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Das singende Kind

Das singende Kind

Titel: Das singende Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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gekocht hatte, um ihren Unterleib zu entkrampfen, beinah ins Gesicht.
    Trudi verbrachte ganze Tage vor dem Schrank. Kroch in die Fotoalben, die sie endlich aus der Ledertasche geholt hatte. Trug die Straßkette um den Hals und zog durch die Erkennungsmarke ein lavendelblaues Band, das sie sich ums Handgelenk schlang.
    Georg war es, der an diesen Tagen aus dem Haus ging. Auf der Suche nach Geld. Er lief alle Verlage ab, für die er gearbeitet hatte, und kehrte schließlich mit einhundertzwanzig Mark zurück, dem Erlös der Omega, die nicht so golden gewesen war, wie Grete Fortgang einst behauptet hatte.
    Er kam zur Tür herein und legte gar nicht den Mantel ab. Ging gleich in das Schlafzimmer, um Trudi die Noten zu geben, die er gekauft hatte. Neue Lieder von Feinsliebchen und Schäfern. Den Faden knüpfen, den er zerrissen hatte. Doch Trudi war nicht da.

Jos zeichnete den Auszug der Kinder, und das Bild wurde das beste, das er für das Singende Kind gemacht hatte. Doch er ließ es auf seinem Küchentisch liegen und dachte nicht daran, die Zeichnung Georg zu zeigen. Jos versackte für ein paar Tage.
    Er schlief mit Goldie und eines Morgens mit einer fremden Frau, die er in der Kneipe kennengelernt hatte. Beide konnten ihm nicht heraushelfen aus der schrecklichen Laune, die ihn quälte, seit er aus Georgs Wohnung gegangen war, und Jos nahm sich vor, nur noch allein aus den Kneipen zu kommen.
    Jos lief durch die Straßen und stand zulange an Ampeln, die er sonst übersah, und vor Auslagen, die ihn nicht interessierten. Er hoffte die Zeit totzuschlagen und das Denken. Er setzte sich in den Citroën und fuhr zu Georg und dann doch an ihm vorbei. Jos sah zu dem Fenster hoch und dachte, daß leider er der Sentimentalere sei. Die Kastanien knallten ihm aufs Autodach und hörten sich an wie ein Trommelfeuer.
    Am vierten Tag sah er Trudi, die in der hintersten Ecke einer Imbißbude stand und eine Currywurst hinunterschlang. Sie sah ihn nicht, und Jos drehte sich um. Ging nach Hause, ein Bild zu malen.
    Cilly Weil steckte sich das letzte Stück des trockenen Brötchens in den Mund. Tat es auf eine Weise, in der es Leute tun, die um ihre Zähne bangen müssen. Sie warf den Pappteller mit dem Rest Senf in die Mülltüte, die neben ihr stand. »Schmeckt Ihnen die Wurst nicht mehr?« fragte sie. Trudi sah auf den Wurstzipfel, den sie in der Hand hielt und zu essen vergessen hatte, seit ihr Jos erschienen war. Er konnte nur eine Erscheinung gewesen sein. Jos mußte sie gesehen haben, und doch hatte er sich umgedreht und kehrtgemacht.
    »Haben Sie ein Gespenst gesehen?«
    »Den Freund meines Mannes.«
    »Ist das schlimm?«
    »Wir essen keine Wurst«, sagte Trudi.
    Die Weil lachte. »Der Mensch braucht Geheimnisse«, sagte sie.
    Trudi ließ den Zipfel in den Müll fallen und wischte sich die Hände an einem von Georgs großen Taschentüchern ab, das sie aus ihrer Manteltasche gezogen hatte.
    »Es wird Zeit«, sagte Cilly Weil. »Wir haben nur ausgegeben und nicht verdient.« Sie faßte den Kragen ihrer Samtjacke und hielt ihn zu, noch ehe sie dem Dunst der Bude entstiegen waren und in den Wind hinausgingen. »Die Leute sind unaufmerksam bei diesem Wetter, hasten durch die Straßen und drängen in die Wärme der Kaufhäuser. Das ist gut für uns.«
    Trudi trottete hinter ihr her. In ein Kaufhaus. Hatte zu große Angst, um die Hände in die Taschen der anderen zu stecken, und hoffte nur, diesmal nicht feige zu sein.
    »Ich habe mir was Feines für Sie ausgedacht.«
    Trudi hörte nicht gut genug zu. Sie war mit ihren Gedanken bei Jos und überlegte, ob er Cilly Weil gesehen hatte, als sie über das Bein stolperte, das ihr die Weil stellte. Trudi fiel hin und landete auf dem Bauch.
    »Um Gottes willen«, schrie die Weil, »wenn das nur dem Kind nicht schadet!«
    Trudi schaute hoch. Benommen von dem, was geschehen war und was sie hörte, und sie sah in die besorgten Gesichter der Frauen, die sich über sie beugten. Cilly Weils Gesicht war nicht dabei.
    »Daß Schwangere immer fallen müssen.« Die Stimme der Weil.
    Trudi war ganz sicher, daß Cilly Weil gerade in die Taschen der Frauen griff. Wenn nur Jos schon weit weg war.
    Kümmerchen. Trudis Mutter hatte oft von den Kümmerchen gesprochen. Was ist das wieder für ein Kümmerchen, Kind?
    Was war das wieder für ein Kümmerchen, das Trudi zu allen anderen hatte? Trug sie doch Geld zu Georg. Anteil an einer Beute, die fetter gewesen war, als von der Weil erhofft. Allein für Trudi

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