Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
tut mir leid, Chelo. Es tut mir leid, dass ich euch kidnappen musste und dass ihr lieber zuhause wärt.«
    Sie redete so leise, dass Liam sie wahrscheinlich nicht hören konnte, obwohl ich mir nicht sicher war. Er blickte nicht in unsere Richtung und ließ sich auch sonst nichts anmerken. Er arbeitete lieber weiter an seinen Notizen.
    Kayleen sah mich an. »Ich würde es wieder tun, weil … weil ich es tun musste. Das habe ich euch erklärt. Ich musste abhauen, und ich habe euch beide gebraucht. Wirklich. Aber es tut mir trotzdem leid, dass ich es tun musste.« Sie blickte zu Liam. »Wird er mir jemals verzeihen?«
    Bevor ich antworten konnte, schloss er das Notizbuch und stand auf. »Lasst uns weitergehen«, sagte er. »Uns bleiben nur noch ein paar Stunden, bis wir umkehren müssen, falls wir nichts finden.«
    Kayleen sah mich an und schien eine Antwort zu erwarten. Doch ich breitete nur die Hände aus, um anzudeuten, dass ich nicht wusste, wie er entscheiden würde. Sie zögerte, bevor sie sehr leise fragte: »Kannst du mir verzeihen?«
    Statt zu antworten, streckte ich meine Hand aus, um ihre Hand behutsam zu drücken. Sie erwiderte den Druck und ließ dann meine Hand los, um leichtfüßig zu Brise hinunterzuspringen. Zu mehr war ich nicht imstande. Ich konnte nicht ja sagen, aber ich konnte ihr zeigen, dass ich sie allmählich verstand. Zumindest teilweise.
    Kayleen schwieg während der nächsten Stunde, als wir uns langsam einen Grat hinaufarbeiteten, von dem man einen guten Ausblick hatte. Rechts unter uns spiegelte sich das Sonnenlicht auf der silbrigen Haut der Brennenden Leere . Im Süden versperrten Bäume den Blick auf Islandias Zähne, aber im Norden war der Ozean eine dünne blaugrüne Linie am Horizont. Von hier aus war es sogar möglich, die weißen Dampfwolken zu sehen, wo der Feuerfluss sein geschmolzenes Gestein ins Meer ergoss. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es ein weiteres Tal mit einem breiten Fluss, und am Abhang hingen stellenweise Rauchwolken über den Bäumen. »Was ist das?«, fragte ich.
    Liam betrachtete den Rauch mit zusammengekniffenen Augen. »Ich bin mir nicht sicher. In der Nähe des Zornbergs haben wir viele Quellen mit warmem Wasser gefunden, und an manchen Stellen vermischte sich das warme Wasser mit kaltem. Von dort stieg Dampf auf. Vielleicht ist es hier genauso.«
    »Können wir es uns ansehen?«, fragte Kayleen.
    Ich blickte zur Sonne hinauf, die fast genau über unseren Köpfen stand, dann schaute ich wieder auf das friedliche Tal. Dort gab es Wasser und Holz, und warmes Wasser wäre ein kostbarer Luxus. Vor allem, wenn wir hier überwinterten. Ich schluckte. Was wir sicherlich nicht tun würden. Das Tal wurde am anderen Ende breiter. »Ich würde sagen, wir machen einen weiten Bogen, statt auf demselben Weg zurückzugehen. Dann bleibt uns vielleicht genügend Zeit.«
    Liam schien meiner Logik zu folgen. »Das müsste möglich sein. Aber viel wichtiger ist die Frage, warum wir außer einigen Vögeln noch keine größeren Tiere gesehen haben.«
    Ich blickte mich um, während mir klar wurde, dass es eine gute Frage war. »Vielleicht haben wir sie verschreckt.«
    Er runzelte die Stirn. »Vielleicht. Hier muss es Beutetiere geben, und wir sind schon einem Raubtier begegnet.«
    Ich nickte. »Vielleicht sehen wir etwas im Tal.«
    Er kniff die Lippen zusammen. »Ich hoffe nur, dass wir mit dem zurechtkommen, was wir sehen. Lasst uns weitergehen.« Er folgte der sanften Neigung des Grats. Zweimal führte er uns um Haufen aus Felsbrocken herum, die sich am Grat stapelten, und einmal mussten wir einem Gewirr aus umgestürzten Bäumen ausweichen.
    Schließlich wandte sich Liam nach unten und kämpfte sich zwischen Baumstämmen hindurch, die sich gegen den steilen Boden des Abhangs zu lehnen schienen. Unter den Füßen hatten wir weichen Waldhumus, getrocknete Dornennadeln und stellenweise die Knochen größerer Blätter. Wir rutschten bei jedem Schritt einen halben Meter nach unten, und es fühlte sich fast so an, als würden wir nicht gehen, sondern den steilen Berg hinabstürzen. Etwa auf halber Länge des Tals traten wir zwischen den Bäumen hervor. Die Sonne schien uns in die Augen, nachdem sie ungefähr die Hälfte ihres Abstiegs hinter sich gebracht hatte. Liam breitete die Arme aus und gab uns damit zu verstehen, dass wir anhalten sollten. »Pssst!«, sagte er. »Hier geht fast kein Wind. Ich möchte den Talboden eine Weile beobachten.«
    »Wir haben nicht genug Zeit«,

Weitere Kostenlose Bücher