Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
töten. Ich sollte es nicht tun – Chelo würde es niemals von mir erwarten. Oder meine Mutter. Wenn ich nach der Zärtlichkeit in ihren Zeichnungen ging, vermutete ich, dass sie meinen Vater für seine Entscheidungen verflucht hätte.
    Nachdem er seinen Durst gelöscht und sich ausgeruht hatte, brachte ich ihn in eins der Wohnquartiere, die wir nicht benutzten. Dort gab es zwei Stühle, einen kleinen runden Tisch und ein kleines Waschbecken. Auf dem Boden lag ein weicher Teppich in einem blaugrünen und braunen Muster. Ein handgeschnitzter, stilisierter Baum aus Holz schmückte die einzige freie Wand.
    Ich kam mit zwei Gläsern voll würzigem Col zu ihm und stellte sie auf den Tisch. Der angenehme Duft breitete sich sofort im ganzen Zimmer aus.
    Mein Vater schwieg für lange Zeit, nachdem ich mich gesetzt hatte, bis er fragte: »Warum hast du mich nicht früher geweckt?«
    Als ich nicht antwortete, hakte er nach. »Ein Jahr lang in einem kleinen Raumschiff bei Verstand zu bleiben ist schwierig. Verdammt, schon ein Monat kann hart sein. Der Wind eines langen Fluges hat schon manche in den Wahnsinn getrieben. Warum hast du dir nicht von mir helfen lassen?«
    Ich nahm einen tiefen Atemzug, wappnete mich und sagte es ihm. »Ich weiß nicht, was ich von dir halten soll. Ich habe sehr lange nach dir gesucht, aber jetzt traue ich dir nicht. Nicht nach dem, was du getan hast.«
    Er schwieg eine Weile und beobachtete mich. Die angespannten Muskeln an seinem Hals waren die einzigen Anzeichen einer Gefühlsregung. »Ich weiß nicht, was ich tun werde, falls wir zu spät eintreffen, um es wiedergutzumachen.«
    »Wiedergutmachen? Indem du Chelo rettest? Wie kannst du es wiedergutmachen, dass du Leute losgeschickt hast, die andere Leute töten sollen?«
    Auf meine Frage ließ er erneut ein längeres unbehagliches Schweigen folgen. Als er sprach, klang er erschöpft und gefühllos. »Ich habe versucht, sie zurückzurufen. Gleich nach der Begegnung mit dir. Ich hatte nicht das Geld, um es zu tun, aber ich habe es trotzdem versucht. Ich habe keine Antwort erhalten.«
    Das war keine neue Information. All das hatte er uns bereits erzählt. Ich beugte mich vor und beobachtete ihn. »Kann irgendwer außer dir den Vertrag aufheben?« Nach unserem Abflug war mir in den Sinn gekommen, dass Marcus die fünfzigtausend Krediteinheiten genauso mühelos hätte aufbringen können, wie er uns auf den Weg gebracht hatte. Es ärgerte mich, dass ich ihn nicht danach gefragt hatte, dass ich nicht genau wusste, warum er so entschieden hatte. »Wenn jemand ihnen genug bezahlt, würden sie dann umkehren? Einfach das Geld nehmen und den Auftrag nicht erfüllen?«
    Er schüttelte den Kopf, und zum ersten Mal, seit ich hereingekommen war, wandte er den Blick von mir ab, als wollte er die winzigen Äste der Baumskulptur an der Wand bewundern. »Ich glaube nicht. So steht es nicht im Vertrag, und so arbeiten die nicht.«
    Ich nippte an meinem Col. »Kannst du dich mit ihnen in Verbindung setzen und mit ihnen reden?«
    »Nicht von einem fliegenden Schiff zu einem anderen und nicht über die Entfernung und bei dieser Geschwindigkeit. Das solltest du eigentlich wissen.«
    Ich wusste es nicht. Vielleicht sollte ich irgendwann die Qualifikation erwerben, die die Raumhafenverwaltung von mir haben wollte. Er sah mich an, als würde er von einem tiefen Hunger angetrieben. War er hungrig nach mir? So wie ich mein ganzes Leben lang hungrig nach ihm gewesen war?
    Ich wahrte eine gewisse Distanz zwischen uns. Ich war noch nicht bereit.
    »Warum haben sie also diesen Auftrag übernommen? Islas akzeptiert nur Missionen, die im Einklang mit ihren eigenen Zielen stehen.«
    Er schüttelte den Kopf. So dumm konnte er nicht sein.
    »Was ist mit den Unruhen auf Silberheim?«, bohrte ich weiter. »Islas und Silberheim gehen auf Angriffsposition. Hat das vielleicht etwas damit zu tun? Die Raumhafenverwaltung wollte mich aufhalten, weil sie befürchten, dass es zu einem Zwischenfall kommen könnte, in den Silberheim und Islas verwickelt sind. Also glauben diese Leute nicht, dass es sich nur um einen Rachefeldzug handelt.«
    Bei diesem Wort zuckte er zusammen. Er schluckte, lehnte sich zurück und sah mich eine Weile an. »Ich weiß es nicht. Es war mir egal, als ich den Vertrag abschloss.«
    »Ist es dir auch jetzt noch egal?«
    Er nickte. Seine rauchblauen Augen richteten sich auf mich, und er blinzelte, als würden sich dahinter Tränen sammeln. Doch wenn es so war, hielt er

Weitere Kostenlose Bücher