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Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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blickte sie zu Liam auf. Als sie sprach, war ihre Stimme leise und ruhig. »Bring mir einen von den langen Stäben. Die Gewehre. Du weißt, wo sie sind.«
    Er drehte sich um und ging, und ich setzte mich neben sie. Ich wusste, was geschehen musste. Wir konnten sie nicht so zurücklassen.
    Ich streichelte Kayleens Schulter, obwohl mir klar war, dass sie jetzt nichts trösten konnte.
    Zwei schwarzkehlige rote Saaträuber hockten sich kurz auf den Zaun des Geheges und sahen uns mit schief gelegten Köpfen an. Die Sonne ließ ihre tiefroten Federn leuchten und überzog sie mit goldenen Streifen. Die Vögel unterhielten sich zwitschernd, dann flogen sie davon, in die Bäume hinauf. Sie ergriffen die Flucht.
    Genauso, wie auch wir es tun mussten.
    Ich saß da, eine Hand auf Brise und eine auf Kayleen, und wartete.
    Liam kam mit einem langen schlanken Stab zurück. Dann stand er da und hielt ihn unbeholfen in der Hand. Kayleen beugte sich vor und küsste Brise zwischen den Ohren und auf die Nase. Dann rappelte sie sich auf. Ihre Miene strahlte eine unheimliche Ruhe aus. Sie streckte die Hand aus.
    »Ich werde es tun«, sagte Liam.
    Kayleen hielt die Hand ausgestreckt, bis Liam ihr das Gewehr reichte. Völlig ruhig überprüfte sie es, drückte auf einen Knopf und stellte sich dann vor Brise auf. Ihre Hand zitterte nicht. »Ich liebe dich«, flüsterte sie. Dann drückte sie einen anderen Knopf. Das Gewehr ruckte in ihren Händen, dann bildete sich ein sauberes Loch in Brises Stirn. Und das Gebra rührte sich nicht mehr.
    Kayleen ließ das Gewehr neben dem treuen Tier fallen und blickte sich zu Liam um. Ihre Augen wirkten so tot wie die von Brise. »Jetzt bin ich bereit, uns nach Hause zu fliegen.«

TEIL 6
    An Bord der Schöpferin

Kapitel 35
    Friedensschluss

    Schiffsdaten umschwirrten mich. Die Schöpferin sang von Sternen und Leere, von Maschinen und Öl und Arbeit. Ich schwebte in einem Meer aus Fakten und bewegte gelegentlich einen Muskel, um mich daran zu erinnern, dass ich nicht das Schiff war.
    Mehr als anderthalb Jahre war ich allein geflogen.
    Ich versuchte mir Chelos Gesicht ins Gedächtnis zu rufen, aber es war an den Rändern verschwommen. Bis auf die Augen wurde es immer undeutlicher. Sie riefen mich, und in meiner Erinnerung trieb ihr Blick eine Rastlosigkeit an, die sich in meinem Rückgrat staute.
    Chelo verlangte etwas von mir, und ich ballte die Hände zu Fäusten, weil ich wusste, was es war, mich dieser Tatsache aber noch nicht stellen wollte. Doch mittlerweile hatte ich es bereits fünfzehn Monate lang vor mir hergeschoben.
    Jenna hatte meinen Vater, Ming, Dianne und Induan einen Tag nach unserem Aufbruch von Silberheim in den Kälteschlaf versetzt. In der folgenden Woche hatten wir Pläne geschmiedet, so gut es mit den wenigen Informationen ging, über die wir gemeinsam verfügten. Dann hatte Jenna auch Bryan und Alicia in den Kälteschlaf geschickt. Und schließlich sich selbst.
    Ich flog. Ganz allein. Zu Anfang fühlte es sich wunderbar an.
    Jeden Tag hatte ich allein im Trainingsraum geschwitzt und mir erlaubt, an jedem dieser Tage mehrere Stunden lang mit dem Schiff eins zu werden. Die Schöpferin hatte eine sehr gute Bibliothek – typisch Marcus. Jeden Tag recherchierte ich Islas und die Sternensöldner und steuerte die Bibliotheksfunktionen per Sprachbefehl, weil es immer noch besser war, meine eigene Stimme zu hören, als gar keine Stimme zu hören. Mein Schlafrhythmus geriet völlig durcheinander, und einmal war ich über mehrere Tage wach. Ich verlor so viel Gewicht, dass ich Zeitsignale programmierte, die mich daran erinnerten, unbedingt etwas zu essen.
    Wir hatten etwa drei Viertel des Weges nach Fremont zurückgelegt.
    Es würde Zeit.
    Sobald ich die Sequenz aktiviert hatte, die meinen Vater weckte, nahm ich den Datenspeicher in die Hand, den ich in der Neuen Schöpfung gefunden hatte. Dann ging ich noch einmal sein Tagebuch durch und versuchte, den Mann, der aus der Vergangenheit zu mir sprach, und den Mann, dem ich begegnet war, miteinander in Beziehung zu setzen.
    Sie passten nicht zusammen.
    Der jüngere David Lee war viel hoffnungsvoller gewesen, selbst nachdem man auf die ursprünglichen Kolonisten von Fremont gestoßen war. Ihn mochte ich. Doch dann hatte er sich von einer weniger ehrenwerten Persönlichkeit vereinnahmen lassen.
    Was mit ihm geschehen war, konnte ich nur mit der Situation vergleichen, wenn ich gleichzeitig Alicia und Chelo verlieren würde. Dafür könnte ich

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