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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Oldies, Erzeuger, genetischen Urzellen, nenn sie, wie du willst. Standen sie eines Morgens vor deinem Bett und meinten fröhlich: Übrigens, wir haben dich zur Aufnahmeprüfung am Grace-College angemeldet. Es liegt zwar am Arsch der Welt, hat aber einen ausgezeichneten Ruf.«
    Unwillkürlich musste sie lachen. Und es war das erste Mal, dass sie auch David lachen hörte. Es klang so befreit, wie sie sich fühlte. Sie nahm einen großen Schluck aus ihrem Becher, der nur noch halb gefüllt war.
    »Nein«, murmelte sie. Oh Gott, sie hatte das dringende Bedürfnis zu kichern. Mann, dieses Gebräu hatte eine Wirkung, als würde man ihr den Alkohol direkt in die Vene injizieren.
    »Nein, was?«
    »Sie … sie haben nicht gesagt, es liegt am Arsch der Welt.«
    »Dann haben sie dich belogen.«
    Jetzt kicherte sie tatsächlich. Es klang ebenso albern wie vertraut. Ihr Blick flog über den Himmel. Die graugelbe Wolke dort oben hing irgendwie falsch. Als hätte sie das Gleichgewicht verloren. He, rief sie ihr in Gedanken zu, niemand hat dich zu dieser Party eingeladen. Es ist unsere Feier, verstehst du, und du wirst sie nicht verderben.
    »Schau mal, unser Mr Wichtig, wie Katie ihn immer nennt.« David deutete zu Alex hinüber, der auf dem Steg hin- und herging und telefonierte.
    »Dr. Wichtig, bitte schön«, verbesserte Julia und sah Alex wieder im weißen Arztkittel mit geföhnten Haaren vor sich. »Der wird mit Sicherheit mal Chirurg.«
    »Kardiologe«, verbesserte David wie aus der Pistole geschossen. »Sein Arbeitszimmer in einer hippen Klinik in Los Angeles ist holzgetäfelt und an der Wand hängt sein Yale-Diplom. Im Goldrahmen.«
    Julia prustete los und stieß ihn mit dem Ellenbogen an. Ihr Blick fiel wieder auf Rose, die zusammen mit Benjamin jetzt einen Tango tanzte. Der Rhythmus passte nicht gerade zu dem Song Bad Romance von Lady Gaga. Sie stolperten mehr, als dass sie tanzten.
    »Was ist?«, hörte sie David fragen.
    »Glaubst du auch, dass Benjamin schwul ist?«
    »Er trägt einen rosa Schlafanzug. Alles andere wage ich nicht zu entscheiden.«
    Sie grinsten sich zu.
    »Du hast mir übrigens noch immer nicht auf meine Frage geantwortet«, sagte er und sein Blick ließ sie nicht los.
    »Was meinst du?«
    »Wollten deine Eltern dich los sein?«
    Die Antwort fiel Julia nicht schwer. »Klar, alle Eltern wollen ihre Teenager am liebsten einfrieren und erst wieder auftauen, wenn sie erwachsen sind. Und weil das nicht geht, schicken sie uns inzwischen hierher.«
    »Worüber lacht ihr?«, fragte Debbie, die sich mit hochrotem Gesicht neben ihnen aufs Sofa fallen ließ.
    »Über Benjamin«, antwortete David.
    »Er ist gemein. Er müsste auch einmal mit mir tanzen, nicht nur mit Rose.« Ihr Gesicht verzog sich missmutig.
    »Frag doch Alex. Er hat auch keine Partnerin.«
    »Oh, das ist eine super Idee.« Debbie sprang auf, und sie beobachteten, wie sie auf Alex losstürzte, der unschlüssig auf die Tanzfläche starrte. Sie redete auf ihn ein und er nickte tatsächlich.
    »Sie wird die ganze Nacht davon träumen«, sagte David. »Sie ist kurz davor, sich in ihn zu verlieben.«
    »Ich glaube, sie hat schon jemand anderen.«
    »Was für sie sicher kein Hindernis ist.«
    »Stimmt.«
    »Erzähl mir noch etwas von dir, Julia.«
    »Was denn?«
    »Woher du kommst zum Beispiel.«
    Verdammt, David war nett. Zu nett für ihren Geschmack, aber warum hörte er nicht mit dieser Fragerei auf?
    »Von überall und nirgendwo. Meine Eltern, also, wir sind ziemlich oft umgezogen. Ich glaube, mein Bruder und ich haben nie länger als ein Jahr ein und dieselbe Schule besucht.«
    »Klingt anstrengend.«
    »Und du?«
    »Solange ich denken kann, habe ich in Montana gelebt. Bis ich mich dann für die Aufnahmeprüfung hier am Grace entschieden habe.«
    »Montana? Du bist in den Rockies aufgewachsen?«
    »In Great Falls. Das ist die drittgrößte Stadt dort. Mit nur 56000 Einwohnern.«
    »Warum bist du dann hier in diesem gottverlassenen Tal? Warum bist du nicht nach Vancouver oder in einer anderen Großstadt in den USA aufs College gegangen?«
    Sein Gesicht verdunkelte sich kurz und dann sagte er: »Ich muss nachdenken.«
    »Nachdenken?«
    »Ja.«
    Er lachte auf. Aber sie spürte, dass er keinen Scherz gemacht hatte. Sie wusste, wie es sich anfühlte, wenn man nicht sagen konnte, was in einem vorging.
    Im nächsten Moment hob er kurz entschlossen seinen Becher und prostete ihr zu: »Cheers, Julia. Trinken wir darauf, in vier Jahren dieses Tal zu

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