Das Silmarillion
übrig, und lange Jahre hindurch hatte die Welt vor ihnen Ruhe. Und die wenigen, die aus den Drei Häusern der Elbenfreunde noch lebten, die Väter der Menschen, kämpften auf Seiten der Valar; und in jenen Tagen wurden Baragund und Barahir gerächt, Galdor und Gundor, Huor und Húrin und viele andere ihrer Edlen. Ein großer Teil der Menschensöhne aber, ob vom Stamme Uldors oder aus andren, neu aus dem Osten gekommenen Völkern, stand in den Reihen des Feindes; und die Elben vergessen dies nicht.
Als Morgoth nun sah, wie seine Heere überwältigt und versprengt wurden, da zitterte er und wagte sich nicht selber hervor. Doch ließ er den letzten verzweifelten Ansturm, den er vorbereitet hatte, auf seine Feinde los, und aus den Grüften von Angband stiegen die geflügelten Drachen auf, die man noch nie zuvor gesehen hatte; und so überraschend und vernichtend war der Angriff dieser entsetzlichen Flotte, dass das Heer der Valar zurückgeschlagen wurde, denn die Drachen kamen mit Donner und Blitz und einem Sturm von Feuer.
Doch Earendil zog herauf, leuchtend mit weißer Flamme, und um Vingilot hatten sich all die großen Vögel des Himmels geschart, Thorondor an der Spitze, und es gab eine Schlacht in den Lüften, den ganzen Tag lang und eine dunkle Nacht voller Ungewissheit. Vor Sonnenaufgang erschlug Earendil Ancalagon den Schwarzen, den Gewaltigsten des Drachenheeres, und stieß ihn vom Himmel herab; und die Türme von Thangorodrim zerbrachen, als er auf sie herniederstürzte. Dann ging die Sonne auf, und das Heer der Valar errang den Sieg, und fast alle Drachen wurden vernichtet. Und alle Höhlen Morgoths wurden zertrümmert und abgedeckt, und das Heer der Valar stieg in die Tiefen der Erde hinab. Dort endlich musste Morgoth sich stellen, doch ohne Mut. Er floh in den tiefsten seiner Stollen und bat um Gnade und Frieden; aber die Füße wurden ihm unterm Leib abgehauen, und mit dem Gesicht wurde er zu Boden geschleudert. Dann wurde er mit der Kette Angainor gebunden, die er schon einmal getragen, und aus der Eisenkrone wurde ihm ein Halseisen geschmiedet, und der Kopf wurde ihm auf die Knie gebogen. Und die zwei Silmaril, die Morgoth noch besaß, wurden aus seiner Krone genommen, und sie leuchteten unbefleckt unter dem Himmel; und Eonwe nahm sie und ließ sie bewachen.
So hatte die Macht Angbands im Norden ein Ende, und das Unheilsreich war zunichte geworden; und aus den tiefen Kerkern kamen viele Sklaven heraus, die ohne alle Hoffnung gewesen waren, das Tageslicht wiederzusehen. Und sie sahen eine Welt, die verändert war. Denn so heiß tobte die Schlacht dieser Feinde, dass die nördlichen Gegenden der westlichen Welt zerrissen wurden und das Meer durch viele Spalten hereinbrach; und es herrschten Verwirrung und großer Lärm, und Flüsse versiegten oder suchten sich einenneuen Lauf, und Täler wurden gehoben und Berge niedergetreten, und der Sirion war nicht mehr.
Dann rief Eonwe als Herold des Ältesten Königs die Elben von Beleriand auf, aus Mittelerde fortzugehen. Maedhros und Maglor aber wollten nicht hören und schickten sich an, wenn auch müde nun und widerstrebend, in Verzweiflung ihren Eid zu erfüllen; denn um die Silmaril, wenn man sie ihnen verweigerte, hätten sie selbst gegen das siegreiche Heer von Valinor gekämpft, obgleich sie allein standen gegen alle Welt. Und so sandten sie Botschaft zu Eonwe, ihn auffordernd, nun jene Steine herauszugeben, die einst ihr Vater Feanor gemacht und die Morgoth ihm gestohlen hatte.
Doch Eonwe antwortete, das Recht auf das Werk ihres Vaters, welches die Söhne Feanors vormals besessen, sei zunichte geworden durch die vielen gnadenlosen Taten, die sie, von ihrem Eid verblendet, begangen hätten, vor allem durch die Ermordung Diors und den Angriff auf die Häfen am Sirion. Das Licht der Silmaril solle nun in den Westen heimkehren, von wo es zu Anfang gekommen; und nach Valinor müssten Maedhros und Maglor kommen und sich dem Urteil der Valar unterwerfen, auf deren Geheiß allein Eonwe die Steine aus seiner Obhut hergeben werde. Da wollte Maglor sich fügen, denn sein Herz war voller Leid, und er sprach: »Der Eid sagt nicht, dass wir nicht unsere Zeit abwarten dürften, und es mag sein, dass in Valinor alles vergeben und vergessen wird und wir in Frieden zu unserem Rechte kommen.«
Maedhros aber antwortete, wenn sie nach Aman zurückkehrten, dort aber die Gunst der Valar ihnen verweigert würde, so gelte ihr Eid immer noch, nur läge seine Erfüllung dann
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