Das silberne Dreieck
sprachen?« begann Meadows, als er den kleinen Salon betrat.
Die Stimme des Inspektors war auffällig unfreundlich, seine Augen lagen forschend auf Leon.
»Natürlich erinnere ich mich.«
»Sind Sie heute Nacht vielleicht noch einmal ausgegangen?«
»Nein, warum?«
Wieder blickte ihn der Beamte mißtrauisch an.
»Weil Letheritt heute morgen um halb zwei ermordet wurde, und - sein Zimmer ist sorgfältig durchsucht worden.«
Leon starrte ihn an.
»Ermordet? Haben Sie den Mörder gefaßt?«
»Nein, aber wir werden ihn bald haben. Ein Schutzmann hat ihn beobachtet, wie er sich am Dachrinnenrohr herunterließ. Allem Anschein nach war er auch auf diesem Weg durch das Fenster in Letheritts Zimmer gelangt. Der Schutzmann gab seine Beobachtung sofort zu Rapport, und dann wurde das Haus durchsucht. Man mußte die Wohnungstür aufbrechen und fand Letheritt tot auf dem Bett. Er hatte jedenfalls mit einem Brecheisen einen Schlag über den Kopf erhalten. Unter anderen Umständen hätte die Verletzung kaum tödlich sein können, aber Letheritt war, wie der Polizeiarzt festgestellt hat, durch sein ausschweifendes Leben und vor allen Dingen durch den ständigen Genuß von Opium so heruntergekommen, daß er daran glauben mußte. Der Mörder muß durch eine der kleinen Seitenstraßen entwischt sein, später ist er noch in der Fleet Street von einem Schutzmann gesehen worden - in einem kleinen Zweisitzer, dessen Nummernschild mit Schmutz bedeckt war.«
»Ist der Mann erkannt worden?«
»Bis jetzt noch nicht! Aber - er hat drei Fingerabdrücke auf der Fensterscheibe zurückgelassen und war ganz bestimmt ein alter Praktiker in solchen Sachen ... Mit anderen Worten, wir werden bald wissen, mit wem wir es zu tun haben. Die Kriminalabteilung hat sich an uns gewendet, aber außer einigen Einzelheiten über Letheritts Leben konnten wir ihr keine näheren Auskünfte geben. Bei der Gelegenheit habe ich übrigens auch Ihre Fingerabdrücke mit eingesandt. Das macht Ihnen doch nichts aus?«
Leon grinste.
»Aber ganz und gar nicht.«
Als der Beamte seiner Wege gegangen war, ging Leon nach oben, um seinen Freunden das Neueste über den Fall ›Miss Brown‹ mitzuteilen.
Aber die größte Überraschung brachte ihnen - sie saßen gerade beim Frühstück - der zweite Besuch Inspektor Meadows'. Sie sahen sein Auto vorfahren, und Poiccart ging an die Tür. Als der Inspektor in das Zimmer kam, funkelten seine Augen vor Erregung.
»Hier ist ein Rätsel, das nicht einmal ihr drei lösen könnt«, rief er. »Ein schwarzer Tag für Scotland Yard und vor allen Dingen für den Erkennungsdienst! Das bedeutet den Zusammenbruch eines Systems, das mit ungeheurer Mühe aufgebaut wurde.«
»Wovon sprechen Sie eigentlich?« fragte Manfred schnell.
»Von dem System der Fingerabdrücke«, antwortete Meadows, und Poiccart, für den dies System etwas Unantastbares war, starrte ihn mit offenem Mund an.
»Wir haben zum erstenmal Duplikate von Fingerabdrücken gefunden«, fuhr Meadows fort. »Die Spuren auf der Fensterscheibe waren ganz zweifellos von Joe Lenthall, und - Joe Lenthall sitzt im Wilford-Gefängnis, wo er für die Dauer von zwölf Jahren untergebracht ist.«
Unwillkürlich wandte sich Manfred seinem Freund zu. Leon lächelte vergnügt, seine Augen blitzten.
»Der Mann, der in der Kirche sang!« sagte er leise. »Das ist einer der nettesten Fälle, der mir je unter die Finger gekommen ist. Jetzt nehmen Sie erst mal Platz, mein lieber Meadows, und essen Sie mit. Nein, nein, setzen Sie sich erst. Ich möchte etwas über Lenthall erfahren. Gibt es eine Möglichkeit, den Mann zu sprechen?«
Meadows starrte ihn verständnislos an.
»Was sollte das für Wert haben? Ich kann Ihnen sagen, das ist für uns der härteste Schlag. Und jetzt kommt noch mehr! Als der Schutzmann die Fotografie von Lenthall sah, behauptete er steif und fest, das wäre derselbe Mensch, den er an der Regenröhre hätte herunterklettern sehen! Was sagen Sie dazu? Erst dachte ich, Lenthall wäre ausgebrochen, und telefonierte sofort nach dem Gefängnis. Aber Lenthall sitzt sicher in seiner Zelle.«
»Können Sie mir die Erlaubnis verschaffen, ihn zu besuchen?«
Meadows zögerte.
»Ja, ich glaube, das läßt sich machen. Sie sind ja gut Freund mit dem Innenminister, stimmt's nicht?«
Und das war richtig, denn gleich nach Mittag war Leon Gonsalez schon auf dem Weg nach dem Gefängnis in Wilford. Zu seiner größten Befriedigung fuhr er allein.
In Wilford befindet sich eines
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