Das Silmarillion
Tagen, und die Flüsse flossen, und die Nachtblumen verteilten ihreDüfte; die Schönheit Melians stand auf der Mittagshöhe, und die Schönheit Lúthiens war wie die erste Morgendämmerung des Frühlings. In Beleriand herrschte König Thingol auf seinem Throne wie die Fürsten der Maiar, deren Kraft ein Ruhen und deren Freude wie ein Lufthauch ist, den sie alle Tage atmen, und deren Gedanken gelassen von den Höhen zu den Tiefen hinunterströmen. In Beleriand jagte zuweilen noch Orome, der große Reiter, wie ein Wind, der über das Gebirge weht, und der Schall seines Horns drang durch die sternhellen Weiten herunter; und die Elben fürchteten sein glänzendes Gepränge und den gewaltigen Lärm von Nahars Hufschlag, doch sie wussten wohl, wenn das Valaróma von den Hügeln widerhallte, dass alle Dinge von Unheil das Weite suchten.
Doch so geschah es zuletzt, dass das Glück zu Ende ging und der Mittag von Valinor in die Dämmerung auslief. Denn wie erzählt wurde und wie allenthalben bekannt ist, von den Gelehrten aufgeschrieben und in vielen Liedern besungen, mordete Melkor die Bäume der Valar mit Hilfe Ungoliants; er entfloh und kam wieder nach Mittelerde. Weit im Norden ereignete sich der Kampf zwischen Morgoth und Ungoliant; Morgoths großer Schrei aber hallte durch ganz Beleriand, und alle seine Bewohner zogen die Köpfe ein vor Angst, denn wenn sie auch nicht wussten, was er verhieß, so vernahmen sie nun doch den Herold des Todes. Wenig später kam Ungoliant von Norden in König Thingols Reich geflohen, und ein dunkles Grauen war um sie her; doch Melians Kraft hielt sie auf, und sie drang nicht nach Neldoreth hinein, sondern hauste lange Zeit unter dem Schatten der Klüfte, in denen Dorthonion nach Süden abfiel. Und diese wurden als die Ered Gorgoroth bekannt, die Berge des Grauens, und keiner wagte sich dorthin oder in ihre Nähe; Leben undLicht wurden dort erwürgt, und alle Wasser waren vergiftet. Morgoth aber, wie zuvor erzählt, kehrte nach Angband zurück, baute es neu auf und errichtete über seinen Toren die stinkenden Türme von Thangorodrim. Und Morgoths Tore lagen nur einhundertfünfzig Meilen entfernt von der Brücke von Menegroth; weit und doch viel zu nah.
Nun wurden die Orks stark und frech, die sich im Dunkel der Erde vermehrt hatten, und ihr dunkler König gab ihnen die Lust an Tod und Trümmern ein; und unter den Wolken, die Morgoth über sie breitete, rückten sie aus den Toren von Angband und zogen in aller Stille in die Hochlande im Norden. Dann stieß plötzlich ein großes Heer nach Beleriand hinein und griff König Thingol an. Nun wanderten in seinem weiten Reich viele Elben frei in der Wildnis umher oder lebten in Frieden und weit voneinander entfernt in kleinen Sippschaften, und nur um Menegroth, in der Mitte des Landes, und an den Falas, im Lande der Seeleute, wohnten zahlreiche Völkerschaften. Die Orks aber drangen von beiden Seiten her gegen Menegroth vor, und von ihren Lagern im Osten aus, zwischen dem Celon und dem Gelion, und im Westen, zwischen Sirion und Narog, zogen sie plündernd umher; und Thingol wurde von Círdan in Eglarest abgeschnitten. Daher wandte er sich an Denethor, und die Elben kamen gerüstet aus Region über den Aros und aus Ossiriand; sie schlugen die erste Schlacht in den Kriegen von Beleriand. Und das Ostheer der Orks nördlich des Andram wurde auf halbem Wege zwischen dem Aros und dem Gelion zwischen den Heeren der Eldar eingeschlossen und vernichtend geschlagen; und auf jene, die aus dem großen Gemetzel nach Norden entkamen, warteten die Äxte der Naugrim in der Gegend um den Berg Dolmed. Nicht viele Orks kehrten nach Angband zurück.
Doch teuer war der Sieg der Elben erkauft. Denn die von Ossiriand waren nur leicht bewaffnet und den Orks nicht gewachsen, die eisenbeschlagene Stiefel und eiserne Schilde und große Lanzen mit breiten Spitzen trugen; und Denethor wurde abgeschnitten und auf dem Berge von Amon Ereb umzingelt. Dort fiel er mit all seinen Anverwandten, die bei ihm waren, ehe Thingols Heer ihm zu Hilfe eilen konnte. Bitter wurde er gerächt, als Thingol die Orks im Rücken angriff und sie zuhauf erschlug, doch Denethors Volk klagte lange um ihn und nahm nie wieder einen König. Manche kehrten nach der Schlacht heim nach Ossiriand, und was sie berichteten, erfüllte den Rest ihres Volkes mit solcher Furcht, dass sie hernach nie mehr offen in den Krieg zogen, sondern sich ganz auf Vorsicht und Heimlichkeit verließen; und diese nannte
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