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Das singende Kind

Das singende Kind

Titel: Das singende Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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brach ab. Er wußte nicht, was passieren würde, wenn Trudi schwanger war.
    Trudi streckte die Hand aus und legte sie auf seinen Arm.
    »Dein Samen kann sich doch erholt haben.«
    Georg schüttelte sie ab und tat einen Schritt vor. Zum Spiegel. Er holte den Rasierer aus der Halterung. Sich durch die täglichen Handlungen beruhigen. Nur nicht verkommen jetzt. Georg steckte den Rasierapparat zurück. Er ertrug es nicht, in sein Gesicht zu gucken. Er sah aus wie einer, der kaum Blut im Körper hat und schon gar keinen Samen. »Ich habe ihn noch mal untersuchen lassen. Von mir kriegst du keine Kinder«, sagte er.
    »Du hättest es mir sagen müssen.«
    »Jos hätte sich vorsehen sollen. Er wußte es.«
    »Ihr seid gemein«, sagte Trudi, »beide.« Sie schob sich an Georg vorbei. Ging in das Schlafzimmer und öffnete ihren Schrank. Fing an, sämtliche Taschen nach Geld zu durchsuchen, und fand ein Fünfmarkstück in ihrem Leinenmantel.
    Trudi drückte Georg einen Kuß auf, bevor sie die Wohnung verließ. Glaubte unerschütterlich an das Progesteron, das zu Beginn einer Schwangerschaft ins Blut geschüttet wird. Heilbringend und lindernd. Trudi war ganz sicher, daß sie sonst längst schreiend davongelaufen wäre.
    Trudi klaute das Geld auf dem Weg zum Friedhof. Sie schämte sich dafür und stand verlegen vor dem Grab. Drückte an dem Efeu herum, der noch nicht wieder fest in der Erde saß, und starrte den Stein an, auf dem nur Julies Name stand. Erst als sie laut vor sich hin gesagt hatte, daß es eigentlich kein wirklicher Diebstahl gewesen sei und sie das Geld noch immer zurückgeben könne, erzählte sie dem Grab auch von der Schwangerschaft.
    Neben einer Autotür hatte das Geld gelegen. Nicht ordentlich in ein Portemonnaie gepackt. Nur eine große Klammer, die vier Scheine hielt. Zwei Hunderter. Zwei Zwanziger. Trudi hatte sie aufgehoben und war weitergegangen, und als sie sich nach ein paar Schritten umdrehte, hatte sie den Mann schon danach suchen sehen.
    Das Auto stand noch da. Trudi sah es, als sie aus dem Friedhof kam. Sie schlug einen Bogen und ging in die Gärtnerei, in der sie den Topf Bougainvillea ausgemacht hatte, der hinter all den Astern stand. Trudi kaufte ihn und ging zurück und pflanzte ihn vor den Stein und sah schon Ströme von blauroten Blüten darüber fallen.
    Zwei Hunderter, die noch lose in der Tasche ihrer Jeansjacke steckten. Ein Stück Zeitungspapier aus einem Abfallkorb ziehen. Die Scheine darin einschlagen. Unter den Scheibenwischer klemmen. Doch Trudi fühlte sich von der Schuld befreit, seit sie den Eltern vom Diebesgut abgegeben hatte, und sie ging leichtherzig an den Abfallkörben vorbei und viel zu froh an einem Trauerzug. Cilly Weil einen Teil des Geldes geben. Einen Test kaufen. Die Schwangerschaft beweisen. Trudi lachte und sah in das Gesicht einer Krähe, die am Ende des Trauerzuges ging. Trudi riß aus vor dem strafenden Blick und wußte erst am Tor, daß es Käthe Dux gewesen war.
    Georg ließ Jos die Zeichnungen auf den Tisch legen und wartete, daß er sich einen Stuhl heranzog. Er nahm die Teekanne von der Keramikplatte und goß den Tee in die Schalen. Er schob Jos den Honig hin. Ein plauschiges Stündchen. Er hatte ein plauschiges Stündchen vorbereitet, statt die Schreibtischlampe umzudrehen und die Leuchtstoffröhre voll auf das Gesicht von Jos zu richten.
    Trudi ist schwanger, hatte er hinwerfen wollen. Einen Trumpf, den er auf den Tisch legte und der ihn zum Verlierer machte. Er hatte zwanzig Baldriantropfen auf einen Löffel Zucker geträufelt. Zwanzig Tropfen geschluckt, um den Trumpf gebührend zu verkaufen. Doch die Stimme zitterte, als er Trudis Schwangersein verkündete.
    »Gratuliere«, sagte Jos.
    Die Hand zuckt mir, hätte seine Mutter gesagt. Georg zuckte die Hand. Hatte schon am Morgen gezuckt, als Trudi im Badezimmer stand. Er wurde zum Schläger. Die Worte waren verlorengegangen. Doch er griff nur nach der Schale und trank den Tee.
    »Dann haben sich deine Hoden erholt.«
    »Ihr habt euch abgesprochen«, sagte Georg. Er sah Trudi und Jos tuscheln. Lachen. Hinter vorgehaltener Hand. Der dumme Georg.
    »Was ist jetzt wieder?« fragte Jos.
    »Du hast dich seit Tagen nicht sehen lassen.«
    »Ich habe einen Schwung Zeichnungen mitgebracht.« Jos fuhr mit großer Geste über den Tisch. »Damit wir das Singende Kind endlich abwürgen können.«
    »Hast du Trudi in der Zeit getroffen?«
    »Natürlich nicht«, sagte Jos, »meine Kontakte zu Frauen beschränkten sich

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