Das Skandalbett
keine Ahnung, wo er gerade steckt. Ich habe ein paar Leute rausgeschickt, um nach ihm zu suchen, aber bisher ohne Ergebnis. Ich weiß nicht, ob er in irgendeiner Kneipe hockt. Darum habe ich mir gedacht, daß du mal zu dieser Künstlerin rüberflitzen könntest, bei der er manchmal zu finden ist. Du weiß doch, wo sie wohnt, oder etwa nicht?«
Bernt nickte, ohne etwas zu sagen. Es konnte sich nur um die Wohnung handeln, wo vor einigen Tagen das schreckliche Saufgelage stattgefunden hatte.
»Sehr gut! Lauf runter zur Kasse und laß dir Geld für Taxifahrten geben, und sowie du da bist, sag Erik gleich, daß er mich unbedingt anrufen muß. Wenn er nicht da ist, rufst du mich selbst an. Kapiert? Und jetzt los mit dir!«
Bernt eilte nach draußen und hatte das Glück, sofort ein freies Taxi zu erwischen. Er warf sich schnell auf den Rücksitz, keuchte die Adresse hervor, die er glücklicherweise noch wußte, und nach wenigen Minuten war er am Ziel. Er bezahlte und trat vor Ungeduld von einem Fuß auf den anderen, während der Fahrer ihm die Quittung ausschrieb. Bernt warf immer wieder verstohlene Blicke zum Atelier hinauf, aber dort oben deutete nichts darauf hin, daß Erik sich in der Wohnung befand.
Endlich bekam Bernt seine Quittung, und danach nahm er die Treppenstufen in Riesensätzen. Als er vor der Wohnungstür stand, klopfte er mit geballter Faust dagegen.
»Mach auf! Hier ist Bernt!«
Er hörte von drinnen ein erstauntes Murmeln, und irgend jemand tapste in Holzschuhen an die Tür. Dann wurde die Wohnungstür geöffnet, und vor ihm stand die Malerin in Arbeitsmontur und mit einem Zigarettenstummel im Mundwinkel. Sie blinzelte durch den Tabakrauch, und als sie Bernt wiedererkannte, nahm sie die Zigarette aus dem Mund und lächelte ihn an.
»Ach so, der junge Trunkenbold von neulich. Das ist aber eine Überraschung. Hast du den Abend damals überlebt? Wie geht’s dir denn heute?«
Bernt antwortete ihr nicht, sondern versuchte, von der Wohnungstür aus zu sehen, ob Erik da war.
»Ist Erik da?« brachte er heraus.
»Nein. Müßte er denn hier sein?«
»Ich weiß nicht. In der Redaktion suchen sie ihn schon seit ein paar Stunden, und man hat mich gebeten, in der Stadt herumzufahren und nach ihm zu suchen.«
In letzter Sekunde fiel Bernt wieder ein, daß Karlén ihm eingeschärft hatte, ja nicht so zu tun, als ob erden Auftrag hätte, nur hier nach Erik zu suchen. Das könnte ja den Eindruck erwecken, als würde die Zeitung ihren Angestellten nachspionieren, und den Eindruck wollte Karlén um jeden Preis vermeiden.
»Nein, er ist nicht hier. Ich habe ihn seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«
»Ach so«, sagte Bernt enttäuscht. »Darf ich mal telefonieren? Ich muß nämlich bei der Zeitung anrufen und hören, ob er sich inzwischen gemeldet hat.«
Bernt wollte um jeden Preis die Wohnung betreten.
»Aber ja, natürlich, komm nur rein. Das Telefon steht da hinten neben dem Bett.«
Bernt betrat das Atelier, blieb aber abrupt stehen, als er entdeckte, daß ein nacktes Mädchen mitten im Raum auf einem Podest stand. Die nackte Schöne nickte Bernt nur kurz zu, als wäre es die natürlichste Sache der Welt, daß ein Mann - beziehungsweise eine Person männlichen Geschlechts - hereinspaziert kam und zusah, während sie posierte. Bernt blickte noch einmal kurz auf das nackte Mädchen, sammelte sich und ging dann hinter die spanische Wand, um zu telefonieren. Nach kurzer Zeit war er mit Karlén verbunden.
»Aha, du bist’s. Es ist sehr schön, daß du so schnell angerufen hast. Wir haben Erik gerade woanders aufgegabelt, und jetzt ist er auf dem Weg hierher. Du kannst dich auch allmählich auf den Rückweg machen. Wenn du bis Mittag wieder hier bist, reicht das völlig.«
Klick. Das Gespräch war ohne Vorwarnung zu Ende, als Karlén den Hörer auf die Gabel warf. Bernt ging ins Atelier zurück und entdeckte, daß das Mädchen, das soeben noch Modell gestanden hatte, den Mantel anzog und im Begriff war zu gehen. Das paßte Bernt wunderbar ins Konzept. Er würde vielleicht noch genügend Zeit haben, eine Weile hierzubleiben. Bernt wartete, bis Sigge, die Malerin, deren Name ihm jetzt wieder einfiel, hinter dem Aktmodell die Tür zugemacht hatte, und ging dann ans Fenster, um die Aussicht zu genießen.
»Erik ist zur rechten Zeit in der Redaktion angekommen, und man hat mir gesagt, daß ich mich nicht übermäßig beeilen müsse. Also, wenn es nach mir geht, würde ich jetzt am liebsten eine Tasse Kaffee
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