Das silberne Schiff - [Roman]
begleiten«, sagte ich leise.
»Wir müssen dabei sein«, erklärte Liam. »Bei den nächsten Kämpfen werden wir nicht mehr tatenlos zusehen.«
Kayleen trat vor und nahm Hunters Hand. »Du hast gesagt, dass du nie wieder an uns zweifeln würdest.«
Er zeigte auf Kayleens angeschwollenen Bauch. »Was ist mit euren Babys? Zumindest bei dir muss es doch bald so weit sein.«
Sie schluckte, ohne den Blick von ihm abzuwenden. »Sie haben eine bessere Überlebenschance, wenn wir siegen.«
Er brummte. »Ruth wird es nicht gefallen, wenn ihr dabei seid.« Er machte sich auf den Weg. Mehr Zustimmung für unser Vorhaben konnten wir offenbar nicht von ihm erwarten, also liefen wir neben Hunter und bemühten uns, ihm nicht zu zeigen, dass wir uns Sorgen um ihn machten. Seine Schritte waren lang und zielstrebig, aber sein Atem ging rasselnd, und wir machten unterwegs zwei oder drei Ruhepausen, angeblich wegen unserer Schwangerschaft.
Die Weggabelung schien verlassen zu sein, als wir dort ankamen. Wir setzten uns an den Bach und warteten. Wenige Augenblicke später zeigte Kayleen auf Tom, der auf seinem Lieblingsgebra Zuckerweizen angeritten kam.
Ich wünschte mir vielleicht zum fünfzigsten Mal, seit wir in die Höhle gezogen waren, Tiger wiederzusehen, aber die Leute hatten klugerweise entschieden, die Gebras bei den umherziehenden Gruppen zu lassen. Trotzdem wollte ich irgendwie dafür sorgen, dass wir wenigstens ein paar hatten und dass auch Tiger zu uns kam. Das würde Sasha gefallen. Aber wo sollten wir sie unterbringen? Dort, wo wir die Ziegen und Hühner hielten, die die Stadtbewohner hatten mitnehmen wollen? Also an der Stelle, die gar nicht existierte?
Wir würden sie hier draußen halten müssen.
Ich schüttelte den Kopf über meine unsinnigen Ideen und beobachtete Toms Gesicht, als er sich auf Zuckerweizen näherte. Das große, etwas störrische Gebra kannte mich. Sie warf den Kopf hoch und wieherte, als ich ihre Führungsleine übernahm. Tom stieg über die Strickleiter ab und begrüßte mich mit einer innigen Umarmung, bevor er sich den anderen zuwandte. Abgesehen von der Umarmung und dem gequälten Blick seiner Augen wirkte er recht normal – freundlich, jugendlich und rundlich, obwohl er keineswegs dick war. Er lächelte, als er die anderen der Reihe nach begrüßte. Wenn jemand den Verlust seiner Frau verkraften und einfach weitermachen konnte, dann war es Tom. Andererseits hatte er jetzt die Führung übernommen.
Ich runzelte die Stirn. Ich mochte Tom sehr, aber er war die ruhige Hälfte eines dynamischen Teams gewesen. Wie würde er sich ohne Nava durchschlagen?
Hunter ging sofort auf Toms Verlust ein und umschloss seine kräftigen Hände mit seinen dünnen, altersfleckigen Fingern. »Es tut mir unendlich leid. Gibt es irgendetwas, das wir für dich tun können?«
Tom schüttelte blinzelnd den Kopf. Einen Moment lang dachte ich, er würde in Tränen ausbrechen, doch dann richtete er sich wieder auf. »Für Trauer ist jetzt keine Zeit.« Er blickte zum Weg und zeigte auf Ruth und Akashi, die Seite an Seite in unsere Richtung geritten kamen. Ruth war mindestens fünfzehn Zentimeter größer als Akashi, der seinerseits mindestens fünfzehn Zentimeter mehr Körperumfang als Ruth hatte. Davon abgesehen hätten sie Bruder und Schwester sein können. Sie hatten beide dunkles Haar, das bereits mit Grau durchsetzt war. Ruths Haar reichte ihr bis zum schlanken Brustkorb, und Akashis bedeckte kaum seine Ohren.
Ruth funkelte uns mit finsterer Miene an. Sie hatte sich widerstrebend Navas Forderung gefügt, dass wir wenigstens an einigen Besprechungen teilnahmen, aber sie hatte uns niemals begrüßt oder uns eines Blickes gewürdigt, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Womit ich kein Problem hatte. Schließlich war sie eine starke Kämpferin, und Artistos brauchte sie.
Nach einer halben Stunde mit Begrüßungen, Beileidsbekundungen und Fragen setzten wir uns im Schein der aufgehenden Sonne nieder, um zu diskutieren, was wir als Nächstes unternehmen wollten. Wir rechneten die Opfer zusammen und kamen auf dreiundvierzig Tote, plus einen, der wahrscheinlich in den nächsten Tagen sterben würde. Dann verfielen wir in unbehagliches Schweigen. Es war stets Nava gewesen, die die Diskussionen geplant und die anderen zu Entscheidungen angetrieben hatte. Tom wandte betreten den Blick ab. Akashi räusperte sich. »Wir sollten überlegen, wie wir Nava ersetzen wollen. Ich nominiere Paloma.«
Kayleen und ich warfen ihr
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