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Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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gehen.«
    Wir brachen auf. Liam übernahm die Führung, dann kamen Kayleen und Brise, und ich bildete die Nachhut. Ich schwieg, obwohl ich weiterhin nicht mit der Richtung einverstanden war, die wir einschlugen.
    Mit knirschenden Schritten marschierten wir über eine weite felsige Fläche ähnlich wie die, auf der wir mit dem Gleiter gelandet waren. Wir bewegten uns langsam, weil wir uns im schwierigen Gelände sorgfältig den Weg suchen mussten.
    Nach etwa einer halben Stunde stiegen wir in Schlangenlinien aufwärts. Nun bestand der Boden aus Erde und sandigem Lehm. Ohne einen vorgegebenen Pfad gerieten wir ein paarmal in Sackgassen, wenn wir uns durch dichte Vegetation kämpften und wieder umkehren mussten, weil wir an kleinen Steilwänden oder größeren Felsbrocken nicht weiterkamen. Ich beobachtete Brises Ohren und hoffte, dass sie uns vor allem warnte, dem wir nicht begegnen wollten. Sie waren ständig gespitzt und drehten sich. Manchmal wandte mir das Tier den Kopf zu, als wollte es sagen: »Pass auf, dass mir nichts geschieht!«
    Die Gewächse wurden zunehmend größer, je mehr Höhe wir gewannen. Paare aus Zwillingsbäumen umschlangen sich mit ihrer rötlichen Rinde und wuchsen höher als die meisten ihrer Artgenossen auf Jini. Kleine grüne Kreise verbargen sich zwischen den länglichen, spitzen Blättern. Die Früchte hatten noch keine Dornen entwickelt, die sie vor den Vögeln schützten, wenn sie reiften. In den hohen Wipfeln der Zwillingsbäume saßen rot, blau und gelb gefärbte Vögel mit langen Schnäbeln, die uns stumm beobachteten und leise miteinander schnatterten, nachdem wir vorbeigezogen waren.
    Die Zwillingsbäume schienen die einzigen vertrauten größeren Baumarten zu sein. Ich sah keine Zeltbäume oder Samtblätter. Stellenweise ragten unbekannte immergrüne Bäume mit langen Dornen statt Nadeln über uns auf. Ungewöhnlich dichtes Unterholz erschwerte uns immer wieder das Vorankommen. Büsche mit großen Blättern reichten uns bis zu den Köpfen. Lange strickartige Bodendecker mit bösen Stacheln versuchten uns ins Stolpern zu bringen, und zweimal mussten wir anhalten, um Stacheln aus dem dichten Fell knapp über Brises Hufen zu ziehen. Einer der Dornen hinterließ mit der scharfen Spitze eine kleine blutende Wunde.
    Liam lief vor und zurück, wie die Hunde der Vagabunden. Manchmal hob er eine Hand, damit wir still waren, neigte den Kopf und horchte auf die Geräusche des Waldes.
    Er ordnete eine Rast an, als wir gerade eine Lichtung überquert hatten. Ein Bach schlängelte sich mitten hindurch, und eine Gruppe aus großen Steinen erhob sich mitten auf der Freifläche aus dem Boden. Nachdem wir Brise zum Trinken ans Wasser gebracht und sie dann ein Stück zwischen die Steine geführt hatten, wo wir immer noch einen guten Überblick hatten, zog Liam ein Notizbuch aus seinem Rucksack und schrieb seine Beobachtungen auf.
    Kayleen beugte sich zu mir herüber und fragte: »Was tut er da?«
    Liam saß ein kleines Stück entfernt, machte sich hektisch Notizen mit einem Stift und hob gelegentlich den Blick, um sich auf der Lichtung umzuschauen. An diesem Morgen hatte er sich die Zeit genommen, sein Haar zu einem Zopf zu flechten, der nun wie ein weiß-goldener Strick auf seinem Rücken lag und in der Vormittagssonne glänzte.
    Trotz meiner Frustration lächelte ich über den konzentrierten Ausdruck seines Gesichts. »Er notiert sich Fakten, die er beobachtet hat. Er ist durch und durch ein Vagabund.« Ich sah sie mit einem verschwörerischen Grinsen an. »Die Wissenschaft wird jedes Problem lösen.«
    »Heißt das, es geht ihm jetzt besser?«, fragte Kayleen.
    Ich zog meine Wasserflasche hervor und nahm einen langsamen Schluck. »Besser womit?«
    »Dass er … von zuhause fort ist.«
    »Dass er gekidnappt wurde?«, fragte ich in neutralem Tonfall, damit es nicht nach einem Vorwurf, sondern nach einer Feststellung klang. »Wahrscheinlich nicht.«
    »Sieh mich an«, forderte Kayleen mich auf.
    Ich tat es. Sie saß einen Meter von mir entfernt, die langen Beine und die langen Füße untergeschlagen, und das dunkle Haar hing lose und wild um ihre Schultern. Ihre hellblauen Augen bildeten einen starken Kontrast zum gelben Hemd, das sie trug. Ihre Lippen waren zusammengekniffen. Brises Führungsleine lag locker in ihrer Hand, und das Gebra knabberte unter ihr an den Grashalmen, die zwischen den Felsen wuchsen.
    Kayleen blinzelte und sah zu Brise. Sie schwieg eine ganze Weile, bis sie wieder sprach. »Es

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