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Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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flüsterte ich.
    »Wenn wir abwarten und die Augen offenhalten, könnte das uns das Leben retten.« Er verstummte und blickte sich um. Brise stupste Kayleen mit der Nase an. Ich stand allein, schaute mich wie Liam um und versuchte zu sehen, was er sah, versuchte, durch die Augen eines geborenen Vagabunden zu blicken.
    Ein Teppich aus niedrigem hellgrünem Frühlingsgras bedeckte den Talboden. Hier und dort waren Tierspuren zu erkennen. Kleine Büsche und Bäume drängten sich am Flussufer, das etwa zwanzig Meter von uns entfernt war. Der Wald erhob sich hinter uns und auf der gegenüberliegenden Seite des Tals. Ein leichter Wind kam auf, der in den Wipfeln der immergrünen Bäume sang. Zwischen dem Baumbestand am Fluss und dem Wald gab es fast nichts außer Sonnenschein und niedrigem Gras und einem gelegentlichen Felsen. Eine weiße Dampfwolke, die wir vom Grat aus gesehen hatten, stieg ein paar hundert Meter flussabwärts auf.
    Neben mir wurden Liam und Brise völlig still. Liam hob die Hand und zeigte auf etwas. Ich blickte in die Richtung und erkannte eine Bewegung auf der anderen Seite des Flusses. Große Tiere, in einer Gruppe. Ich blinzelte und versuchte, Einzelheiten zu erkennen. Sie hatten eine gewisse Ähnlichkeit mit Gebras, aber die Beine waren viel länger und die Körper kürzer. Auch die Hälse waren länger, sie ragten fast halb so hoch auf wie die Beine, und das Fell war einfarbig und nicht gescheckt und gestreift wie bei den Gebras. Ich sah zwei braune Tiere, ein schwarzes, ein goldenes und ein rotbraunes. Sie bewegten sich mit wankendem Gang, aber irgendetwas daran verriet mir, dass sie schnell laufen konnten.
    »Können wir näher an sie herangehen?«, flüsterte ich. Inzwischen machte ich mir keine Sorgen mehr, wie wir unsere Zeit verbrachten.
    Liam legte die Stirn in Falten und sah uns an. Am längsten verweilte sein Blick bei Brise. Sie würde auf jeden Fall Aufmerksamkeit erregen. »Geh du«, sagte er. »Aber geh schnell, und komm sofort zurück. Und sei vorsichtig! So große Herdentiere deuten auf sehr große Raubtiere hin.«
    Wem sagte er das? Sie mussten groß sein oder in Rudeln jagen. Hier schien alles größer als sonstwo zu sein. »Ich möchte keine Tatzenkatzen sehen, die doppelt so groß sind wie ich. Die es bei uns zuhause gibt, sind mir schon groß genug. Mehr muss nicht sein.« Ich atmete tief durch und war froh, dass er mir genügend vertraute, um mich gehen zu lassen. Trotzdem wurde ich plötzlich nervös. »Bist du dir sicher, dass wir uns trennen sollten?«
    Seine Augen verrieten Unsicherheit, aber er legte mir eine Hand auf die Schulter und drückte sanft. »Es ist Nachmittag. Dämonenhunde jagen zwischen Abend und Morgen, zumindest bei uns. Aber so tun es die meisten Raubtiere. Hauptsache, du überquerst nicht den Fluss. Geh nirgendwohin, wo ich dich nicht mehr sehen kann. Schau dir die Sache aus der Nähe an, und komm bald zurück. Ich passe inzwischen auf Kayleen und Brise auf.«
    Ein zustimmendes Nicken, dann machte ich mich auf den Weg. Ich lief geduckt und bewegte mich so langsam und gleichmäßig wie möglich, um wie ein völlig normaler Teil der Landschaft zu wirken. Das Gras reichte mir nur bis zu den Knöcheln und bot keinerlei Deckung. Aber das bedeutete, dass sich hier auch nichts anderes verstecken konnte. Eidechsen und kleine Säugetiere huschten alle paar Schritte über meinen Weg, aber außer der Herde auf der anderen Seite des Flusses schien es nichts Größeres im Tal zu geben.
    Ich wurde noch langsamer, obwohl ich keinen Moment die Zeit vergaß, aber ich wollte die Tiere nicht erschrecken, bevor ich mich weiter genähert hatte. Ich kam zu den Bäumen am Fluss und erhob mich zu voller Größe, als ich diese dürftige Deckung erreicht hatte. Die Luft war wieder still. Der Fluss war an dieser Stelle etwa sieben Meter breit, doch er war dunkel und tief. Stellenweise blitzten winzige Fische nahe der Oberfläche auf. Die Bäume direkt am Ufer hatten lange strickartige Wurzeln ins Wasser geworfen. Dünne grüne Gräser wuchsen auf den Wurzeln und wehten in der Strömung. Die Bäume auf der anderen Seite versperrten mir die Sicht, also wandte ich mich nach Norden, um die Herde wiederzufinden.
    Eine freie Stelle belohnte mich mit einem großartigen Anblick. Die Tiere hatten sich dem Fluss genähert, vermutlich um zu trinken. Sie waren viel größer als Gebras. Nun war zu erkennen, dass sie mit den Köpfen die Baumwipfel erreichen konnten. Ich hielt den Atem an und

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