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Das Sonnentau-Kind

Das Sonnentau-Kind

Titel: Das Sonnentau-Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Luepkes
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verbot sich jede Nuance von Freundlichkeit: «Sanders, was ist?»
    «Deine Andeutungen mit den Medikamenten, die Sache mit dem destillierten Wasser. Was glaubst du zu wissen?»
    «Ich glaube, es war Sebastian Helliger!»
    «Was?»
    «Er hat Aurel Pasat ermordet.»
    «Weswegen?»
    «Wahrscheinlich Eifersucht …» Wencke konnte nicht verbergen, dass auch ihr dieses Motiv etwas mau erschien. Sie suchte krampfhaft nach einem zusätzlichen Argument: «Annegret Helliger hat ihrem Mann nichts von der Sache mit den Medikamenten erzählt. Für mich ist das ein Zeichen, dass es doch so etwas wie Heimlichkeiten zwischen den Eheleuten gab.»
    «Da magst du recht haben. Aber wofür hat Aurel die Arzneien gebraucht?»
    «Für die kranken Kinder in Rumänien vielleicht … Es könnte doch sein, dass er sie gesammelt hat und mit nach Hause nehmen wollte. So wäre seine Tat zwar immer noch illegal, jedoch aus absolut ehrenwerten Gründen geschehen.»
    «Ich habe den Eindruck, alle Beteiligten in diesem Fall handeln aus absolut ehrenwerten Gründen. Der Monolog von Helliger eben in meinem Wagen strotzte nur so von Nächstenliebe. Seine Frau und die Kinder und die Behörden und die Menschen in Rumänien … Traust du einem solch korrekten Menschen einen Mord aus Eifersucht zu?»
    Wencke zögerte. Sanders hatte recht, Helliger schien das personifizierte reine Gewissen zu sein. «Aber er hatte die Gelegenheit, das Wasser auszutauschen.»
    «Und der Tote in Rumänien? Das kann doch kein Zufall sein. Wie passt Roland Peters in die Geschichte?»
    Das Mädchen auf dem Stuhl fuhr zusammen, als hätte sie einen Stromschlag bekommen.
    Wencke schaute sie an. Das erste Mal in vollem Bewusstsein. Vorhin im Moormuseum waren keine Zeit, kein Licht und viel zu viel Panik gewesen, da hatte sie diese Teresa nur am Rande wahrgenommen, sitzend in der Hütte, in Handschellen auf dem Weg zum Einsatzwagen. Nun erblickte sie ein dünnes Kind. Wenn man wusste, dass es sich um ein Mädchen handelte, dann bemerkte man auch die langen Wimpern, die hohen Wangenknochen, die kleinen Brüste. Sie trug zerschlissene Kleidung, ihr Gesicht war gewaschen, wahrscheinlich hatte der gute Greven ihr die Gelegenheit gegeben, nach dem Imbiss noch eine Katzenwäsche vorzunehmen. Dennoch war nicht zu übersehen, dass hier ein Straßenkind saß. Narben durchzogen den dunklen Teint, die oberen Schneidezähne waren alle abgebrochen und braun. In den Augenwinkeln klebte Staub. Doch trotzdem war sie hübsch, zweifelsohne. Sie rührte sich nicht, apathisch und doch wie zum Absprung bereit, wie eine Leitlöwin, die sich in der Steppensonne auszuruhen schien und gleichzeitig – wachsam auf das Wohl ihrer Herde bedacht – jederzeit zum Kampf bereit war.
    «Du kennst diesen Namen, nicht wahr? Roland Peters?»
    «Wencke, sie versteht kein Wort.»
    Das stimmte nicht. Und Sanders wusste das auch. Er konnte das erneute Zusammenzucken nicht übersehen haben.
    «Kennst du auch Aurel Pasat?»
    Jetzt richteten sich die schweren schwarzen Augen direkt auf Wencke. «Aurel! Aurel!» Dann sagte sie einen schnellen Satz in ihrer Muttersprache, den Wencke zu gern übersetzt gehabt hätte.
    «Ladislaus?», versuchte es Wencke.
    Das Mädchen wurde aufgeregt, blickte sie mit einer Mischung aus freudiger Erregung und Schrecken an. «Ladislaus!»
    «Es macht keinen Sinn», sagte Sanders. «Wir können nicht mit ihr reden. Und wenn sich dein Verdacht gegen Helliger bewahrheiten sollte, können wir ihn auch ziemlich schlecht als Übersetzer zur Hilfe nehmen. Das könnte alles noch schlimmer machen.»
    «Anivia!», sagte Wencke.
    «Sie kann Rumänisch?»
    «Sie kann es zumindest verstehen, hat sie mir erzählt. Mit Aurel hat sie sich des Öfteren in seiner Muttersprache unterhalten.»
    «Das wäre ja … ziemlich gut. Ruf sie an.»
    «Sie ist mit Emil im Moor, trifft sich dort mit diesem Naturschützer, der Aurel so oft dort begegnet ist.»
    «Du willst eigentlich sagen: Sie ermittelt ebenfalls in diesem Fall? Wencke!»
    «Das ist doch nun wirklich nebensächlich. Wir können jede Information gebrauchen, oder nicht?» Sie tippte eilig die Handynummer ein, wartete auf das Freizeichen und legte die Hand schützend über den Hörer, während sie in Axels Richtung zischelte:
    «Also, ich möchte wissen, was da eben im Moormuseum geschehen ist. Warum ich Annegret Helliger blutend am Boden gefunden habe. Und ob es wirklich dieses Mädchen hier gewesen ist.» Niemand ging ans Telefon.
    «Du musst zugeben: Es

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