Das Silmarillion
Es traf sich, dass Túrin zur selben Zeit fort war, und die Banditen ergriffen Beleg, fesselten und quälten ihn, denn sie fürchteten ihn als einen Späher des Königs von Doriath. Als aber Túrin zurückkam und sah, was geschehen war, regte sich ihm das Gewissen wegen all ihrer bösen und gesetzlosen Taten; er ließ Beleg frei, und sie erneuerten ihre Freundschaft, und Túrin schwor, niemanden mehr mit Krieg und Raub zu überziehen, bis auf die Diener von Angband.
Nun berichtete Beleg Túrin, dass König Thingol ihm verziehen habe, und mit allen Mitteln wollte er ihn überreden, dass er mit ihm nach Doriath heimkehre; an den Nordgrenzen des Reiches, so sagte er, seien Túrins Kraft und Kühnheit sehr willkommen. »Seit kurzem haben die Orks einen Weg von Taur-nu-Fuin herab gefunden«, sagte er; »sie haben eine Straße durch den Pass von Anach gelegt.«
»Ich kann mich nicht erinnern«, sagte Túrin.
»So weit sind wir nie von unsern Grenzen abgewichen«, sagte Beleg. »Doch hast du die Gipfel der Crissaegrim in der Ferne gesehen und nach Osten zu die dunklen Wände des Gorgoroth. Dazwischen liegt der Anach, über den hohen Quellen des Mindeb, ein mühseliger und gefahrvollerWeg, doch steigen viele jetzt dort herab, und Dimbar, einst ein friedliches Land, fällt unter die Schwarze Hand, und die Menschen von Brethil sind in Sorge. Dort braucht man uns.«
Doch in dem Stolz seines Herzens weigerte sich Túrin, die Verzeihung des Königs anzunehmen, und Belegs Worte fruchteten nichts und vermochten nicht seinen Sinn zu ändern. Und seinerseits drängte er nun Beleg, mit ihm in den Landen westlich des Sirion zu bleiben; das aber mochte Beleg nicht, und er sagte: »Hartnäckig bist du, Túrin, und störrisch. Ich muss also wählen. Wenn du den Langbogen neben dir wissen willst, so such mich in Dimbar, denn dorthin will ich zurückkehren.«
Am nächsten Tag brach Beleg auf, und Túrin ging einen Bogenschuss weit vom Lager mit ihm, doch sagte er nichts. »Ist dies nun der Abschied, Sohn Húrins?«, sagte Beleg. Da sah Túrin nach Westen und erblickte in der Ferne den hohen Gipfel des Amon Rûdh; und ohne zu wissen, was vor ihm lag, gab er zur Antwort: »Such mich in Dimbar, hast du gesagt. Doch ich sage, such mich auf dem Amon Rûdh! Wenn anders, dann ist dies unser letzter Abschied.« So trennten sie sich, traurig, doch in Freundschaft.
Beleg kehrte nun zu den Tausend Grotten zurück, und als er vor Thingol und Melian erschien, erzählte er ihnen alles, was geschehen war, nur nicht, wie übel ihn Túrins Gefährten behandelt hatten. Da seufzte Thingol und sagte: »Was könnte Túrin noch mehr von mir verlangen?«
»Gib mir Urlaub, Herr«, sagte Beleg, »und ich werde ihn behüten und lenken, so gut ich es vermag; dann soll kein Mensch sagen können, dass Elben allzu leicht ihr Wort gäben. Auch möchte ich ein so hohes Gut nicht in der Wildnis vergeudet sehen.«
Da gab Thingol ihm Urlaub, zu tun, wie ihm beliebte, und er sagte: »Beleg Cúthalion! Durch viele Taten schon hast du meinen Dank verdient, doch nicht die geringste ist es, dass du meinen Pflegesohn gefunden. Bevor du jetzt scheidest, erbitte eine Gabe, und ich werde sie dir nicht abschlagen!«
»Dann bitte ich um ein Schwert von Rang«, sagte Beleg; »denn für den Bogen allein kommen die Orks nun zu zahlreich und zu nahe, und meine Klinge ist ihren Panzern nicht gewachsen.«
»So wähle eines unter allen, die ich besitze«, sagte Thingol, »nur nicht Aranrúth, mein eignes.«
Dann wählte Beleg Anglachel; und dies war ein Schwert von hohem Rang und trug seinen Namen, weil es aus Eisen geschmiedet war, das als glühender Stern vom Himmel gefallen war; und es spaltete alles Eisen, das aus der Erde kam. Nur noch ein anderes Schwert in Mittelerde war ihm gleich, und das kommt in dieser Geschichte nicht vor, obwohl es von demselben Schmied und aus demselben Erz gefertigt wurde; und dieser Schmied war Eol, der Dunkelelb, der Aredhel, Turgons Schwester, zum Weib genommen hatte. Anglachel hatte er widerwillig Thingol als Steuer überlassen, für das Recht, in Nan Elmoth zu wohnen; das Schwesterschwert Anguirel aber behielt er, bis es ihm von Maeglin, seinem Sohne, gestohlen wurde.
Doch als Thingol das Heft von Anglachel Beleg hinstreckte, blickte Melian auf die Klinge und sagte: »Tücke ist in diesem Schwert. Das dunkle Herz seines Schmiedes wohnt noch darinnen. Es wird die Hand nicht lieben, der es dient; noch wird es lange bei dir bleiben.«
»Dennoch
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