Das spaete Gestaendnis des Tristan Sadler
vor sich hin welkt.« Er will einen Witz machen, um die angespannte Atmosphäre aufzuheitern, doch es hilft nicht. Seine Bemerkung lässt ihn höchstens selbstgefällig und arrogant erscheinen, was sicher nicht seine Absicht ist. »Weißt du, dass ein paar von den Jungs bereits verheiratet sind?«, fragt er dann, und ich sehe ihn an, weil mich das jetzt interessiert.
»Tatsächlich? Das wusste ich nicht. Wer denn?«
»Shields zum Beispiel. Attling. Und Taylor.«
»Taylor?«, rufe ich. »Wer zum Teufel heiratet denn Taylor? Der sieht doch aus wie ein Neandertaler?«
»Offenbar gab es da eine.«
Ich zucke mit den Schultern und tue so, als wäre das alles nicht von Interesse für mich.
»Es muss fürchterlich schön sein, verheiratet zu sein«, sagt er, und seine Stimme klingt ganz verträumt. »Stell dir vor, wenn du abends nach Hause kommst, warten deine Pantoffeln neben dem Ofen, und auf dem Tisch steht ein warmes Essen.«
»Der Traum eines jeden Mannes«, sage ich bissig.
»Und all das andere«, fügt er hinzu. »Wann immer du es willst. Du kannst nicht abstreiten, dass das den Umstand wert ist.«
»All das andere?«, frage ich und spiele den Dummen.
»Du weißt schon, was ich meine.«
Ich nicke. »Ja«, sage ich. »Ja, ich weiß schon. Du meinst den Sex.«
Er lacht und nickt. »Natürlich meine ich den«, antwortet er. »Aber du sagst es so, als wäre es was Schreckliches. Als wolltest du das Wort ausspucken.«
»Klingt es so?«
»Ja.«
»Nun, das will ich sicher nicht«, sage ich. »Ich denke nur, dass gewisse Dinge nicht als Gesprächsstoff taugen. Mehr nicht.«
»Für die Predigten meines Vaters vielleicht nicht. Oder wenn meine Mutter mit ihren Freundinnen dienstagabends Whist spielt. Aber hier? Komm schon, Tristan, sei nicht so prüde.«
»Nenn mich nicht prüde«, sage ich und sehe ihn an. »Ich lass mich nicht beschimpfen.«
»Gott, so meine ich es doch gar nicht«, verteidigt er sich. »Was um alles in der Welt geht dir denn bloß so gegen den Strich?«
»Willst du das wirklich wissen?«, frage ich. »Dann sage ich es dir.«
»Natürlich will ich es wissen. Sonst hätte ich wohl nicht gefragt.«
»Also gut«, sage ich. »Wir sind hier jetzt seit fast sechs Wochen, stimmt’s?«
»Ja.«
»Und ich dachte, wir wären Freunde, du und ich.«
»Aber das sind wir doch auch, Tristan«, sagt er und lacht nervös, ohne dass es einen ersichtlichen Grund dafür geben würde. »Warum solltest du also plötzlich denken, dass wir es nicht mehr sind?«
»Vielleicht, weil du in den ganzen sechs Wochen kein einziges Wort darüber verloren hast, dass zu Hause eine Verlobte auf dich wartet.«
»Also du hast doch auch nie gesagt, ob … ob …« Er verhaspelt sich mit seinem Satz. »Ich weiß auch nicht. Ob du Züge oder Schiffe lieber magst. Wir sind einfach nie auf das Thema gekommen, das ist alles.«
»Jetzt rede keinen Unsinn«, sage ich. »Ich bin nur überrascht. Ich dachte, du würdest mir vertrauen.«
»Aber ich vertraue dir doch. Du bist der feinste Kerl hier.«
»Denkst du das?«
»Klar denke ich das. Man braucht einen Freund an einem Ort wie diesem. Ganz zu schweigen von dem, der uns demnächst erwartet. Du bist mein Freund, Tristan. Der beste, den ich habe. Du bist doch nicht eifersüchtig?«, fügt er noch hinzu und lacht, weil es so absurd klingt. »Du klingst genau wie Eleanor, weißt du. Sie liegt mir ständig wegen dieses anderen Mädchens in den Ohren, Rebecca, weil sie meint, Rebecca sei in mich verliebt.«
»Natürlich bin ich nicht eifersüchtig«, sage ich und bin nahe daran, frustriert auszuspucken. Himmel noch mal, jetzt kommt auch noch eine Rebecca dazu. »Warum sollte ich eifersüchtig auf sie sein, Will? Das ist doch unsinnig.« Ich will mehr sagen. Oh, wie sehr es mich drängt, mehr zu sagen. Aber ich weiß, ich darf nicht. Ich habe das Gefühl, wir stehen an einem Abgrund, und als er mich ansieht und schluckt, als unsere Blicke sich treffen, bin ich sicher, dass er das Gleiche empfindet. Ich könnte über den Rand hinaustreten und sehen, ob er mich zurückhält, oder einen Schritt zurücktreten. »Ach, vergiss einfach, was ich gesagt habe«, seufze ich schließlich und schüttele den Kopf, als wollte ich jeden unwerten Gedanken daraus vertreiben. »Es hat mich nur irgendwie verletzt, dass du mir nicht von ihr erzählt hast. Ich mag nun mal keine Geheimnisse.«
Eine kurze Pause tritt ein.
»Aber es war kein Geheimnis«, sagt er ruhig.
»Was immer es war, lass es uns
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