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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Joubert an Akromegalie, einer fortschreitenden Vergrößerung von Händen, Füßen und Gesicht, die einsetzt, wenn die Hypophyse auf Höchstantrieb schaltet. Darum war seine Stirn auch so wulstig und waren die Lippen so aufgequollen. Außerdem hat er abnormal lange Arme; sie baumeln ihm bis zu den Knien hinunter.
    Etwa ein Jahr zuvor hat ein Großbrand Castle Rock verwüstet – fast der größte Teil der Innenstadt ist niedergebrannt -, daher buchtet der Sheriff Schwerverbrecher in Chamberlain oder Norway ein, aber weder Sheriff Ridgewick noch Deputy LaPointe wollten die Fahrt um drei Uhr morgens auf verschneiter Fahrbahn auf sich nehmen, daher brachten sie ihn zu der renovierten Scheune, die ihnen neuerdings als Polizeirevier dient. »Sie haben behauptet, wegen dem Schnee und der vorgerückten Stunde«, sagte Brandon, »aber ich habe so eine Ahnung, als wäre das nicht alles gewesen. Ich glaube nicht, dass Sheriff Ridgewick den piñata einem anderen übergeben wollte, bevor er ihn selbst gründlich in Augenschein genommen hatte. Wie dem auch sei, Joubert machte keinen Ärger – er saß hinten im Streifenwagen, war anscheinend so glücklich wie eine Miesmuschel bei Hochwasser und sah aus wie etwas, was einer Episode von Geschichten aus der Gruft entsprungen war, und er sang – beide haben geschworen, dass das stimmt – ›Happy Together‹, den alten Song von den Turtles. »Ridgewick sorgte per Funk dafür, dass sie von einigen Deputies empfangen wurden. Er vergewisserte sich, dass Joubert sicher hinter Schloss und Riegel kam und die Deputies mit Schrotflinten und jeder Menge frischem Kaffee ausgerüstet wurden, dann brachen er und LaPointe wieder auf. Sie fuhren zum Homeland zurück, den Lieferwagen holen. Ridgewick zog Handschuhe an, setzte sich auf eine der grünen Hefty-Plastiktüten, die die Polizisten gerne ›Beweisbeutel‹ nennen, wenn sie sie für einen Fall brauchen, und fuhr das Fahrzeug in die Stadt zurück. Er fuhr mit offenen Fenstern und sagte, dass es trotzdem gestunken hätte wie in einer Metzgerei nach sechs Tagen Stromausfall.«
    Ridgewick konnte zum ersten Mal richtig in den Wagen sehen, als er unter den Bogenlampen des städtischen Fuhrparks stand. In den Staufächern an den Seiten lagen mehrere verwesende Gliedmaßen. Außerdem ein Weidenkorb, viel kleiner als der, den ich gesehen habe, und ein Werkzeugkasten voll Einbruchswerkzeug. Als Ridgewick den Korb aufmachte, fand er sechs Penisse, die auf eine Juteschnur aufgefädelt waren. Er sagte, er hätte sofort gewusst, was es war – ein Collier. Joubert gab später zu, dass er es häufig getragen hatte, wenn er zu seinen Friedhofsexpeditionen aufgebrochen war, und er tat seine Überzeugung kund, dass er nie erwischt worden wäre, wenn er es auch bei seinem letzten Ausflug getragen hätte. »Es hat mir Glück gebringt«, sagte er, und wenn man bedenkt, wie lange sie gebraucht haben, ihn zu fassen, hatte er damit vielleicht gar nicht so Unrecht, Ruth.
    Aber das Schlimmste war das Sandwich, das auf dem Beifahrersitz lag. Was da zwischen zwei Scheiben Weißbrot herausragte, war eindeutig eine menschliche Zunge. Sie war mit dem hellgelben Senf bestrichen, den Kinder so gerne mögen. »Ridgewick kam gerade noch aus dem Auto, bevor er sich übergeben musste«, sagte Brandon. »Sein Glück – die State Police hätten ihm ein neues Arschloch gerissen, wenn er auf die Beweismittel gekotzt hätte. Andererseits hätte ich dafür plädiert, ihn aus psychologischen Gründen seines Amtes zu entheben, wenn er nicht gekotzt hätte.«
    Kurz nach Sonnenaufgang schafften sie Joubert nach Chamberlain. Als Ridgewick sich auf dem Vordersitz des Streifenwagens herumgedreht hatte, um Joubert durch das Drahtgitter hindurch seine Rechte vorzulesen (das war das zweite oder dritte Mal – Ridgewick gehört offenbar zur gründlichen Sorte), unterbrach ihn Joubert und sagte, er hätte »vielleicht etwaf Flimmef mit Daddy-Mami gemacht, tut mir fehr leid.« Da hatten sie anhand von Dokumenten in Jouberts Brieftasche schon festgestellt, dass er in Motton lebte, einer Farmerstadt auf der anderen Seite des Flusses von Chamberlain, und sobald Joubert sicher in seinem neuen Quartier eingeschlossen war, informierte Ridgewick Beamte in Chamberlain und Motton, was Joubert ihnen gesagt hatte.
    Auf dem Rückweg nach Castle Rock fragte LaPointe Ridgewick, was die Polizisten, die zu Jouberts Haus fuhren, seiner Meinung nach finden würden. Ridgewick sagte: »Ich weiß es nicht, aber

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