Das Silmarillion
Schiffen her. Und so kam es zu dem letzten und grausamsten Morden zwischen Elben und Elben; und es war dies die dritte der großen Untaten, welche der verfluchte Eid wirkte.
Denn Feanors Söhne griffen die Flüchtlinge aus Gondolin und die Überlebenden von Doriath überraschend an und vernichteten sie. In dieser Schlacht standen manche ihrerLeute beiseite, und einige wenige meuterten und fielen auf der Gegenseite, als sie Elwing gegen ihre eigenen Fürsten zu Hilfe kamen (denn so groß waren in jenen Tagen das Leid und die Verwirrung in den Herzen der Eldar); doch Maedhros und Maglor trugen den Sieg davon, wenn auch von Feanors Söhnen nur sie allein am Leben blieben, denn Amrod und Amras wurden erschlagen. Zu spät eilten die Schiffe Círdans und Gil-galads, des Hohen Königs, den Elben vom Sirion zu Hilfe; und Elwing war fort und ebenso ihre Söhne. Nun schlossen die wenigen, die bei dem Angriff nicht umgekommen waren, sich Gil-galad an und fuhren mit ihm nach Balar; und sie erzählten, dass Elros und Elrond gefangen seien, während sich Elwing, den Silmaril auf der Brust, ins Meer gestürzt habe.
So erlangten Maedhros und Maglor den Silmaril nicht, doch ging er auch nicht verloren. Denn Ulmo rettete Elwing aus den Wellen und gab ihr die Gestalt eines großen weißen Vogels; und auf ihrer Brust schien wie ein Stern der Silmaril, als sie übers Wasser flog, um Earendil, ihren Geliebten, zu suchen. Eines Nachts, als Earendil am Steuer seines Schiffes stand, sah er sie kommen, wie eine weiße Wolke, über die Maßen schnell vor dem Mond heraufziehend, wie ein Stern in seltsamer Bahn über den See, eine helle Flamme auf Sturmesflügeln. Und es heißt im Liede, aus der Luft sei sie auf die Planken von Vingilot herabgestürzt, ohnmächtig und dem Tode nahe, in solcher Eile war sie geflogen, und Earendil barg sie an seiner Brust; am Morgen aber erkannte er staunend sein Weib neben sich, in vertrauter Gestalt, mit den Haaren über seinem Gesicht, und sie schlief.
Groß war Earendils und Elwings Schmerz um die Vernichtung der Häfen am Sirion und den Verlust ihrer Söhne, denn sie fürchteten, die seien getötet worden; doch so war esnicht. Denn Maglor erbarmte sich Elros’ und Elronds und hielt sie in Ehren; und Neigung wuchs hernach zwischen ihnen, so wenig man es glauben mag; Maglors Herz aber war wund und müd von der Bürde des entsetzlichen Eides.
Earendil aber sah nun keine Hoffnung mehr in den Landen von Mittelerde, und verzweifelt kehrte er von neuem um und kam nicht heim, sondern versuchte abermals, Valinor zu finden, Elwing an seiner Seite. Er stand nun meist am Bug von Vingilot, und der Silmaril war an seine Stirn gebunden, und sein Licht wurde immer heller, je weiter sie nach Westen kamen. Und die Weisen haben gesagt, der Kraft des heiligen Steines sei es zu danken gewesen, dass sie mit der Zeit in Gewässer kamen, die keine Schiffe außer denen der Teleri je befahren hatten; und sie kamen zu den Verwunschenen Inseln und entgingen dem Zauber, und sie kamen ins Schattenmeer und durchquerten die Schatten, und sie sahen Tol Eressea, die Einsame Insel, und verweilten nicht; und zuletzt warfen sie Anker in der Bucht von Eldamar, und die Teleri sahen das Schiff aus dem Osten kommen und starrten verwundert von fern in das Licht des Silmaril, und es war sehr hell. Dann betrat Earendil als erster lebender Mensch die Küste der Unsterblichen; und dort sprach er zu Elwing und jenen, die bei ihm waren. Dies waren drei Seeleute, die alle Meere mit ihm befahren hatten: Falathar, Erellont und Aerandir hießen sie mit Namen. Und Earendil sagte zu ihnen: »Keiner außer mir setze hier den Fuß an Land, damit nicht auch auf euch der Zorn der Valar falle. Diese Gefahr will ich auf mich allein nehmen, den Zwei Geschlechtern zuliebe.«
Elwing aber antwortete: »Dann würden unsere Wege für immer geschieden; doch will ich alle deine Gefahren auch auf mich nehmen.« Und sie sprang in die weiße Gischt undrannte auf ihn zu; Earendil aber war in Sorge, denn er fürchtete, dass jeden aus Mittelerde der Zorn der Valar treffe, der es wagte, den Gürtel um Aman zu durchschreiten. Und dort sagten sie ihren Reisegefährten Lebwohl und wurden für immer von ihnen getrennt.
Dann sagte Earendil zu Elwing: »Warte hier auf mich, denn nur einer darf die Botschaft bringen, die zu bringen mein Schicksal ist.« Und er ging allein ins Land hinauf und kam in den Calacirya, und dort schien es ihm leer und still zu sein; wie nämlich vorzeiten
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