Das Skript
berühren, wenn sie neben ihm sitzt, mit dem Arm oder dem Bein, so dass es aussieht, als sei es zufällig. Aber ich bemerke das. Eine Frau sieht so was.«
»Nun gut. Sie wissen, was gerade im Moment geschieht?«, fragte Matthiessen, und Helga Jäger nickte mit ernster Miene. »Ja, er hat es mir gestern erzählt, nachdem Sie gefahren sind. Mein Gott, ich habe in der Zeitung gelesen, dass die junge Frau vermisst wird, aber wer hätte so was ahnen können.«
»Herr Jahn war bestimmt ziemlich niedergeschlagen, als er Ihnen das gestern erzählt hat, oder?«, wollte Erdmann wissen. »Das hat ihn schon sehr getroffen, und …«, sie sah zur Tür, »ich glaube, Herr Jahn ist gerade nach Hause gekommen.«
Sie hatte recht, einen Augenblick später kam der Autor herein. Er trug eine dunkle Stoffhose, ein weißes Hemd, bei dem der oberste Knopf geöffnet war, und eine dunkelblaue Strickjacke darüber. Jahn sah nicht im mindesten überrascht aus, als er die beiden Beamten in seinem Wohnzimmer sitzen sah, was damit zu tun haben mochte, dass er den Golf auf der Straße vor seinem Haus gesehen und richtig zugeordnet hatte, überlegte Erdmann. »Guten Tag, ich hoffe Sie warten noch nicht lange auf mich?« Nach einem kurzen Blick zum Sofa, von dem seine Haushälterin sich in diesem Moment erhob, ging er zu Matthiessen und reichte ihr die Hand, dann begrüßte er Erdmann und setzte sich auf den Platz, auf dem gerade noch Helga Jäger gesessen hatte. Die Haushälterin verließ das Zimmer und schloss die Tür leise hinter sich.
Jahn sah ihr nach, bis die Tür geschlossen war, dann wandte er sich an Erdmann. »Sie haben ja offenbar schon ein wenig mit Helga geplaudert.« Seine Stimme klang lustlos. »Ich hoffe, sie haben sich gut unterhalten, sie ist wirklich eine treue Seele. Aber hergekommen sind Sie ja wahrscheinlich eher wegen mir. Was kann ich also für Sie tun?«
»Ja, das ist richtig«, sagte Matthiessen. »Herr Jahn, wie ist das mit Rezensionen über Ihre Bücher, lesen Sie die?«
»Ja, schon. Also, hauptsächlich in den ersten Wochen, nachdem ein Buch neu erschienen ist. Da möchte man als Autor natürlich wissen, wie es ankommt und was die Leser darüber denken.«
»Und danach?«
»Der Verlag …« Er wurde von seiner Haushälterin unterbrochen, die wieder hereingekommen war, um auch ihm eine Tasse Kaffee zu bringen. Er bedankte sich bei ihr, und sie verließ das Zimmer wieder. »Also der Verlag schickt mir in unregelmäßigen Abständen Kopien von Rezensionen aus Zeitungen und Zeitschriften. Davon lese ich auch noch einige.«
»Es gab im Dezember eine Rezension zu
Das Skript
in der Hamburger Allgemeinen Tageszeitung«, übernahm Erdmann. »Haben Sie die auch gelesen?«
»Natürlich, die kenne ich. Schließlich stand sie in einer Hamburger Zeitung.«
»Sie war nicht sehr schmeichelhaft für Ihr Buch. Kennen Sie die Rezensentin?«
»Nein, ich kenne sie nicht. Ich weiß nur noch, dass es kein bekannter Name aus der Hamburger Literaturszene war. Eine unbedeutende Schreiberin, vielleicht eine freie Mitarbeiterin der HAT . Ich gestehe, ich weiß nicht mal mehr ihren Namen.«
»Nina Hartmann heißt sie«, sagte Matthiessen. »Sagt Ihnen der Name etwas?«
Jahn dachte mit angestrengtem Gesichtsausdruck nach, schüttelte dann aber den Kopf. »Nein, tut mir leid. Ich habe das Gefühl, diesen Namen schon gelesen oder gehört zu haben, aber wirklich erinnern kann ich mich nicht an ihn. Wissen Sie, meine Bücher sind schon so oft in allen möglichen Medien besprochen worden, da kann man sich unmöglich alle Namen merken.«
»Ihr Gefühl täuscht Sie nicht, Sie haben diesen Namen schon mindestens einmal gehört, und zwar gestern, von uns. Nina Hartmann ist die Studentin, die das erste Päckchen bekommen hat.«
»Ja, natürlich, jetzt erinnere ich mich auch. Aber Moment … Sie sagen, diese Studentin hat den Verriss über mein Buch geschrieben, und jetzt bekommt sie die Päckchen, die in dem Buch vorkommen, das sie verrissen hat?«
»
Ein
Päckchen, um genau zu sein«, korrigierte Erdmann ihn. »Heute Vormittag erreichte eine weitere Sendung mit ähnlichem Inhalt die Redaktion einer Zeitung. Also ganz wie in ihrem Buch. Aber nun raten Sie mal, um welche Zeitung es sich handelt.«
»Die Hamburger Allgemeine Tageszeitung?«, kam es ohne Zögern. »So ist es.«
»Da sehen Sie es mal wieder, ein guter Kriminalschriftsteller wäre immer auch ein guter Polizist geworden. Es ist wie in meinem Roman. Dort gehen die Päckchen an
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