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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sein, aber manches klingt ein bisschen nach einer Ausrede«, sagte ich. »Ich meine, was Joubert gemacht hat … nun, es ging ein bisschen weiter als nur ›mit Toten herummachen‹, oder nicht? Oder irre ich mich?« »Du irrst dich überhaupt nicht«, sagte er.
    Keiner von uns wollte freiheraus sagen, dass diese unglückliche verirrte Seele sieben Jahre von Stadt zu Stadt gezogen war und sich von Toten hatte einen blasen lassen, und das zu unterbinden schien mir ein bisschen wichtiger zu sein, als hinter Teenagern her zu sein, die im örtlichen Drugstore Kosmetika mitgehen lassen, oder herauszufinden, wer im Wäldchen hinter der Baptistenkirche Törngras anbaut.
    Wichtig ist aber, dass ihn keiner vergessen hat und alle fleißig ihre Unterlagen verglichen. Ein Fledderer wie Rudolph macht Polizisten aus den unterschiedlichsten Gründen nervös, aber der wichtigste wird sein, dass jemand, der verrückt genug ist, so etwas mit Toten zu machen, auch verrückt genug sein könnte, es einmal mit Lebenden zu versuchen … nicht dass man noch lange zu leben gehabt hätte, wenn Rudolph beschloss, einem mit seiner rostigen Axt den Schädel zu spalten.
    Außerdem machten den Polizisten die fehlenden Gliedmaßen Sorgen – was geschah mit denen? Brandon sagte, im Sheriffsbüro von Oxford County ging vorübergehend ein anonymes Rundschreiben herum, auf dem stand: »Vielleicht ist Rudolph der Liebhaber in Wirklichkeit Hannibal der Kannibale.« Es wurde vernichtet – nicht weil man es für einen schlechten Witz hielt – keineswegs -, sondern weil der Sheriff befürchtete, es könnte in die Presse gelangen.
    Wann immer die lokalen Gesetzeshüter es sich leisten konnten, Männer und Zeit zu opfern, behielten sie den einen oder anderen Friedhof im Auge. Es gibt eine ganze Menge im westlichen Maine, und ich glaube, als der Fall schließlich aufgeklärt wurde, war er für viele schon zu einer Art Hobby geworden. Die Theorie lautete, wenn es nur lange genug sucht, findet auch ein blindes Huhn einmal ein Korn. Und das ist im Grunde genommen dann auch passiert.
    Anfang letzter Woche – vor etwa zehn Tagen – parkten Castle County Sheriff Norris Ridgewick und einer seiner Deputies in einer verlassenen Scheune beim Friedhof Homeland. Die steht an einem Feldweg, der am hinteren Tor vorbeiführt. Es war zwei Uhr morgens, und sie wollten gerade zusammenpacken, als Deputy John LaPointe einen Motor hörte. Sie sahen den Lieferwagen erst, als er tatsächlich zum Tor fuhr, weil es schneite und der Typ keine Scheinwerfer anhatte. Deputy LaPointe wollte den Mann schnappen, sobald er sah, dass dieser ausstieg und sich mit einer Zange am schmiedeeisernen Friedhofstor zu schaffen machte, aber der Sheriff hielt ihn zurück. »Ridgewick ist ein komischer Kauz«, sagte Brandon, »aber er weiß, was eine gute Festnahme wert ist. Er verliert in der Hitze des Gefechts nie den Gerichtssaal aus den Augen. Das hat er von Alan Pangborn gelernt, seinem Amtsvorgänger, was bedeutet, er hat vom Besten gelernt.«
    Zehn Minuten nachdem der Lieferwagen zum Tor hineingefahren war, folgten Ridgewick und LaPointe ebenfalls mit ausgeschalteten Scheinwerfern und krochen mit dem Wagen förmlich durch den Schnee. Sie folgten den Spuren des Lieferwagens, bis sie sich ziemlich sicher waren, wohin der Typ wollte – zur städtischen Gruft an der Seite des Hügels. Beide dachten an Rudolph, aber keiner sprach es laut aus. LaPointe sagte, das wäre gewesen, als hätte man das Unglück geradezu heraufbeschworen.
    Ridgewick bat seinen Deputy, den Streifenwagen dicht hinter der Kurve vor der Gruft anzuhalten – er sagte, er wollte den Typen wirklich auf frischer Tat ertappen. Wie sich herausstellte, hätte die Tat gar nicht frischer sein können. Als Ridgewick und LaPointe schließlich mit gezückten Schusswaffen und eingeschalteten Taschenlampen eindrangen, fanden sie Raymond Andrew Joubert halb in einem geöffneten Sarg. Er hatte die Axt in einer und den Schwanz in der anderen Hand, und LaPointe sagte, es hätte ausgesehen, als wollte er gerade mit beiden zur Tat schreiten.
    Ich könnte mir denken, dass Joubert ihnen beiden eine Scheißangst eingejagt hat, als sie ihn zum ersten Mal im Licht der Taschenlampen sahen, und das überrascht mich nicht im Geringsten – und ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass ich besser als die meisten weiß, wie es gewesen sein muss, um zwei Uhr morgens auf einem Landfriedhof so einer Kreatur zu begegnen. Abgesehen von allem anderen, litt

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