Das silberne Schiff - [Roman]
konnte.
Kayleen schlug die Hand vor den Mund. »Ghita«, sagte sie. »Ghita hat sich durchgesetzt.«
»Oder sie hat die Nachricht erhalten, auf die sie gewartet hat«, warf Liam leise ein, während Tom zurückwich und hastig in seinen Ohrempfänger sprach. Die anderen bemühten sich, die Hinweise auf die gefährlichen Objekte vor dem Hintergrund der Wolken am Morgenhimmel zu erkennen.
Von der Weggabelung aus konnten wir Artistos nicht sehen. Als Liam und ich den ersten brauchbaren Aussichtspunkt erreicht hatten, war die Dämmerungsmacht schon so groß wie ein Daumen. Sie ging auf den Feldern nieder. Der bösartige gedrungene Umriss überragte die Gebrascheune.
»Wir müssen hinunter!«, sagte ich.
Liam schüttelte den Kopf. »Warte.«
Kayleen holte uns ein. Ihr Gesicht war von der Anstrengung gerötet, mit einem Baby herumzurennen, das jeden Tag fällig sein konnte. Sie warf sich auf die Seite und blickte über die Felskante. »Die Gleiter landen nicht weit vom Schiff.«
Ich kniete mich neben sie und legte eine Hand auf ihren Arm. »Bist du in ihren Netzen?«
Sie schüttelte den Kopf und antwortete mit leichter Verbitterung. »Jetzt würde ich mich nicht mehr darauf verlassen, dass ich etwas Sinnvolles in Erfahrung bringe. Vielleicht sollte ich einfach nur zuhören und euch das Gegenteil sagen.«
»Kayleen«, sagte Liam, »du tust, was du kannst.« Er ging auf der anderen Seite neben ihr in die Knie, beugte sich zu ihr und küsste ihre schweißbedeckte Stirn. »Du hast gesagt, dass du keine absolute Garantie für deine Schlussfolgerungen übernehmen kannst. Was hättest du sonst noch sagen sollen?«
Sie sah ihn nicht an. »Ich weiß es nicht.«
Wir hörten Toms Stimme von oben, der immer noch in seinen Ohrempfänger sprach. Ruth lief neben ihm, schweigend, und irgendwie war ihre bloße Präsenz ein Vorwurf. »… Stile, dass er so viele Leute wie möglich in den Wald bringen soll.«
Wenigstens gab Tom Anweisungen. Dass sie sich in Sicherheit bringen sollten. Das Schlimmste daran war, dass er recht hatte. Ich wollte hinuntergehen und sie dazu bringen, wieder zu verschwinden. Aber wir konnten ein Raumschiff von der Größe der Dämmerungsmacht nicht einfach verjagen. Ich ärgerte mich. Wir hätten die gesamte Stadt räumen lassen sollen. Es war unsere Schuld, dass die Leute mit einem unbegründeten Gefühl der Sicherheit lebten, dass sie glaubten, genügend Zeit zu haben. Es war unsere Schuld, dass Leute in der Stadt zurückgeblieben waren.
Akashi und Hunter stießen als Nächste zu uns. Kayleen stand auf und ging zu Hunter. Sie sah Akashi an. »Ich werde mit Hunter zur Höhle gehen. Ihr geht ohne uns weiter. Ohne uns kommt ihr schneller voran.«
Ohne Hunter, meinte sie. Schließlich war sie lange vor ihm hier gewesen. Falls Hunter sie durchschaute, hatte er den Anstand, nicht darauf einzugehen. »Sie hat recht«, sagte er. »Jetzt seid ihr am Zug.«
Eine Stunde später, nachdem wir dreimal versprochen hatten, nicht näher heranzugehen, standen Liam und ich wieder an der Aussichtskurve. Inzwischen keuchte ich genauso heftig wie Kayleen nach der wesentlich kürzeren Strecke. Das Baby protestierte, wand sich und trampelte gegen meinen Bauch. »Psst, mein Kleines«, flüsterte ich ihm zu. »Tut mir leid. Ich werde dich beschützen.«
Liam warf mir einen verzweifelten Blick zu. »Wenn wir es nur könnten.«
Zum zweiten Mal innerhalb zweier Tage standen wir hoch über Artistos und sahen hilflos mit an, wie Menschen starben, die wir kannten. Unmittelbar nachdem wir entschieden hatten, es nie mehr zuzulassen, nachdem wir den Kampf aufnehmen und selber zu Waffen werden wollten.
Tränen liefen mir übers Gesicht, während ich hilflos zusehen musste. Ich weinte um mein Baby, um all unsere Babys, um unser Volk.
Die Menschen waren nicht die einzigen Opfer. Ich schnappte nach Luft, als einer der Gleiter über die Grasebene davonflog und etwas auf den Hangar warf, in dem die beiden einzigen noch verbliebenen Raumfähren standen, mit denen wir die Weltenreise erreichen konnten. Die Halle explodierte in einem Blitz aus gelbem und rotem Feuer, dann wurden die Farben schnell von schwarzem Rauch überdeckt.
Scheunen und Häuser brannten. Nicht alle und ohne offensichtliches Muster. Liam gab ständig Informationen über seinen Ohrempfänger durch und beschrieb das Chaos.
Die Söldner trieben die Ziegen der Stadt und die wenigen zurückgebliebenen Gebras über eine Klippe. Ich fluchte, als sie in die Tiefe
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