingeln des Telefons, das auf dem Tischchen neben ihrem Sessel stand, schreckte sie beide auf. Sie hob ab.
    »Ja?«
    »Entschuldigen Sie die Störung«, sagte ihre langjährige Sekretärin Pamela. »Mr. Holland ist dran. Ich sollte ihn durchstellen, wann immer er anruft.«
    »Legen Sie es auf den

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