Das silberne Schiff - [Roman]
fortgelaufen und so schnell und so weit wie möglich gerannt. Dann habe ich Djuri getötet. Ich habe sogar ein Tatzenkatzenjunges getötet.« Sie schob einen Ärmel hoch und zeigte uns eine lange Narbe am Unterarm. »Seht ihr – es hat mich gekratzt, bevor ich es tötete. Ich hätte auch Klia töten können. Wenn ich lange genug geblieben wäre, hätte ich sie oder jemand anderen getötet.« Ihre Hände zitterten, und in ihren Augen schimmerten unvergossene Tränen.
Ihr Schweigen hielt an. Ich erschauderte, als ich mir vorstellte, wie sie eine Tatzenkatze jagte. Welcher Drang hatte sie getrieben, sich in so große Gefahr zu begeben? Schließlich ging ich einen Schritt auf sie zu und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Sie wandte sich mir nicht zu, wich aber auch nicht zurück, sondern stand einfach nur zitternd da.
Liam beobachtete uns und wirkte unbeholfen und steif. Ich schürzte die Lippen. Konnte er ihren Schmerz nicht sehen? Ich schluckte und wünschte mir, er würde sich entspannen.
Doch er änderte weder seine Haltung noch seinen Blick. Er war mir nahe genug, um zu hören, wie sein Atem schneller ging, als der Kampf seiner Gedanken eskalierte.
Auch Kayleen beobachtete ihn, während sie mit meiner Hand auf ihrer Schulter dastand, immer noch halb von mir abgewandt, so dass ich sie nicht umarmen konnte. Ihre Schulter fühlte sich wie ein Stein an. Ich sprach mit leiser und sanfter Stimme zu ihr. »Hast du es deiner Mutter gesagt? Hast du irgendjemanden um Hilfe gebeten?«
Ihre Unterlippe zitterte, und sie entspannte ihre Hände, um sie locker herabhängen zu lassen. »Paloma ist eine von ihnen . Sie liebt mich und würde mir nichts zuleide tun. Aber sie versteht mich nicht. Sie kann es gar nicht. Ich weiß nicht einmal, ob ihr es könnt, weil ihr keine Windleser seid. Seit ich mich erinnern kann, erlebe ich zum ersten Mal einen ganzen Tag, an dem ich nicht von abertausend Botschaften bestürmt werde. Im Moment spüre ich nur den Grenzalarm und den Gleiter, und das ist so gut wie gar nichts.«
Wir alle standen vor schwierigen Entscheidungen. Irgendein Raubvogel kreischte rechts von uns, und etwas Kleines stieß einen Todesschrei aus, was mich erschreckte. Es musste irgendeinen Kompromiss geben. »Liam?«
Er hörte nicht auf, sie anzustarren. »Was?«
»Wir können sie nicht davon überzeugen, uns zurückzubringen. Also sitzen wir vorläufig hier fest. Dieses Land ist gefährlich. Kayleen kann uns nicht dazu bringen, hier glücklich zu sein, weil wir uns hier nicht wohlfühlen. Kein einfaches Problem.« Ich schluckte. Ich wollte nicht einmal versuchen, mich hier glücklich zu fühlen. »Aber können wir ihr versprechen, ein paar Tage lang hierzubleiben, damit sie sich noch ein wenig beruhigen kann?«
Er wandte sich mir zu, und seine Augen schimmerten hell und hart im Feuerschein. »Erwartest du von mir, mit dieser Lösung zufrieden zu sein?«
»Nein«, antwortete ich sanft, während ich seinen Blick erwiderte.
Kayleen stand schweigend da und wartete. Der Feuerschein spielte auf einer Hälfte ihres Gesichts und ließ ihr dunkles Haar golden leuchten. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und trat dann zurück, um ihm etwas mehr Raum zu geben.
Ich beobachtete ihn. Sein Unterkiefer war angespannt, seine Augen waren immer noch auf mich gerichtet. Ich lächelte und wollte ihm signalisieren, dass es uns mehr Macht gab, wenn wir ihr gegenüber auch nur ein kleines Zugeständnis machten. Er wandte sich ihr zu. »Wir werden eine Stelle suchen, wo wir morgen unser Lager aufschlagen können. Aber ich gebe das Vorhaben nicht auf, den Gleiter zu reparieren, und ich will, dass du mir dabei hilfst.« Er blickte zu mir, und ich sah in seinen Augen, wie schwer ihm dieser Rückzieher fiel. »Ich will hier nicht überwintern.«
Ich nickte und dankte ihm lautlos. Mit den Lippen formte ich die Worte »Ich liebe dich«, so dass nur er es sehen konnte. Ein leichtes Lächeln entspannte seine Mundwinkel für einen Moment, bevor er sich wieder Kayleen zuwandte.
Sie nahm einen tiefen Atemzug und stieß ihn langsam wieder aus. »Danke.«
Wenigstens hatte sie verstanden, was er ihr gegeben hatte. Erneut bellten die Dämonenhunde, immer noch weit entfernt. Brise trötete, und Kayleen drehte sich zu ihr um.
Liam blickte zu den Hügeln, von wo das Gebell der Hunde kam. »Ich meine es ernst. Ich will hier auf keinen Fall überwintern.«
Kayleen nickte und ging dann zu Brise, um das Gesicht im Halsfell des Gebras zu
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