Das Silmarillion
zu spät. Denn der Dunkle Herr hatte ihn vorhergesehen und längst alle Schritte erwogen; und die Ulairi, seine Neun Diener, waren ihm vorausgeeilt, um alles für seine Ankunft zu richten. Seine Flucht war daher nur eine Finte, und bald kam er wieder, und ehe die Weisen ihn hindern konnten, betrat er sein Reich in Mordor und ließ von neuem die dunklen Türme von Barad-dûr aufbauen. Und im gleichen Jahre trat der Weiße Rat zum letzten Male zusammen, und Curunír zog sich nach Isengart zurück und beriet sich mit keinem mehr als mit sich selbst.
Orks sammelten sich, und weit bis in den Osten und Süden waren die wilden Völker am rüsten. Dann, inmitten der wachsenden Schrecken und Kriegsgerüchte, erwies sich Elronds Prophezeiung als richtig, und der Eine Ring wurde tatsächlich gefunden, durch einen Zufall, der noch merkwürdiger war, als selbst Mithrandir vorhergesehen; und der Ring wurde vor Curunír und Sauron verborgen. Denn schon lange bevor man ihn suchte, war er gefunden worden, von einem der kleinen Fischersleute, die am Anduin lebten, ehe die Könige in Gondor ausgestorben waren; und der Finder hatte ihn in dunklen Höhlen unter den Wurzeln der Berge vor jeder Suche in Sicherheit gebracht. Dort blieb der Ring, bis er im Jahre des Angriffs auf Dol Guldur von einem Wanderer gefunden wurde, der, von den Orks verfolgt, in die Tiefen der Erde floh; und der Ring kam in ein fernes Land, zu den Periannath, den Kleinen Leuten oder Halblingen, die im Westen von Eriador lebten. Bis zu diesem Tage waren sie von Elben und Menschen wenig beachtet worden, und weder Sauron noch einer der Weisen, bis auf Mithrandir, hatte in all ihren Plänen an sie gedacht.
Durch Glück und Wachsamkeit nun erfuhr Mithrandir von dem Ring als Erster, ehe noch Sauron Nachricht hatte;doch war er besorgt und voller Zweifel. Denn zu unheilsmächtig war dieser Ring, als dass einer der Weisen ihn hätte tragen dürfen, es sei denn, er wollte wie Curunír selbst ein Tyrann und schwarzer Herrscher werden; und weder konnte der Ring für immer von Sauron verborgen noch durch die Kunst der Elben vernichtet werden. Mit Hilfe der Dúnedain des Nordens stellte Mithrandir daher eine Wache um das Land der Periannath und wartete ab. Doch Sauron hatte seine Ohren überall, und bald vernahm er Gerüchte von dem Einen Ring, den er vor allen anderen Schätzen begehrte, und er sandte die Nazgûl, ihn zu holen. Nun entbrannte der Krieg, und im Kampf mit Sauron endete das Dritte Zeitalter, wie es begonnen.
Jene aber, welche die Wunder und Waffentaten jener Zeit mitangesehen, haben anderswo die Geschichte des Ringkrieges erzählt, wie er zugleich im unverhofften Sieg und im langbefürchteten Leid geendet. Hier sei nur gesagt, dass in jenen Tagen Isildurs Erbe im Norden aufstand, und er nahm die Hälften von Elendils Schwert, und in Imladris wurde es neu geschmiedet. Und er zog in den Krieg, ein großer Heerführer der Menschen. Es war Aragorn, Arathorns Sohn, der neununddreißigste Erbe, der in ungebrochener Linie von Isildur abstammte, und doch Elendil ähnlicher als irgendeiner vor ihm. Krieg gab es in Rohan, und der Verräter Curunír wurde niedergeworfen und Isengart geschleift; und vor den Toren der Hauptstadt von Gondor wurde eine große Schlacht geschlagen, und der Morgulfürst, Saurons Feldherr, trat dort ab ins Dunkel; und Isildurs Erbe führte das Heer des Westens an die Schwarzen Tore von Mordor.
An jener letzten Schlacht nahmen Mithrandir teil und Elronds Söhne, der König von Rohan und die Fürsten von Gondor, Isildurs Erbe und die Dúnedain des Nordens. Todund Niederlage sahen sie dort kommen, und all ihr Mut war vergebens, denn zu stark war Sauron. Zu der Stunde aber erwies sich, was Mithrandir gesprochen, und wo die Weisen verzagten, kam Hilfe von den Händen der Schwachen. Denn, wie seither in vielen Liedern besungen, die Periannath waren’s, die Kleinen Leute aus den Wiesen und Hängen, die Rettung brachten.
Denn Frodo der Halbling, so heißt es, trug die Bürde, auf Bitten Mithrandirs, und allein mit einem Diener ging er durch Dunkel und Gefahr und kam endlich, Sauron zum Trotz, bis zum Schicksalsberg; und in das Feuer, darinnen er geschmiedet war, warf er den Großen Ring der Macht, und so wurde der Ring endlich zunichte, und sein Unheil wurde verzehrt.
Da war Sauron verloren, und er wurde vernichtend geschlagen und verschwand, ein Schatten des Bösen; und die Türme von Barad-dûr fielen in Trümmer, und viele Länder erbebten vom
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