Das silberne Schiff - [Roman]
Finger mit seinen und dachte an meinen kleinen Wagen, der auf dem Weg nach Hause war, an Tiger und Sasha und Akashi. An Kiara. An Paloma. Die Gesichter der Sippe zogen vor meinem inneren Auge vorbei, und ich schwor mir stumm, dass es nur ein kurzer Ausflug sein würde. Schon bald würde ich heimkehren, zurück zu meinem Wagen, meinem Gebra und meiner Familie.
Kapitel 4
Islandia
Die Brennende Leere trug uns über den Ozean zwischen Jini und Islandia. Kayleen schwieg, gegen die Wand gelehnt, eine Hand am Hals des jungen Gebras mit den gespreizten Beinen. Brise stampfte mit den Füßen und bewegte sich nervös. Sie ließ Kayleen keinen Moment aus den Augen.
Auch ich beobachtete Kayleen die ganze Zeit und suchte nach einem Anzeichen, dass jemand aus Artistos oder die Vagabunden versuchten, Kontakt mit ihr aufzunehmen. Was offenbar nicht geschah.
Die Kamera am Bug zeigte blaugrünes Wasser, einen Horizont und darüber klaren blauen Himmel. Die Maschinen summten leise, und die Ansicht auf dem Bildschirm veränderte sich nur langsam. Ich verbrachte eine Stunde damit, auf den Atem von uns vieren zu horchen. Das Gebra atmete schneller und lauter als wir. Ich hörte die winzigen Bewegungen, mit denen sich Liam neben mir rührte, wie Kayleen das Gebra streichelte, wie das Tier mit den Füßen scharrte.
Schließlich hielt ich das Schweigen nicht länger aus.
Wir waren eine Familie! Ich stand auf und streckte mich, musterte Liams starrenden Blick und fragte mich, wo er in Gedanken war. Er hatte kein Wort mehr gesprochen, seit ich es aufgegeben hatte, Kayleen aufhalten zu wollen. Was aber nicht bedeutete, dass ich es endgültig aufgegeben hatte.
Ich ging zwei Schritte auf Kayleen zu, doch sie hielt mich mit einer Handbewegung zurück. Entweder wollte oder konnte sie nicht mit mir sprechen. Ich tippte darauf, dass sie es nicht wollte. Es konnte nicht so schwierig sein, durch klaren, leeren Himmel zu fliegen. Also ging ich weiter, näherte mich langsam und sprach sie leise an. »Kayleen?«
Sie schüttelte den Kopf und warnte mich mit einer hastigen Geste. Der Gleiter torkelte, sackte nach unten weg, und gleichzeitig hob sich mein Magen. Ich keuchte und griff nach einer Sitzlehne, um mich festzuhalten. Brise legte die Ohren an den Hinterkopf und rollte mit den Augen.
Kayleen kniff das Gesicht und die Augen zusammen.
Der Flug wurde wieder ruhiger. Kayleen tätschelte Brise, und das Gebra hob die Ohren.
Ich runzelte die Stirn. Hatte Kayleen uns die Wahrheit gesagt, wie oft sie schon mit dem Gleiter geflogen war?
Unschlüssig kehrte ich zu meinem Sitz neben Liam zurück und betrachtete abwechselnd das leere Meer vor uns und das lautlose Spiel von Mut, Furcht und Entschlossenheit in seinen Gesichtszügen. Wir verschlangen unsere Finger zu einer zärtlichen Berührung. Ich wollte ihm tausend Dinge sagen, aber nichts davon war für Kayleens Ohren bestimmt.
Die Zeit verging nur langsam.
Irgendwann griff Kayleen unter den Sitz vor ihr und zog eine Tasche hervor, in der sich Wasserflaschen, Brot, Djuri-Trockenfleisch und Ziegenkäse befanden. Einen Teil davon legte sie auf die Sitzreihe hinter uns. Mir wurde klar, dass sich meine Zunge so trocken wie die sommerliche Ebene anfühlte, und ich nahm mir eine Flasche, um gierig zu trinken. Liam trank ebenfalls, aber keiner von uns beiden aß etwas.
Es kam mir unwirklich vor, Kayleens Gefangene zu sein. Was konnte ihr Herz so sehr verbogen haben? Wie hatte ich es übersehen können? Schon jetzt sehnte ich mich nach Akashi und Mayah, nach Sasha und Tiger. Ihnen musste klar sein, dass wir nicht freiwillig gegangen waren. Ich stellte mir vor, wie Sasha meinen Wagen fuhr und Tiger lenkte, wie sie sich fragte, wohin ich verschwunden war, wie sie den Kopf neigte und auf ein Anzeichen für meine Rückkehr horchte. Wie viele Sippenmitglieder waren in größerer Gefahr, weil wir nicht da waren, um ihnen zu helfen?
Sicherlich würden wir bald heimkehren. Ich schluckte, während zornige Tränen in meinen Augen brannten. Das konnte ich nicht wissen.
In Artistos gab es keine Möglichkeit, dem Gleiter zu folgen. Er schien seine Energie aus Sonne und Luft zu beziehen, genauso wie sämtliche modifizierte Technik, doch die Shuttles ließen sich nur an der Weltenreise auftanken. Wenn der vorrätige Treibstoff verbraucht war, gab es keinen mehr. Uns zu verfolgen wäre also reine Verschwendung.
Wir mussten Kayleen dazu bringen, uns wieder nach Hause zu bringen. Oder auch nicht. Ich schluckte und
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