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Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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bemühte mich, es positiv zu sehen. War ich nicht diejenige mit den Genmodifikationen, die mir die Fähigkeit gaben, in jeder Situation die bestmögliche Lösung zu finden?
    Kayleen gab Brise zu fressen und zu trinken, und Brise tat das, was jedes Tier irgendwann tat, und zwar genau dort, wo sie stand. Der penetrante Gestank breitete sich in der kleinen Kabine aus und entsprach sehr genau meiner Stimmung. Etwas im Gleiter wurde ausgelöst, und ein unsichtbarer Ventilator schaltete sich ein. Die Frischluftzufuhr verstärkte sich, aber es nützte kaum etwas.
    Das erste Anzeichen von Islandia war ein dunkler Rauchfleck von Lohe, der als verwehter brauner Keil den blauen Himmel verschmutzte. Ein Landbuckel erhob sich auf der Linie zwischen Meer und Himmel. Dann löste er sich in weitere Details auf, ein langer, schmaler Kontinent in sanften Grün- und Goldtönen, mit glutroten Punkten aus Lava durchsetzt.
    Ein zerklüfteter Gebirgszug – Islandias Zähne – zog sich an der langen Meeresküste entlang. An beiden Enden – im Westen und im Osten – ragten Inseln aus dem Wasser, die wie die Gipfel von Vulkanen aussahen. Lohe spuckte kontinuierlich Lava aus und zerteilte Islandia mit dem geschmolzenen Feuerstrom, der breit und hell aus seinem Schlund floss. Wo er auf das ferne Meer stieß, war er nur noch ein schmaler Bach aus schwarzem Gestein. Die Zusammenkunft von Salzwasser und flüssiger Lava schleuderte eine gewaltige Dampfwolke in die Luft.
    Das Land rund um Lohe wirkte trist und leer. Scharfe schwarze Steine gingen zu beiden Seiten in tote braune Ebenen über. Zwei oder drei Gipfel weiter begrünten üppige Wälder den Kontinent. Gletscher krönten die höchsten Berge, und dazwischen breiteten sich Seen und Flüsse wie blaue Schlangen aus, die sich ins Meer ergossen.
    Auch Liam sah sich alles genau an. Er lehnte sich gegen mich und kaute an den Fingernägeln, drehte sich dann zu Kayleen um, die in der Reihe vor Brise saß und gedankenverloren die Ohren des Gebras kraulte. Ihr eigenes Haar hatte sie in Unordnung gebracht, und nun stand es ihr in hundert einzelnen lockigen Strähnen vom Kopf ab. Der Blick ihrer blauen Augen war nach innen gerichtet. Liam musterte sie eine Weile, dann räusperte er sich. »Wo beabsichtigst du zu landen?«
    Kayleens Blick konzentrierte sich, und sie schüttelte den Kopf. Sie stand auf und ging mit unsicheren Schritten zum Bildschirm vor uns. Sie deutete auf die lange bogenförmige Landspitze, die auf der rechten Seite am weitesten von Lohe entfernt war. »Hier sind die Berge am ältesten – hier wurde Islandia geboren. Dort ist es wärmer und feuchter als in Artistos, so dass es jede Menge Wasser und Wald gibt. Wahrscheinlich auch Wild.« Das Bild wurde herangezoomt und zeigte nun ein breites Tal mit einem Fluss, inmitten dichten Urwalds, der sich bis zu den Berggipfeln hinaufzog. »Ich habe entschieden, dass dies die beste Stelle ist.«
    »Kannst du Artistos über die Netze erreichen?«, fragte ich. »Weiß man dort, dass es uns gutgeht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Von hier aus kann ich nicht kommunizieren.«
    Liams Stimme nahm wieder mehr Schärfe an. »Hast du ihnen gesagt, dass du uns entführt hast?«
    Kayleen hob das Kinn. »Bevor wir zu weit entfernt waren, habe ich eine Nachricht geschickt, dass wir drei wohlauf sind.«
    »Was genau hast du gesagt?«, hakte er nach.
    »Dass wir drei gemeinsam unterwegs und wohlauf sind«, wiederholte sie, und betonte die Worte, als wäre Liam ein kleines Kind.
    »Mehr nicht?«, fragte ich leise.
    Sie zog die Augenbrauen hoch und gluckste. »Das reicht doch, oder nicht? Es geht uns gut, und wenn wir zurückkehren, werden wir uns wieder vertragen haben. Wir werden gut miteinander klarkommen.«
    Natürlich.
    Liam beugte sich zu mir und flüsterte mir ins Ohr: »Sie ist verrückt.«
    Ich ging nicht darauf ein. »Vielleicht, Kayleen. Vielleicht. Aber mir wäre es lieber, wenn Akashi und Mayah Gewissheit hätten, dass wir diesen Ausflug nicht freiwillig machen. Könntest du es ihnen sagen, nachdem wir gelandet sind?«
    Sie lachte. »Ich glaube kaum.« Ihre Augen trübten sich wieder, und sie murmelte: »Ich muss jetzt gut achtgeben. Bis jetzt bin ich nur ein einziges Mal auf dem Boden gelandet, zusammen mit Joseph, in der Nacht vor seiner Abreise. In der Höhle gibt es etwas, das den Gleiter einfängt, wenn ich hineinfliege.«
    Wir überquerten einen dunklen Gipfel mit weißer Eiskappe und drei Wasserfällen, die einen See speisten, von dem

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