Das Skript
sich bei Jahn zu Hause die Stirn gestoßen hatte, verlief an genau der gleichen Stelle. Einzig die Treppe fehlte. Erdmann schüttelte den Kopf. »Unheimlich, diese Ähnlichkeit mit Jahns Keller. Weiß sie was von Kleenkamp und Hartmann? Hat sie sie vielleicht gesehen?«
»Nein. Es waren weitere Frauen hier, aber sie weiß nicht, wie viele. Seit einiger Zeit ist sie allein, sie weiß aber nicht, wie lange schon.«
»Mist.« Erdmann sah sich um und presste dabei eine Hand auf die Brust. Der Schmerz flaute langsam ab, aber es tat noch weh. »Er ist wirklich akribisch, wenn es um seine Handlungsorte geht, das muss man diesem Wahnsinnigen lassen.«
»Was ist mit dir?«, fragte Matthiessen. »Bist du verletzt?«
»Ach, es ist nichts. Ich bin gestolpert und habe mir die Brust irgendwo angeschlagen. Nicht der Rede wert.« Er wandte sich ab. »Ich helfe bei der Suche nach Kleenkamp und Hartmann. Hoffentlich haben wir Glück. Bis gleich.«
Erdmann hatte kaum Hoffnung, die beiden Frauen in dem Gebäude zu finden. Das hätte nicht dem Roman entsprochen. Aber er musste etwas tun, er brauchte das Gefühl, es wenigstens versucht zu haben.
Die Mitglieder des Sondereinsatzkommandos wurden noch durch zwanzig Beamte der Bereitschaftspolizei unterstützt. Sie teilten das Gebäude in Sektoren auf und durchsuchten jeden Winkel. Nach über einer Stunde stand fest: Die beiden entführten Frauen befanden sich nicht in diesem Gebäude.
Erdmann fühlte sich ausgelaugt und müde. Er war verschwitzt und sehnte sich nach einer Dusche und seinem Bett. Vor dem Gebäude traf er Matthiessen. Stohrmann stand bei ihr, er musste irgendwann während der Suchaktion eingetroffen sein. Erdmann sah trotz der schlechten Lichtverhältnisse mit einem Blick, dass er wieder auf ihr herumgehackt hatte. Er würde sich in dieser Sache etwas einfallen lassen, das schwor er sich, aber zuerst galt es, die beiden Frauen zu finden.
»Guten Abend, Herr Erdmann. Ich habe Frau Matthiessen gerade schon gratuliert, aber das richte ich natürlich auch gerne an Sie. Sie haben es geschafft, den einzigen Menschen, der uns hätte sagen können, wo wir Heike Kleenkamp finden, mundtot zu machen. Tolle Leistung.«
»Tot?«, fragte Erdmann. »Ist er gestorben?«
»Ich sagte mundtot. Ich habe gerade mit dem Arzt gesprochen. Jahn ist noch ohne Bewusstsein. Er hat neben vielen anderen Brüchen auch eine schwere Schädelfraktur. Ich kenne mich in medizinischen Dingen nicht aus, aber eins habe ich verstanden: Keiner weiß, wann er aufwachen wird. Und ob überhaupt. Das bedeutet, er wird uns nicht sagen können, wo er Heike Kleenkamp versteckt hat.«
»Und Nina Hartmann«, fügte Matthiessen hinzu.
Stohrmann sah sie verächtlich an. »Was die Situation nicht gerade besser macht. Fahren Sie zu ihm nach Hause und krempeln Sie alles um. Ich schicke Ihnen zur Unterstützung einen Trupp. Wir brauchen irgendeinen Hinweis, einen Anhaltspunkt, und zwar schnell. Meldung wie immer an mich.« Er drehte sich um und verließ hinter einer Gruppe uniformierter Polizisten das Gelände.
Erdmann sah ihm nach. »Idiot«, murmelte er, bevor er Matthiessen nach der Frau fragte, die sie gefunden hatte: »Konnte sie etwas dazu sagen, wie er sie entführt hat, wie oft er hier war?«
Matthiessen war bei der Frau geblieben, bis sie mit einem Krankenwagen abtransportiert worden war. Ihre Jacke hatte sie zurück, sie hatte sie locker über die Schulter gelegt und die Arme darunter vor der Brust verschränkt. »Allzu viel habe ich noch nicht aus ihr herausgebracht, sie steht unter Schock. Wie gesagt, am Anfang waren wohl mehrere Frauen hier, die anderen hat er nacheinander abgeholt. Sie sind danach nicht wieder zurückgebracht worden.«
Sie machten sich auf den Weg zu ihren Autos. Matthiessen streifte sich die Jacke von den Schultern und zog sie richtig an.
»Und all das, damit seine Bücher sich besser verkaufen. Dieser verdammte Irre!« Erdmann spuckte die Worte förmlich aus, und er musste sich eingestehen, dass er kein Mitleid mit Jahn hatte, der offenbar mehr tot als lebendig im Krankenhaus lag.
»Sie weiß nicht, wer er ist. Sie sagt, sie hat ihn bisher nicht gesehen. Als er sie entführte, hat er ihr wohl von hinten einen Lappen mit Äther auf den Mund gedrückt. Aufgewacht ist sie dann in diesem Raum mit zugeklebten Augen.«
»Ich schätze mal, sie sollte jetzt dran sein.«
»Hm …«, machte Matthiessen. »Kann sein. Hoffentlich wird er es überleben und wacht bald auf.«
Sie hatten das
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