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Das silberne Schiff - [Roman]

Das silberne Schiff - [Roman]

Titel: Das silberne Schiff - [Roman] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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lachte. »Das werden wir auch nicht tun.«
    Wir machten einen großen Bogen um das Loch und hielten uns weiter Richtung Norden.
    Kurz vor dem Ende des Tals wurde der Boden felsiger. Der Fluss war hier schmaler und tiefer und rauschte durch eine flache Schlucht. Die Bäume, die sich an den Fluss drängten, ragten hoch über uns auf. Die Sträucher waren mit längeren Dornen bewehrt, so dass wir langsamer vorankamen.
    »Sollten wir jetzt umkehren?«, fragte ich.
    Liam, der genau vor mir lief, hielt an und drehte sich um. »Nein. Hörst du das?«
    Ich spitzte die Ohren. Ein leises Rauschen kam von den Bäumen über und vor uns. »Ein Wasserfall«, sagte ich.
    Liam grinste. »Ich wette, der Anblick lohnt sich.«
    Das Rauschen machte auch mich neugierig, und ich bewegte mich schneller. Wir kletterten einen schmalen Pfad zwischen großen Felsbrocken hinauf, zuerst Liam, dann Kayleen und Brise, dann ich. Bald übertönte das Wasser alle anderen Geräusche, so dass ich das Tapsen von Brises Füßen und meinen eigenen Atem nicht mehr hörte. Die Luft fühlte sich feucht an, und winzige Wassertröpfchen sammelten sich an meinen Haarspitzen und funkelten im Sonnenschein.
    Auf dem höchsten Felsblock drehte Liam sich um und grinste. Wir alle kraxelten hinauf und standen dann auf einer leicht feuchten und etwas rutschigen, aber zum Glück ebenen grauen Felsfläche. Vor und über uns donnerte der Fluss über einen Steilhang und stürzte hundert Meter in die Tiefe, um sich in einem Teich unter uns zu sammeln. Auf der anderen Seite graste die Herde der großen Pflanzenfresser, die ich am Vortag gesehen hatte, auf einer Lichtung.
    Ich atmete langsam aus und nahm die Schönheit des Wasserfalls und der Tiere in mich auf. Reben mit roten Blüten zogen sich auf der anderen Seite die Steilwand hinab wie ein zweiter Wasserfall aus Blumen. Das üppige Grün der Frühlingsvegetation hatte sich bis in die letzten Winkel ausgebreitet. Es war ein eigenes Tal innerhalb des Tals, nur ein paar hundert Meter lang und fast genauso breit.
    Liam blickte sich mit funkelnden Augen zu Kayleen um. Er zeigte auf die große Lichtung, wo die Herde graste. »Sie finden, dass es hier verhältnismäßig sicher ist.«
    Kayleens Gesicht strahlte. »Dann haben wir vielleicht ein Zuhause gefunden.«
    Liam sah sie mit geschürzten Lippen an. »Ein vorübergehendes Zuhause. Du wirst uns zurückbringen. Rechtzeitig zum Herbstbesuch der Vagabunden in der Stadt.«
    Sie schaute blinzelnd zu ihm auf. »Falls wir den Gleiter freibekommen.«
    »Sobald wir den Gleiter freibekommen haben.« Er blickte wieder auf den Wasserfall und das geheime Tal, und auch seine Augen leuchteten. »Es ist zweifellos wunderschön.«
    Vielleicht war es das, was die drei Monde uns versprochen hatten. Trotzdem zitterte ich innerlich, als ich mich an die Goldkatze, die Dämonenhunde und die schlaflose Nacht im Regen erinnerte. Wir drei waren klein und verletzlich gegenüber all diesen Dingen – auch gegenüber dem Wasserfall, der vor uns rauschte.

TEIL 2
    Joseph kehrt heim

Kapitel 11
    Die Toten erwachen

    Metallische Luft brannte in meiner Nase. Schmerz, der mich von einem sehr weit entfernten Ort zurückholte, zu dem meine Erinnerung keinen Zugang hatte. Ich versuchte meinen Namen auszusprechen – Joseph –, aber mein Mund wollte sich nicht bewegen. Ich konnte ihn nicht einmal spüren, geschweige denn, ihn benutzen. Ich spürte meinen rechten kleinen Zeh. Nur meinen rechten kleinen Zeh. Er kribbelte. Ich streckte ihn aus und wollte damit irgendetwas berühren. Er bewegte sich, war aber von leerem Raum umgeben. Meine Ferse lag auf dem harten Bett unter mir. Feuchtigkeit erfüllte meinen Zeh, den Fußrücken, meinen Knöchel, eine langsam pulsierende Welle aus gesegnetem Wasser, das mich von innen mit Leben erfüllte. Ich keuchte. Unwillkürlich verkrampfte sich mein Brustkorb.
    Ich war … dies war … die Neue Schöpfung . Mein Wiedererwachen.
    Wasser kroch in meine Finger und füllte allmählich die ganzen Hände aus. Die Trockenheit meiner Augen, meiner Nase und meines Mundes verrieten mir, wie sehr meine Zellen durch den Frost dehydriert waren. Meine Augen waren verklebt. Ich versuchte sie zu öffnen, schaffte es aber nicht.
    Erinnerungen kehrten zurück. Ich hatte Jenna ausgetrickst, bevor ich eingeschlafen war. Ich hatte auf die Systeme des Schiffs zugegriffen und den Zeitpunkt geändert, zu dem die Med-Roboter mich wecken sollten. Jetzt müsste ich drei Tage ganz allein für mich

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