Das Skandalbett (II)
Darlegung über die Zustände und das Leben und Treiben an der Kunsthochschule.
Ein paar Mal wurden sie gestört, als irgendwelche Knaben auftauchten, um sie zum Tanzen aufzufordern, aber sie sagten dankend Nein und gingen noch weiter von der Tanzfläche weg.
Nachdem sie ausführlich über alles geredet hatten, was gewesen war, kamen sie auf das zu sprechen, was werden sollte - und dabei in erster Linie auf die weitere Gestaltung dieses Abends.
»Sag mal, wollen wir hier bleiben?«, fragte Annette und sah sich zweifelnd um. »Oder sollen wir verschwinden und uns woanders amüsieren?«
»Wohin könnten wir denn gehen? Ich habe mir vorgenommen, heute Abend richtig auf die Pauke zu hauen. Aber zu einem Restaurant habe ich eigentlich keine rechte Lust.«
Annette schnippte mit den Fingern.
»Ich hab’s! Ich weiß, dass ein paar Leute von der Kunsthochschule heute Abend bei einem Lehrer feiern. Dort können wir hingehen, das wird bestimmt eine lustige Sache.«
»Aber hör mal, wir können denen doch nicht einfach uneingeladen ins Haus schneien.«
»Aber klar, ich bin ja immerhin eingeladen, aber ich hatte vorhin noch keine Lust hinzugehen. Wenn ich aber doch komme und sogar eine Freundin mitbringe, ist es allen bestimmt recht.«
Annette begann, Inger mit zum Ausgang zu ziehen, als Inger plötzlich Ulla und Lars einfielen. Den beiden musste sie wenigstens Bescheid sagen.
»Ach was, stell dich nicht so albern an«, sagte Annette, als sie davon hörte. »Ulla wird bestimmt klar sein, dass du irgendetwas anderes gefunden, einen Knaben kennen gelernt hast oder etwas in der Richtung tust. Es ist ja schließlich Walpurgisnacht. Komm jetzt!«
Inger gab ihr Zögern auf und lief lachend hinter Annette her, die das Eingangstor verließ und der Straßenbahnhaltestelle zustrebte.
»Können wir nicht die Fähre nehmen?«, fragte Inger, die die Straßenbahn in diesem Augenblick für ein äußerst langweiliges Fortbewegungsmittel hielt.
»Aber natürlich. Wir müssen ohnehin nach Slussen, und da passt die Fähre prima.«
Sie liefen die kurze Gasse hinab, die zur Anlegestelle führte.
Die ganze Zeit stießen sie mit Leuten zusammen, die nach Skansen wollten, und dauernd riefen ihnen Leute zu, sie gingen in die falsche Richtung.
Vor dem Tivolipark versuchten ein paar Typen, sie mit sich zu ziehen in das Gewimmel aus blinkenden Lichtern und lautstarken Ausrufern, aber sie wichen geschickt aus und waren bald an Bord der etwas betagten Fähre.
Sie hatten Glück und blieben während der Überfahrt fast allein. Als sie da nebeneinander saßen, fühlte Inger plötzlich, wie Annette ihr eine Hand aufs Knie legte. Inger wurde zuerst ganz steif, entspannte sich aber wieder, als sie daran dachte, dass nichts Schlimmes passieren konnte, solange sie an Bord waren. Sie wandte Annette das Gesicht zu und sah ihr in die Augen, die von einem feuchten Schleier überzogen zu sein schienen.
So saßen sie sekundenlange Ewigkeiten nebeneinander und starrten sich in die Augen. Annettes Hand bewegte sich langsam nach oben und stahl sich zwischen Ingers Schenkel, die zuerst versuchte sich wegzudrehen, aber da schlang Annette einen Arm um ihre Schultern und neigte sich über sie. Gierig drückte sie ihre Lippen auf die Ingers und versuchte, mit der Zunge in ihren Mund einzudringen.
Inger fühlte sich zunächst abgestoßen, aber schon nach wenigen Sekunden spürte sie erregt, dass Annette eine Hand auf ihre Brust legte. Die Brüste waren lange Zeit der erogenste Körperteil Ingers gewesen, und die leichte Massage durch Annettes zärtliche Hand bewirkte, dass Inger impulsiv die Arme um sie schlang und sie fester an sich presste.
In diesem Augenblick stieß die Fähre gegen die Kaimauer, und Annette fuhr mit einem enttäuschten Ausruf hoch. Wütend ging sie an die Reling und starrte zornig auf die Lichter von Slussen hinüber.
Inger war sitzen geblieben und ließ den Blick über die schmale Figur ihrer Freundin wandern. Als sie noch zusammen wohnten, hatte sie nie das Gefühl gehabt, dass Annette sich sexuell für sie interessierte, und darum sah sie die Freundin jetzt in einem völlig neuen Licht. Was sie früher für eine leichte Überspanntheit gehalten hatte, fand jetzt eine Erklärung.
Während Inger sich fragte, was hinter all dem stecken mochte, das Annettes Kuss noch verbarg, fühlte sie sich zugleich heftig davon angezogen. Das unbekannte Neuland lockte sie - so wie ein kleines Kind durch farbenprächtige unbekannte Beeren angelockt
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