Das Spiel
es strahlend blau schien. Er konnte nicht bis auf den Grund schauen. Denn dort unten war die Dunkelheit.
Schließ die Augen und es wird hell.
Roberts Herz klopfte. Plötzlich war ihm übel. Die Dunkelheit würde nicht bleiben, doch er wollte nicht sehen können.
Ike kam die Böschung hochgesprungen. Er trug etwas im Mund. Es glitzerte im Sonnenlicht.
Dann war der Moment vorbei. Roberts Verstand hatte die Bilder verdrängt.
»He, komm her! Ike!«
Ike zögerte einen Moment.
»Komm! Was hast du da? Zeig es mir!«
In aller Ruhe trabte der Hund näher und allmählich konnte Robert erkennen, dass etwas zwischen seinen Lefzen aufblitzte.
Er ging dem Hund entgegen. »Braver Hund! Zeig mir, was du gefunden hast.«
Nun waren sie auf einer Höhe.
Ike öffnete den Mund und etwas Glänzendes fiel heraus.
Ein Armband.
Ein Armband mit unzähligen Anhängern.
Robert hob es auf.
Und das Erste, was er erkannte, war ein silberner Totenkopf.
Kapitel 16
Wo war Robert?
Julias Bruder war bereits seit über einer Stunde verschwunden. Wo verdammt noch mal trieb er sich herum? Panisch hatte Julia beobachtet, wie die Sicherheitsbeamten zusammen mit den per Hubschrauber eingeflogenen Polizeibeamten das gesamte College in Beschlag nahmen.
Gott musste sie ziemlich auf dem Kieker haben, dass er ihr das antat. Sie konnte den Anblick von Uniformen nicht ertragen und war daher in einer Art Schockzustand in das Tiefgeschoss geflüchtet, wo sie im Computer-Department in die virtuelle Welt des Internet abtauchte.
Die gleiche Idee hatte offenbar ein Großteil der Freshmen und viele ältere Studenten gehabt. Einige hatten sich den Suchmannschaften des Sicherheitsdienstes anschließen wollen, aber der Dekan hatte abgewinkt. Offenbar hatte er Angst, dass zu viele Freiwillige mehr schaden als helfen würden.
Das sogenannte CD war ein ziemlich beliebter Arbeitsplatz. Bewegliche Stellwände teilten den Raum in einzelne Parzellen auf, man konnte sowohl allein als auch in größeren Gruppen arbeiten. Hier verbrachten die Collegestudenten viel Zeit, um die geforderten Essays zu schreiben, Vorträge auszuarbeiten, über Facebook mit Freunden außerhalb des Tals zu kommunizieren oder auch nur zum Spaß zu surfen.
Nachdem Robert sie stehen gelassen hatte, war Julia etwas durch den Kopf geschossen, das ihr einen Schauer den Rücken heruntergejagt hatte. In der Aufregung der gestrigen Nacht hatte sie keine Zeit gehabt, viele Gedanken an Loa.loa zu verschwenden. Aber jetzt war ihr wieder eingefallen, was Alex gesagt hatte, als sie ihn nach den Einladungen zur Party gefragt hatte.
Die anderen hatten ihre Einladung alle per Mail bekommen. Nur Julia hatte eine SMS erhalten.
Und noch etwas hatte sich hartnäckig in ihrem Verstand festgesetzt, obwohl ihr klar war, dass der Gedanke vielleicht genauso absurd war wie Roberts Geschichten.
Was, wenn es sich nicht um einen Zufall handelte, dass es ausgerechnet ihr kleiner Bruder gewesen war, der diese ganze Aufregung hier in Gang gesetzt hatte? Was, wenn das Ganze Teil eines größeren Plans war, der mit dem zu tun hatte, was Julia und Robert erlebt hatten? Unsinn, rief sie sich zur Ordnung. Das war verrückt!
Und doch – es ließ sie nicht los. Sie biss sich auf die Unterlippe und betrachtete den Bildschirm. Nun hatte sie bereits zum dritten Mal die Buchstabenfolge Loa.loa in Kombination mit den unterschiedlichsten Suchbegriffen bei Google eingegeben. Doch sie fand lediglich die lateinische Bezeichnung für den sogenannten Augenwurm. Loa Loa – so hieß eine Spezies von Fadenwürmern – Parasiten, die sich im menschlichen Auge festsetzten. Diese Vorstellung war beängstigend.
Aber irgendjemand musste es sein. Irgendjemand hatte schließlich ihre Handynummer herausgefunden. Julia hob den Kopf und ließ ihren Blick über die Arbeitsplätze schweifen. Verdammt, wie sollte sie bloß darauf kommen, wer dahintersteckte!
Und wo zum Teufel blieb Robert?
»Warum soll ich mich dafür interessieren, was hier vor siebzig Millionen Jahren passiert ist?«, seufzte Debbie links von Julia. Sie hämmerte auf die Tastatur ihres PCs ein, beschäftigt mit einem Essay über die Entstehung der Rocky Mountains, wie sie jedem verkündet hatte, der es wissen oder nicht wissen wollte. »Mit der Vergangenheit beschäftigt man sich, wenn man achtzig ist. Ich bin gerade erst siebzehn.«
Niemand gab ihr eine Antwort.
Rechts von Julia starrte Chris auf den Bildschirm seines privaten Laptops. Wie heute morgen ignorierte er
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