Das silberne Dreieck
nochmaligen Besuch morgen vormittag ersparen«, sagte er bittend, und es blieb Mrs. Creen nichts anderes übrig, als ihn hereinzulassen.
Es war nicht sein erster Besuch in ihrer Wohnung, und er hatte sehr gut bemerkt, daß die Räume, wenn sie auch klein waren, ohne Rücksicht auf Kosten ausgestattet waren.
Mrs. Creen bot ihm Whisky und Soda an.
»Ich möchte gern von Ihnen erfahren«, begann er, nachdem er sich gesetzt hatte, »wie lange Margaret bei Ihnen war.«
»Über ein Jahr.«
»War sie ein nettes Mädchen?«
»Sehr nett ... , das erzählte ich Ihnen ja schon öfter. Ihr Verschwinden ist mir sehr nahegegangen.«
»War sie, wenn ich so sagen darf, gebildet? Sprach sie irgendeine fremde Sprache?«
Mrs. Creen nickte.
»Fließend französisch und deutsch. Aus diesem Grund war sie ja von so großem Wert für mich - auf meinen Auslandsreisen. Sie ist in einer Familie im Elsaß erzogen worden. Ihr Vater war, glaube ich, Franzose.«
»Aus welchem Grund ließen Sie eigentlich das Riechsalz aus der Apotheke holen?«
Sie zuckte ungeduldig mit den Achseln.
»Ich habe Ihnen doch, genau wie der Polizei, oft genug erzählt, daß ich an dem Abend starke Kopfschmerzen hatte. Margaret schlug selbst vor, zur Apotheke zu gehen.«
»Lag da kein anderer Grund vor? Konnte denn nicht Mr. True die kleine Besorgung machen?«
Sie fuhr bei den letzten Worten in die Höhe.
»Mr. True? Ich weiß nicht, was Sie damit sagen wollen.«
»An jenem Abend war doch Mr. True bei Ihnen; sie speisten doch zusammen. Sie nahmen Ihre Mahlzeiten gemeinsam ein, wie man es ja auch schließlich von Mann und Frau erwarten kann.«
Die Frau erblaßte und konnte nicht gleich eine Antwort finden.
»Ich begreife wirklich nicht, Mrs. Creen, warum Sie Ihre Heirat in ein so großes Geheimnis hüllen. Ich weiß, daß Sie seit fünf Jahren nicht nur mit True verheiratet, sondern auch seine Geschäftsteilhaberin sind. Damit will ich sagen, daß Sie ihm bei seinen - hm - Finanzoperationen wirksame Hilfe geleistet haben. Und nun, Mrs. Creen, wollen wir doch mal unsere Karten aufdecken. Wenn Sie ins Ausland reisten, haben Sie sich stets von Margaret Lein begleiten lassen?«
Sie nickte verstört.
»Was führte Sie nach Budapest, Bukarest und Wien? Hatten Sie nicht noch andere Gründe als nur Ihr Vergnügen? Geschäftliche vielleicht?«
Sie fuhr mit der Zunge über ihre trockenen Lippen, antwortete aber nicht.
»Ich will noch deutlicher sein«, fuhr er fort. »Haben Sie in den Banken dieser Städte Privatschließfächer oder verschlossene Depots?«
Sie sprang auf; verblüfft starrte sie ihn an.
»Woher wissen Sie das?« stieß sie hervor. »Und was geht Sie das überhaupt an?«
Bei diesen Worten läutete es leise, und sie wollte zur Tür.
»Darf ich für Sie öffnen?« sagte Leon schnell, und bevor sie ihm noch zuvorkommen konnte, war er schon zum Zimmer hinaus und hatte die Wohnungstür geöffnet.
Ein sehr überraschter Finanzmann stand vor ihm.
»Treten Sie nur näher, Mr. True«, sagte Leon freundlich. »Ich glaube, ich habe ganz interessante Nachrichten für Sie.«
»Wer - wer sind Sie denn?« stammelte der Mann und starrte ihn an. Plötzlich erkannte er ihn. »Allmächtiger! Einer der ›Drei Gerechtem! Nun - hm - was ... Haben Sie das Mädchen gefunden?«
Im gleichen Augenblick wurde es ihm klar, welchen Fehler er begangen hatte. Er hatte ja doch eigentlich gar kein Interesse an der verschwundenen Kammerzofe seiner guten Bekannten, Mrs. Creen!
»Nein, ich habe sie nicht gefunden, und, meiner Ansicht nach, wird wohl auch keiner von uns das Glück haben, Margaret Lein je wieder zu sehen«, war Leons Antwort.
Mrs. Creen hatte ihre Selbstbeherrschung wiedererlangt.
»Ich freue mich sehr, daß Sie gekommen sind, Mr. True. Dieser Herr hier hat die merkwürdigsten Behauptungen über uns beide geäußert. Wir wären verheiratet! Was sagen Sie dazu! Haben Sie jemals etwas so Lächerliches gehört?«
Leon hielt es nicht der Mühe wert, hierauf zu antworten, bevor sie sich nicht alle wieder in dem kleinen Salon befanden.
»Und nun, Sir«, begann Mr. Bonsor True hochtrabend, »erklären Sie mir, was Sie mit einer so unsinnigen ...«
Leon unterbrach ihn kurz.
»Ich werde Ihnen kurz mitteilen, was ich bereits Ihrer Frau gesagt habe. Ihre Heirat ...? Nun, die ist eine so unbestreitbare Tatsache, daß ich mir nicht einmal die Mühe mache, Ihnen die Abschrift Ihres Trauscheins hier in meiner Tasche« - er klopfte sich auf die Brust - »zu zeigen.
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