Das Skript
Tor im Zaun erreicht. Hätte es die beiden Frauen nicht gegeben, wäre es Erdmann egal gewesen, was aus Jahn wurde. »Die Frage ist, ob er uns überhaupt sagen wird, wo die Frauen sind, wenn er aufwacht.«
Sie beschlossen, hintereinander zu fahren und verließen Minuten später das Hafengebiet.
In der Einfahrt zu Jahns Haus parkten zwei Autos, ein weiteres stand vor dem Grundstück am Straßenrand. Zwei Männer unterhielten sich vor der offenen Haustür. Von ihnen erfuhren Erdmann und Matthiessen, dass ein sieben Mann starkes Team kurz zuvor eingetroffen war.
Sie fanden Helga Jäger in der Küche. Die Haushälterin saß in einem beigen Frotteemorgenmantel mit rotgeweinten Augen am Tisch und tupfte sich unentwegt mit einem Taschentuch das Gesicht ab. Als sie Matthiessen und Erdmann sah, schien sie für einen Moment erleichtert zu sein. »Was … Was ist denn nur geschehen? Können Sie mir sagen, was passiert ist? Diese Männer sagten, Herr Jahn hatte einen schlimmen Unfall. Und … und dass er diese Frauen … Das kann doch nicht sein. Er könnte so etwas niemals tun. Nicht er.«
Matthiessen legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Leider deutet alles darauf hin, dass Herr Jahn die Frauen entführt und diese Päckchen verschickt hat, Frau Jäger. Wir haben ihn in einem alten Fabrikgebäude überrascht und konnten eine der entführten Frauen befreien. Er ist geflüchtet und von einem Lkw erfasst worden. Nun liegt er bewusstlos auf der Intensivstation, und wir wissen noch immer nicht, wo sich Heike Kleenkamp und Nina Hartmann befinden.« Matthiessen setzte sich der Haushälterin gegenüber und sah sie an. »Frau Jäger, wir hoffen darauf, irgendwo hier im Haus einen Hinweis auf den Aufenthaltsort der beiden Frauen zu finden. Würden Sie uns helfen?«
»Aber Sie können doch nicht wirklich glauben, dass Herr Jahn –«
»Das hat nichts mit glauben zu tun, Frau Jäger«, unterbrach Erdmann sie. »Wir sind ihm zu dem Gebäude gefolgt, in dem er die Frauen gefangen hielt, bevor er sie getötet und ihnen die Haut vom Rücken geschnitten hat. Eine der Frauen konnten wir noch retten. Ob uns das auch bei Frau Kleenkamp und Frau Hartmann gelingt, hängt davon ab, ob wir hier einen Hinweis finden. Dazu brauchen wir aber Ihre Hilfe, Frau Jäger. Jede Minute zählt.«
Helga Jäger schnäuzte sich die Nase, ließ das Taschentuch irgendwo in ihrem Morgenmantel verschwinden und nickte schließlich. »Gut. Ich glaube zwar noch immer nicht, dass er … Was soll ich tun?«
Matthiessen stand wieder auf. »Gibt es irgendwelche Plätze im Haus, an denen er wichtige Dinge aufbewahren würde? Einen Tresor, Fächer oder Schubladen, die man nicht ohne weiteres findet? Verstecke?«
»Ich … nein. Also keinen Tresor, soweit ich weiß. Aber Herr Jahn hat mit mir auch nicht über solche Dinge gesprochen. Ich bin doch nur die Haushälterin.«
»Aber es könnte ja sein, dass Ihnen beim Saubermachen mal irgendetwas aufgefallen ist.«
»Nein. Aber wenn Sie wirklich denken, er hat diese Frauen entführt und Sie könnten hier etwas finden, das die Frauen rettet, dann helfe ich Ihnen.« Helga Jäger erhob sich mit einem Seufzer.
Sie stellten alles auf den Kopf. Jedes Zimmer einschließlich Helga Jägers kleiner Wohnung wurde bis in den kleinsten Winkel durchsucht, jede Schublade ausgeleert, in jeden Topf in der Küche geschaut. Es war kurz vor halb drei, als einer der Beamten aus dem Keller nach Matthiessen rief. Erdmann, der im Wohnzimmer damit beschäftigt gewesen war, die Bücher aus den Regalen zu nehmen, dahinter nachzusehen und jedes einzelne Buch durchzublättern, stellte eine illustrierte Ausgabe von Cervantes’
Don Quijote
ins Regal zurück. Er traf Matthiessen im Flur und stieg hinter ihr die Treppe zum Keller hinunter. Unten erwarteten sie zwei der Männer. Einer von ihnen hielt ein Stück Draht in der erhobenen Hand, an dessen unterem Ende ein schmieriger, tropfender Plastikbeutel hing, in dem sich einige Gegenstände befanden. »Das habe ich aus dem Öltank gezogen.«
Als Matthiessen näher heranging, hob der Mann den Beutel ein Stück höher und hielt ihn näher an die nackte Glühbirne heran. Erdmann beugte sich mit zur Seite geneigtem Kopf langsam nach vorne. Unter dem glänzenden Film des Beutels traten nun deutlich die Konturen dessen hervor, was dort eingeschweißt war. Es waren Pinsel. Neben ihm stöhnte Matthiessen auf.
Erdmann starrte die vier Pinsel an, denen man auch unter der Folie ansah, dass sie
Weitere Kostenlose Bücher