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Das silberne Zeichen (German Edition)

Das silberne Zeichen (German Edition)

Titel: Das silberne Zeichen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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leer. Vielleicht ist sie nach draußen zum Abtritt.»
    «Dort war ich gerade.» Besorgt sah Balbina sich um. «Wo kann denn die Herrin hingegangen sein? Sie muss das Haus ganz früh verlassen haben.»
    In diesem Moment kam Grimold dazu. «Was ist denn nun?», wollte er wissen. «Der Domherr ist schon ganz ungeduldig. Er wünscht Frau Marysa sofort zu sprechen.»
    Balbina kratzte sich am Kopf. «Die Herrin ist nicht im Haus, Grimold. Sie muss ausgegangen sein.»
    «Was, so früh am Morgen und ganz allein?» Verblüfft starrte der alte Knecht die Köchin an.
    Besorgt nickte Balbina. «Ich glaube, es wäre besser, wenn wir den Domherrn hereinbitten.»
***
    «Frau Marysa ist verschwunden?» Rochus van Oenne blickte aufgebracht und voller Sorge das Gesinde an – einen nach dem anderen –, dann wandte er sich kurz Leynhard zu, der eben die Treppe heruntergekommen und in die Werkstatt getreten war. «Wann habt ihr sie zuletzt gesehen? Weiß jemand, ob sie heute Morgen jemanden treffen wollte?»
    Niemand antwortete darauf, alle sahen einander nur mit betretenen Mienen an.
    «Vielleicht ist sie nur zu ihren Eltern», schlug Jaromir vor.
    «Ohne jemandem Bescheid zu geben?» Der Domherr blieb skeptisch.
    «Geruscha ist auch nicht da. Vielleicht hat die Herrin sie mitgenommen.»
    «Stimmt!», rief Imela. «Ich hab mich schon gewundert, wo sie steckt. Dachte, sie wäre einfach nur früher als ich aufgestanden.»
    «Also gut.» Van Oenne deutete auf Jaromir. «Lauf zum Haus von Frau Marysas Eltern und frag nach, ob sie sich dort aufhält. Ich werde hier warten, bis du zurück bist.» Er wandte sich an Milo. «Du läufst zum Stift und holst mir Bruder Weiland her. Ihr anderen», er blickte Grimold, Balbina und Imela streng an, «geht zurück an eure Arbeit.»
    Leynhard räusperte sich. «Das werde ich wohl am besten auch tun. Ich muss noch ein Reliquiar fertig machen und nachher beim St. Adalbertstift ausliefern.» Er zögerte. «Frau Marysa ist nichts passiert, oder?»
    «Ich hoffe nicht», antwortete van Oenne, doch die Sorge war seiner Stimme deutlich anzuhören. «Mach dir keine Gedanken. Vielleicht ist sie schon bald wieder zurück und alles ganz harmlos.»
    Leynhard nickte nur, ging an seinen Arbeitsplatz. «Harmlos, dass ich nicht lache», murmelte er so leise, dass van Oenne ihn kaum verstand. Der Domherr sah dem Gesellen irritiert nach, beobachtete, wie er sich über einen kleinen Holzschrein beugte und ihn mit einem winzigen, spitzen Werkzeug zu bearbeiten begann. Leynhard wirkte verschlossen, um seinen Mund lag ein eherner Zug. Van Oenne erinnerte sich, dass Marysas Geselle ihr angeblich zur gleichen Zeit einen Heiratsantrag gemacht hatte wie Gort Bart – damals im Herbst. Zumindest behaupteten dies seine zuverlässigen Quellen. Obgleich sie den Antrag abgelehnt hatte, war er in ihrem Dienst geblieben. Eine treue Seele, stellte van Oenne fest. Oder entsprang Leynhards Loyalität doch eher einem guten Maß an Eigennutz? Eine bessere Anstellung würde der Geselle wohl in ganz Aachen nicht finden. Wenn er schon nicht den Meistertitel durch eine Eheschließung mit Marysa erwerben konnte, wollte er vielleicht sein Ansehen über den guten Leumund der Werkstatt steigern. Marysa hielt große Stücke auf ihn, hatte seine Kunstfertigkeit schon oft gelobt. Jetzt, da Heyn Meuss tot war, trat Leynhard an seine Stelle und stieg damit in der Hierarchie der Werkstatt auf. Fragte sich nur, wie er damit zurechtkam, wenn der neue Meister das Heft in die Hand nahm. Der Mann, der ihn nicht nur mit seinen Fähigkeiten übertrumpfte, sondern ihm darüber hinaus auch die Frau abspenstig gemacht hatte.
    Der Domherr seufzte und begab sich in Marysas Stube. Es war müßig, sich solche Gedanken zu machen. Viel wichtiger war es jetzt, in Erfahrung zu bringen, wohin Marysa gegangen war. Die Sorge ihres Gesindes war geradezu greifbar. Und auch er selbst, so gestand sich van Oenne ein, hatte kein gutes Gefühl bei der Sache. Jacobus hatte recht. Etwas Bedrohliches lag in der Luft.

33. KAPITEL
    Christoph saß, die zerschlissene Decke um seine Schultern gezogen, auf seiner Grasmatte und hatte wieder einmal den Kopf gegen die kalte, unebene Steinwand gelehnt. Die Augen hielt er geschlossen, vor sich sah er Marysas Antlitz – ihre sanften Züge, wenn sie die Laute schlug und dabei ein Lied sang. Unwillkürlich begann er, die Melodie jenes Frühlingsliedes zu summen, welches Marysa in ihrer Laube gesungen hatte, als er ihr das erste Mal begegnet

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