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Das spanische Medaillon

Das spanische Medaillon

Titel: Das spanische Medaillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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als Erste enthauptet? Neuenburg? Was dort interessant sein? Absurd und lächerlich sein ...«
    »Literatur, Philosophie und Bienenzucht, Majestät! So scheint es zumindest ... Wenn meine Theorie stimmen sollte und es gibt etwas, das allen Opfern gemeinsam war, so ist es die Tatsache, dass sie in Neuenburg den literarischen Salon der Isabelle de Charrière besuchten. Ich kann es nicht bei allen nachweisen, doch es gilt für Karl August von Kapell, für Josephine Bertrand, Robert de Gélieu und für Theodor Körne.«
    »Literatur? Mir fatal! Werden weiter Köpfe rollen? Was nur tun, Madame?«
    »Würden Majestät mir die Akten des damaligen Mordfalles Charrière aus Neuchâtel kommen lassen? Vielleicht kann ich Ihnen dann eine Antwort geben.«
    Ich verließ König und Königin am 29. Juni. Ihre Augen werde ich nie vergessen: strahlend blau, doch so matt wie eine verwelkende Kornblume.
    »Kommen Sie recht bald wieder!«
    »Hierher, Majestät?«
    »Nein, nach Charlottenburg! Spätestens am 3. Juli werden wir dort sein! Dieses Gekeuche ... Uns Freundinnen der Bewegung kann dies doch nichts Ernstes bedeuten, oder?«
    »Ich hoffe nicht. Glauben Sie, dass der Eisregen ...?«
    »Ach, nein, meine Teuerste ... Ich habe mich wohl einen Tag vor meiner Abreise erkältet. Die Gärten von Charlottenburg waren offen für jedermann und ich machte nach dem Souper noch mit den Damen eine Runde, um mich wie üblich unter die Flanierenden zu mischen. Wir haben es übertrieben, es wurde kühl, viel kühler, als ich gedacht. Nachts hat es mich dann geschüttelt.«
    »Erholen Sie sich gut, Majestät!«
    »Finden Sie den Unhold! Ich glaube, die Vorstellung, dass diese Bestie noch immer umgeht, könnte meine Genesung ernsthaft verzögern. Und ich will doch spätestens beim Raketenspektakel wieder auf dem Damm sein. Hardenberg wird dort sein?«
    Sie hatte einen Narren an Hardenberg gefressen. Er würde uns aus dem Schuldensumpf herausziehen. Ihr spitzbübisches Lächeln beruhigte mich. Zugleich spornte es mich zu Höchstleistungen an. Noch während der Rückfahrt nach Kanzow ersann ich Mittel und Wege, der Königin Wunsch zu erfüllen.

21
    Ich war zunächst auf direktem Wege nach Berlin gefahren, wo mich die Freundinnen bei Lulu erwarteten, um Neuigkeiten von der Königin zu hören. Da die Rückreise auf den 3. Juli festgesetzt worden war, postierten wir uns an diesem Tag vor dem Charlottenburger Schloss, mussten aber zu unserem großen Schmerz erfahren, dass die Königin noch immer im Sommerhaus des Herzogs im Mecklenburgischen das Bett hütete. Da ich jedoch zugleich erfuhr, dass Heim die Betreuung Ihrer Majestät übernommen hatte – in Vertretung des abwesenden Hufeland, den der König zum holländischen König Louis Napoleon gesandt hatte, auf dass er ihn von seinen Lähmungserscheinungen kuriere –, hielt sich meine Sorge in Grenzen. Heim würde es schon richten!
    Als ich am Mittwoch, dem 4. Juli 1810, nach Kanzow zurückkehrte, erwarteten mich zwei Überraschungen: Jérôme war natürlich die erste, doch die zweite war Richard Bogue, der wohlbehalten aus Spanien eingetroffen war! Die Nachrichten, die der athletische, militärisch-strenge Richard, korrekt im Auftreten wie nur je ein Engländer, für mich aus Spanien mitgebracht hatte – wo er extra ganze Heere von Helfern und die Klappentelegrafenlinie Madrid–Cádiz in Bewegung gesetzt hatte –, waren ungeheuerlich: Mit feiner Stimme setzte er mir die in mikroskopischer Schrift erstellte Ahnentafel der Gomez auseinander, nachdem ich ihm erläutert hatte, wie es sich mit den beiden Medaillons verhielt:
    »Aus der Ehe des Fernando Gomez sind neben sieben Töchtern nur zwei Söhne hervorgegangen: Antonio und José, der schon im Kindesalter gestorben ist. Antonio hatte einen Sohn: Manuel, der aber hatte zwei: Francisco und Juan. Juan ist kinderlos im Krieg gefallen: Kanonade von Valmy, 20. September 1792.
    »Eine Kugel schlug ihm den Kopf ab!«, schmetterte Jérôme. Himmel, wie ich seinen Humor manchmal verabscheute!
    Richard lächelte nur kurz, um zu präzisieren: »Musketentreffer, Lungendurchschuss.«
    Schloss dann, nachdem er sich vom Tee genommen, den er selbst meisterlich zubereitet:
    »Francisco hatte vier Söhne: Peter, Juan, Maximilian Carlos und Ferdinand Miguel. Die deutschen Namen sagen schon, dass er nicht mehr auf der Iberischen Halbinsel lebte, sondern in der Schweiz. Er starb 1803, aber drei seiner Söhne leben noch. Juan und Ferdinand Miguel gingen nach Mexiko und

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