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Das Silmarillion

Das Silmarillion

Titel: Das Silmarillion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. R. R. Tolkien , Christopher Tolkien
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ein Jahr oder für immer. Doch lass nicht bekannt werden, dass du viele Männer mitzunehmen gedenkst, denn das wird ihn ärgern, weil er für den Krieg, den er jetzt plant, aller Kräfte bedürfen wird, die er aufbieten kann. Wähle diejenigen Getreuen aus, von denen du weißt, dass sie noch immer treu sind. Diese sollen sich dir insgeheim anschließen, wenn sie bereit sind, mit dir zu gehen und dein Vorhaben zu teilen.«
    »Und welch ein Vorhaben soll dies sein?«, sagte Elendil.
    »Sich in den Krieg nicht einzumischen und zu warten«, antwortete Amandil. »Bevor ich nicht zurückgekehrt bin, kann ich mehr nicht sagen. Doch ist wahrscheinlich, dass du aus dem Land des Sterns wirst fliehen müssen, ohne dass ein Stern dich leitet; denn dies Land ist verflucht. Dann wirst du alles verlieren, was du geliebt, und den Vorgeschmack des Todes im Leben noch kennenlernen, Zuflucht in einem anderen Land suchend. Ob aber im Osten oder im Westen, das wissen nur die Valar.«
    Dann sagte Amandil all den Seinen Lebwohl, wie einer, der zu sterben erwartet. »Denn«, sagte er, »es mag wohl so kommen, dass ihr mich nie mehr seht und dass ich euch kein Zeichen zu geben vermag wie einst Earendil. Doch haltet euch bereit, denn das Ende der Welt, die wir kennen, ist nahe.«
    Es heißt, des Abends sei Amandil auf einem kleinen Schiff in See gestochen und zuerst ostwärts gefahren; dannaber bog er ab und kehrte nach Westen um. Und er nahm drei Diener mit, die ihm lieb waren, und nie wieder vernahm man in dieser Welt ein Wort oder Zeichen von ihnen, noch gibt es irgendeine Erzählung oder Ahnung von ihrem Schicksal. Kein zweites Mal konnte eine solche Gesandtschaft die Menschen retten, und für den Verrat von Númenor gab es keinen billigen Gnadenerlass.
    Elendil aber tat in allem, wie ihn sein Vater geheißen; und seine Schiffe lagen vor der Ostküste, und die Getreuen brachten Frauen und Kinder an Bord, ihr Erbe, Schätze und Vorräte. Viele Dinge von Macht und Schönheit waren darunter, wie sie die Númenórer in den Zeiten ihrer Weisheit ersonnen hatten, Gefäße und Juwelen und alte Schriftrollen mit purpurnen und schwarzen Buchstaben. Und die Sieben Steine besaßen sie, ein Geschenk der Eldar; auf Isildurs Schiff jedoch wurde der junge Baum gehegt, der Schössling Nimloths des Weißen. So hielt Elendil sich bereit und nahm nicht teil an den Untaten jener Tage; und immer schaute er aus nach einem Zeichen, doch es kam keines. Er ging insgeheim ans westliche Gestade und sah hinaus aufs Meer, denn voll Sorge und Sehnsucht war er, und innig liebte er seinen Vater. Doch nichts war zu sehen als die Flotten Ar-Pharazôns, die sich sammelten in den westlichen Häfen.
    Nun war einst auf der Insel Númenor das Wetter stets den Wünschen und Neigungen der Menschen entgegengekommen: Es regnete zur rechten Jahreszeit und im rechten Maße, die Sonne schien bald wärmer, bald kühler, und Winde kamen von der See. Und wenn der Wind von Westen kam, so schien es vielen, als wäre er von einem Duft erfüllt, zart, doch süß und herzbewegend, wie von Blumen, die ewig auf den unsterblichen Wiesen blühen und an den Küsten der Menschen keinen Namen haben. All dies aber war nun anders geworden; denn der Himmel selbst war verdunkelt, und es gab Regen und Hagelstürme in jenen Tagen und heftige Winde; und hin und wieder ging ein großes Schiff der Númenórer unter und kehrte nicht in seinen Hafen zurück, ein Unglück, das sie bis dahin seit dem Anfang des Sterns nicht mehr befallen hatte. Und aus Westen kam abends bisweilen eine große Wolke, von der Gestalt eines Adlers, die Schwingen nach Norden und Süden gebreitet; und langsam zog sie herauf und verdunkelte die untergehende Sonne, und tiefe Nacht fiel über Númenor. Und manche der Adler trugen den Blitz zwischen den Flügeln, und Donner hallten wider zwischen dem Meer und der Wolke.
    Furcht ergriff die Menschen. »Sehet die Adler der Herren des Westens!«, riefen sie. »Manwes Adler kommen über Númenor!« Und sie fielen mit den Gesichtern zu Boden.
    Manche bereuten dann für eine Weile, andere aber verhärteten ihr Herz und schüttelten die Fäuste gen Himmel und sagten: »Die Herren des Westens haben sich gegen uns verschworen. Der erste Streich kommt von ihnen. Unser wird der nächste sein!« Diese Worte sprach der König selbst, doch eingegeben hatte sie ihm Sauron.
    Der Blitze wurden nun mehr, und sie erschlugen Menschen auf den Hügeln, auf den Feldern und in den Straßen der Stadt; und ein

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