Das spanische Medaillon
bewahren, ist nach meinem Verständnis eine Selbstverständlichkeit im täglichen Leben, doch ich halte mir zugute, an ganz profane Dinge zuerst gedacht zu haben:
»In diesem Fall müssen Majestät meine Befugnisse gegen den Herrn Polizeipräsidenten Gruner und seinen Kriminaldirektor in spe, von Schlechtendal, klar regeln, damit wir uns hier nicht gegenseitig in der Arbeit behindern, sprich: kleinlich um Kompetenzen streiten oder bei jeder Einzelheit bei Ihnen um Entscheidung ersuchen!«
Der König nickte heftig, als wäre dies das allergeringste Ansinnen meinerseits, dem er praktisch schon entsprochen hatte, noch bevor ich es überhaupt zur Sprache gebracht, und machte sich eine Notiz. Um jedoch nicht ein so unbrauchbares Papier wie beim letzten Mal zu erhalten, erdreistete ich mich, ein paar Punkte anzumerken:
»Ich finde, es sollte darin vermerkt sein, dass mir Aktenauskunft zu erteilen ist, in allen Archiven – notfalls erst nach direkter Anfrage bei Ihnen. Außerdem sollte darin stehen, dass ich nur Ihnen zum Rapport verpflichtet bin; ohne davon Gebrauch machen zu wollen. Doch es könnte einmal der Fall eintreten, wo die Polizei weniger wissen sollte als ich, da sie oft zu übereilten Reaktionen und zu unnötiger Auffälligkeit in ihrem Vorgehen neigt.«
»Sollen nur mir persönlich referieren. Sollen in den Militärdienststellen alle Informationen erhalten. Sicher, muss klar vermerkt sein! Sonst noch was?«
Ich dachte angestrengt nach. Was mir einfiel, hatte nur mittelbar mit der Arbeit zu tun.
»Nur eine Bitte, meinen Mann betreffend, hätte ich noch ...«
Der König merkte auf.
»Ganz Ohr sein, Marquise! Nur heraus damit! Guter Mann sein!«
»Falls mir im Zuge meiner Tätigkeit etwas zustoßen sollte ...«
»Marquiiise!«, sagten Seine Majestät mit der ihm eigenen sanften Gedehntheit in den Diphtongen und hellen Vokalen.
»Immerhin denkbar, Majestät! Es ist kein kleiner Dieb, den wir hier verfolgen.«
»Gewiss. Vergaß. Beilmörder sein ... Unverantwortlich von mir, Sie, eine Frau, schwaches Geschlecht ...«
Ich unterbrach ihn, denn er schien im Gespräch unbotmäßig weit zurückfallen zu wollen.
»Aber Majestät, das hatten wir doch schon – ich verstehe durchaus, mit Gefahren umzugehen, wie ein Mann. Wir müssen also mein Geschlecht nicht dauernd in die Überlegungen mit einbeziehen.«
Er nickte verstockt.
»Nur ... für den Fall, dass etwas geschieht, das ich nicht voraussehe, und das kann ja auch ein tödlicher Kutschunfall sein, im Zuge der Ermittlungen ... Wollten Sie sich dann bitte darum kümmern, dass mein Mann keine Not leiden muss? Ich glaube zwar nicht, dass dieser Fall eintreten wird, denn er hat sein Leben auch gemeistert, bevor ich hineintrat, doch es wäre mir bei meiner Arbeit eine Erleichterung, zu wissen, dass für alles gesorgt ist.«
Hatte ich mich mich mit dieser Bitte zu weit vorgewagt? Nutzte ich meine Sonderstellung zu sehr aus? Mich beschlichen arge Zweifel und ich erschrak, ob ich nicht besser den Mund gehalten hätte, da ich das moros versteinerte Königsantlitz gewahrte.
»Marquiiise ... Ganz undenkbarer Gedanke, es könnte Ihnen etwas zustoßen. Bin sehr erbost über meine Aufdringlichkeit, Sie da hineinzuziehen ... Glaube, besser sein, wir vergessen ...«
Da musste ich ihn schon wieder unterbrechen und ins Geleis zurückbringen, um mich eines etwas modernen Ausdrucks zu bedienen (den ich vor Tagen zum ersten Mal hörte, als uns die dampfenden Rösser der Prinz-Wilhelm-Eisenbahn durchs Deilbachtal zogen):
»Majestät, halten sehr zu Gnaden! Bitte sagen Sie nur Ja. Es ist eine Formalie. Ich habe nicht vor, meine weibliche Beweglichkeit einzubüßen und ihm den Kopf zum Abschlagen hinzuhalten! Ich werde ihn finden – nur für mein inneres Wohlergehen erbat ich eine kleine mentale Absicherung. Ich verspreche Ihnen, mir wird nichts passieren!«
Seltsam, was man einem König alles versprechen kann. Seine Miene entspannte sich, der Krampf wich aus seiner ganzen Figur.
»Marquiiise, Marquiise, Marquise ... Sein ein Versprechen, das Sie zu halten bitte! Könnte es mir nie verzeihen ... Gut, gut. Sollen Sicherheit haben. Werde immer ein Auge auf Ihren Gatten haben.«
Er schrieb eine ganze Weile, dann walzte er mit einem Löscher, schüttete Sand auf und diesen wieder ab, fächelte das Papier zuletzt noch mit der Hand. Er trat an mich heran, die ich aufgesprungen war und knicksend meiner Ehrerbietung Ausdruck geben wollte.
»Lassen das nur, unnötig unter
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