Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
Fälscher sitzt und darauf wartet, dass dieser die neuen Dokumente anfertigt?»
    «Also das ist ja wohl …!» Marysa schnappte nach Luft. «Wie könnt Ihr so etwas nur sagen?»
    «Wolter, ich bitte dich», sagte van Eupen, bemüht, beide Seiten zu beruhigen. «Wir haben keinen Grund anzunehmen, dass der Schreinemaker oder Frau Marysa einen derart dreisten Betrug vorhaben. Außerdem handelt es sich bei dem Boten um einen Mann des Marienstifts, nicht wahr?»
    «So ist es», bestätigte van Oenne. «Er ist über jeden Verdacht erhaben. Also haltet Euch gefälligst bedeckt, Meister Volmer. Nur weil es Euch nicht passt, dass das Schöffenkolleg mit dem Stiftsgericht zusammenarbeiten muss, solltet Ihr Euch nicht dazu verleiten lassen, voreilige Schlüsse zu ziehen.»
    «Von wegen! Das sind keine voreiligen Schlüsse, sondern Vermutungen, die sich auf beschworene Zeugenaussagen stützen», rief Volmer aufgebracht. «Ihr werdet schon sehen, dass ich recht habe. Ich werde jedenfalls alles dafür tun, dass der Prozess in der kommenden Woche beginnt.»
***
    Als die Schöffen und der Domherr wieder gegangen waren, hatte sich Marysa erschöpft und bedrückt in ihr Kontor zurückgezogen. Zuerst hatte sie Jaromir zu ihren Eltern schicken wollen, sich jedoch dagegen entschieden. Die beiden würden noch früh genug von den neuesten Entwicklungen erfahren. Je länger Marysa darüber nachdachte, desto mehr Einzelheiten fielen ihr ein, die den Verdacht gegen Heyn zu bestätigen schienen. Was um alles in der Welt hatte er sich dabei gedacht, die silbernen Pilgerabzeichen gegen gefälschte auszutauschen? Hatte er Geld benötigt? Falls ja – wozu? Sie hatte den ruhigen Altgesellen immer gemocht und konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass er ein Dieb sein sollte, geschweige denn Schlimmeres. Sie kannte ihn als tüchtigen, gutmütigen Mann, der gerne ins Wirtshaus ging und ansonsten mit seinem Gesellenleben durchaus zufrieden schien. Zumindest hatte sie nie einen besonderen Ehrgeiz bei ihm wahrgenommen. Er war bereits einige Jahre jenseits der vierzig, in seiner Jugend sicherlich recht ansehnlich gewesen. Noch heute besaß er ein angenehmes Äußeres, obgleich sein Haar mittlerweile ergraut war und sich um seine Augen zahlreiche Fältchen gebildet hatten, die auf sein frohes Gemüt schließen ließen.
    Was also trieb einen solch harmlosen Menschen dazu, Pilgerabzeichen zu stehlen und sowohl seine Meisterin als auch das Marienstift zu betrügen?
    Nachdenklich erhob sich Marysa von ihrem Stuhl und begab sich ins Obergeschoss. Sie fühlte sich unwohl dabei, doch es gab keine andere Möglichkeit. Leise öffnete sie die Tür zu Heyns und Leynhards Kammer, trat ein und blickte sich neugierig um. Keiner der beiden Männer schien besonders ordentlich zu sein. Die Decken auf den Betten waren nur flüchtig glatt gestrichen. Kleider lagen überall herum, auch auf dem Boden. Ein Hemd hing an dem Wandhaken neben der Tür, der eigentlich für Mäntel vorgesehen war. In der leeren Waschschüssel auf dem kleinen Tisch unter dem Fenster lag ein zerknülltes Leinentuch, ein weiteres unter dem Tisch. Der Wasserkrug war fast leer.
    Zögernd wandte sich Marysa Heyns Bett zu, hob Decke und Kissen an, dann schüttelte sie über sich selbst den Kopf. Sie packte die Strohmatratze und wuchtete sie hoch. Insgeheim erleichtert, stellte sie fest, dass sich darunter nichts befand als eine alte Brouch, die sie mit spitzen Fingern aufnahm und zu Boden fallen ließ. Ratlos sah sie sich in dem kleinen Raum um und öffnete schließlich eine der beiden Kleidertruhen. Sie enthielt ein Paar guter Sonntagsschuhe, eine saubere Hose und einige weitere Kleidungsstücke. Zuunterst fand sie einen keinen Beutel mit Kupfermünzen – Heyns Erspartes.
    Noch einmal ließ Marysa ihren Blick durch die Kammer gleiten. Nichts ließ darauf schließen, dass ihr Altgeselle unlautere Machenschaften betrieb. Kurz kam ihr der Gedanke, dass er vielleicht etwas zwischen Leynhards Sachen versteckt haben könnte. Sie verwarf ihn jedoch gleich wieder. Das wäre Leynhard sicherlich aufgefallen. Marysa seufzte und dachte bei sich, dass sie das in letzter Zeit viel zu oft tat. Niedergeschlagen verließ sie die Kammer, blieb stehen, fluchte und machte auf dem Absatz kehrt.
    Energisch hob sie nun auch Leynhards Matratze hoch, unter der sich jedoch ebenfalls nichts befand. Sie untersuchte Kissen und Decke, legte beides ordentlich zusammen und kramte dann in seiner Kleidertruhe herum. Ihr

Weitere Kostenlose Bücher