Das Spiel
hochgewachsen, gut aussehend, selbstsicher, mit ihren Designerjeans und den makellosen Gesichtern – ihre Studienberater! Diejenigen, die ihnen den Einstieg am College erleichtern sollten. Und was taten sie stattdessen? Sie brachten sie in Gefahr – und gaben es noch nicht einmal freiwillig zu.
»Und was war am nächsten Morgen?«, mischte sich Rose ein. »Was meint ihr, was Robert durchgemacht hat, weil keiner ihm geglaubt hat?«
»Na ja, da war Angela bereits verschwunden«, murmelte Isabel. »Und alles verkomplizierte sich.«
Chris löste sich von der Balkontür. Der Blick aus seinen grauen Augen war nicht richtig einzuschätzen. »Ich fasse das mal zusammen. Ich habt uns zu einer Party eingeladen, so getan, als sei das eine Art Willkommensfeier, also ganz harmlos, wolltet uns nur ein wenig in Aufregung versetzen, damit ihr euren Spaß habt, nennt das Ganze Murder Mystery Party und habt dabei das Leben von zwei Menschen riskiert …«
»… was wir nicht vorhersehen konnten«, unterbrach ihn Alex.
»Lass mich gefälligst ausreden«, knurrte Chris wütend. »Habt das Leben von zwei Menschen riskiert. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, hast du uns sogar gestern Abend schwören lassen, dass wir nicht zum Dekan gehen. Obwohl du haargenau wusstest, dass Robert die Wahrheit sagt.« Er warf Julia einen Seitenblick zu.
»Na ja.« Alex rieb nervös die Hände aneinander. »Wir haben nur das durchgezogen, was jede Generation von Seniors mit den Freshmen in den ersten Wochen macht. Auch das ist so eine Art Tradition hier am Grace. Wir haben euch auf den Ehrenkodex eingeschworen. Das Gesetz des Schweigens.«
Robert mischte sich wieder ein. Er war der Einzige von ihnen, der immer noch die Fassung behielt. Es war, als hätte ihm dieser ganze Vorfall die Sicherheit zurückgegeben, die ihm in den ersten Tagen gefehlt hatte. »Darum ging es bei dieser Party in Wirklichkeit, oder?«, fragte er. »Um euren Ehrenkodex? Ihr wolltet sehen, wie wir uns verhalten – wem ihr vertrauen könnt und wem nicht. Oder wer zum Dekan läuft.«
Isabel nickte.
»Und für so einen bescheuerten … Initiationsritus – habt ihr euren eigenen Collegeverweis riskiert?« Katie starrte sie ungläubig an. »Denn wenn das rauskommt, dann kann dein Yale-Stipendium auf der Kippe stehen, Alex.«
Julia ersparte sich die Frage, ob Alex überhaupt den Versuch gemacht hatte, den Sicherheitsdienst zu informieren. Er hatte einfach Angst um sich gehabt. Wollte sich nicht selbst ans Messer liefern.
Alex fuhr sich übers Gesicht. »Wie gesagt – die Sache ist völlig aus dem Ruder gelaufen. So war das nicht geplant.«
Julia spürte, wie die Erschöpfung sich wie eine Glocke über sie stülpte. Am liebsten hätte sie sich auf eins der Betten gelegt und einfach nur die Augen geschlossen.
Isabel zog die Perücke vom Kopf. »Tut uns echt leid. Es war eine beschissene Idee.«
»Was ist mit Angela?«, war Davids Stimme zu hören. »Versteckt die sich jetzt irgendwo im Wald, nur damit ihr euer perfides Spielchen weitertreiben könnt? Und habt ihr vielleicht wieder Robert zum Helden auserkoren, damit er das Armband findet?«
»Nein! Ehrlich, Angela hatte überhaupt nichts mit dieser Party zu tun. Sie war ja noch nicht mal da. Solche Sachen findet sie kindisch.« Isabel stockte. »Sag mal – was meinst du eigentlich?« Sie sah David fragend an. »Welches Armband?«
Rose zog den Schmuck mit den Anhängern hervor. »Das hat Robert am See gefunden. Habt ihr das Armband schon mal gesehen?«
Alex wurde blass und Isabel holte tief Luft. »Aber natürlich«, sagte sie. »Es gehört Angela! Sie legt das nie ab, seit letzten Sommer nicht, das weiß ich ganz sicher.«
David hatte als Erster begriffen. »Robert – du musst uns sofort zeigen, wo genau du das Armband gefunden hast.«
Kapitel 18
Erneut waren die Temperaturen gesunken. Das riesige Thermometer am Haupteingang des Collegegebäudes war auf zwölf Grad abgesunken. Die Sonne vom Morgen war verschwunden, stattdessen lag über dem Tal eine Dunstglocke, als würde es von einer undurchdringlichen Hülle eingeschlossen.
Die Clique hatte am See den Weg Richtung Brücke eingeschlagen.
»Wenn ich Angela finde«, hörte sie Debbie, »dann bekomme ich bestimmt so etwas wie eine Auszeichnung, und in meiner Akte wird stehen, dass ich mich bei der Suche nach einer vermissten Studentin besonders verdient gemacht habe.«
»Ja, das kommt bestimmt gut in einem Lebenslauf, wenn man mal über eine Leiche
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