Das silberne Schiff - [Roman]
lag mit geschlossenen Augen da, einen Arm über den Kopf gelegt, als wollte sie einen Schlag abwehren. Sie war vollständig angezogen, aber ihre Füße waren bloß, und sie hatte die langen Zehen eingezogen. Ich rüttelte vorsichtig ihre Schulter. Ihr Körper fühlte sich steif an. »Kayleen. Kayleen. Alles in Ordnung mit dir?«
Liams Hand streichelte meinen Rücken, und ich blickte zu seinen besorgten blauen Augen auf. »Was könnte mit ihr geschehen sein?«
Er schüttelte den Kopf. »Sie wacht nicht auf?«
»Haben sie ihr etwas angetan?« Ich rüttelte sie erneut, nicht mehr ganz so behutsam. »Kayleen?«
Sie stöhnte, schlug aber die Augen nicht auf. Brise kam einen Schritt auf uns zu und streckte die lange Zunge aus, um an Kayleens Zehen zu lecken. Liam legte einen strengen Befehlston in seine Stimme. »Wach auf!«
Kayleens Augen öffneten sich flatternd, aber nur für eine Sekunde. Dann presste sie sie fest zusammen, als wäre ihr das Licht zu grell. Liam nahm vorsichtig ihren Arm vom Kopf herunter und legte ihn auf ihren geschwollenen Bauch. Er hob ihren Kopf an und platzierte ihn auf seinem Bein, um ihre Stirn zu streicheln und ihr zerzaustes Haar zu entwirren. »Kayleen, was ist passiert?«
Sie murmelte etwas Unverständliches, während ihre Augen immer noch fest geschlossen waren.
»Was?«, fragte Liam und beugte sich zu ihr hinunter.
Plötzlich packte sie ihn mit der Hand, die er gerade weggenommen hatte, und riss die Augen auf. »Es sind böse Menschen«, sagte sie. »Sie sind hierhergekommen, um uns alle zu töten. Um zu Ende zu bringen, was unsere Eltern nicht geschafft haben.«
Tränen liefen ihr übers Gesicht. »Ich war in ihren Netzen. Ihr habt sie verwirrt. Vielleicht werden sie euch trotzdem töten – sie haben noch keine Entscheidung getroffen.« Sie ließ Liam los und wischte sich mit der Hand übers Gesicht. Dann stemmte sie sich hoch und setzte sich auf. »Sie dachten, ihr wärt vielleicht auf ihrer Seite. Um ihnen zu helfen, alle anderen zu töten.«
Ich erschauderte entsetzt. Das erklärte einige ihrer Fragen.
»Wir müssen heimkehren«, fuhr Kayleen fort. »Wir müssen sie warnen.«
»Wie?«, fragte Liam.
»Sie haben Gleiter. Wir müssen einen Gleiter stehlen.«
Jetzt gleich? »Wir dürfen diese Leute nicht dorthin führen.«
Kayleen lachte hoch und näselnd, wie in der Nacht, als wir sie bei den Gebra-Ställen gefunden hatten. »Glaubst du etwa, die wüssten nicht, wo Artistos liegt?«
»Wir müssen überlegen, wie wir sie aufhalten können«, sagte Liam.
»Bist du so erschöpft, weil du in ihren Netzen warst?«, fragte ich sie leise.
Sie hob eine Hand und strich sich das Haar aus dem Gesicht. Langsam nahm ihre Haut wieder die normale Färbung an, aber ihre Augen blickten immer noch unkonzentriert. Sie nickte und kaute auf der Unterlippe. »Es ist sehr schwer. So viel. Mehr als alle unsere Daten in sämtlichen Fäden.«
Wir hatten immer noch die Lebensmittel und den größten Teil des Wassers, die Ghita uns mitgegeben hatte. Liam gab Kayleen seine Flasche und beobachtete, wie sie gierig davon trank. Sie riss die Augen auf, als er ihr eine Tüte mit knusprigen Waffeln hinhielt, die man uns als Wegnahrung mitgegeben hatte. »Wirf es weg.« Sie klang eindringlich und ein wenig verärgert. »Werft alles weg, was von ihnen stammt.«
»Warum?«, fragte ich.
»Wer weiß, was sie in die Lebensmittel getan haben? Sie überwachen euch – ich habe mitgehört, wie sie darüber gesprochen haben. Sie haben Staub auf eure Kleidung geschüttet, damit sie wissen, wo ihr euch aufhaltet. Ähnlich wie die Nanos in Josephs und in meinem Blut.« Sie starrte uns eine Weile an, dann verdrehte sie für einen Moment die Augen. »Wer weiß, was sie ins Essen getan haben? Etwas, das euch gehorsam macht? Das euch tötet? Das euch verändert? Verbrennt eure Kleidung, badet und werft alles weg, was ihr von ihnen bekommen habt. Verbrennt alles, was ihr zu ihnen mitgenommen habt.«
Liam sah sie blinzelnd an und betastete sein Hemd. Er trug eins, das er sehr mochte. »Könnten wir die Sachen nicht einfach waschen? Wir haben nicht viel dabei.«
Kayleen kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Verbrennt sie.«
»Werden sie es nicht bemerken, wenn wir das tun?« Ich stand auf und reichte ihr meine Hand. »Wäre es nicht besser, wenn sie uns im Auge behalten und wir einfach nichts Ungewöhnliches tun?«
Sie nahm meine Hand und ließ sich von mir aufhelfen. »Ich will nicht, dass sie wissen,
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